Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

"Ich hatte einfach unglaublich viel Glück"#

Von Wien aus zum Weltruhm in Hollywood: Eric Pleskow im Gespräch. Der Filmproduzent stellte vor Kurzem seine Biografie vor.#


Von der Wiener Zeitung, freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

von

Christina Mondolfo


Er interessierte sich als Kind nicht besonders für Filme, ging höchstens gelegentlich ins Kino. Dennoch sollte dieses Medium sein späteres Leben bestimmen: Eric Pleskow, ehemaliger United Artists-Chef und Orion Pictures-Gründer, Präsident der Viennale und Mitglied der Jury des Wiener Filmfonds, präsentierte seine Biografie in Wien.

Als im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs an Hitler-Deutschland tausende Juden das Land verlassen, ist unter ihnen auch ein 14-jähriger Wiener Bub mit seinen Eltern, der in den USA eine neue Heimat zu finden hofft: Erich Pleskoff. Dass er einmal als Eric Pleskow die Filmwelt prägen wird, ahnt noch keiner. Doch seine Karriere wird sich als eine der vielbewunderten „vom Tellerwäscher zum Millionär“-Laufbahnen entwickeln.

Keine Verbitterung über die Vergangenheit#

Warum es so lange gedauert hat, bis er sein bewegtes Leben in Buchform preisgibt? Die hellen Augen hinter den Brillengläsern blitzen, als er lächelt: „Es war mir bisher immer ein bissl peinlich, ich dachte nicht, dass mein Leben für andere so interessant sein könnte. Aber im Zuge meiner Tätigkeit in Wien bei der Viennale und beim Filmfonds hat mich Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny öfter gefragt, ob ich nicht ein Buch schreiben will. Und mein Sohn hat auch gesagt, dass er so wenig über mein Leben weiß. Also habe ich es jetzt gemacht“, sagt er im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“.

Verbitterung gegenüber der Vergangenheit kennt er keine mehr: „Meine Geschichte habe ich ja schon öfter aufgewärmt, für Interviews und eine Dokumentation fürs Fernsehen, das hat schon alles einen Bart. Und ich lebe nicht in der Vergangenheit, mich interessiert das, was morgen ist. Deshalb bin ich auch wieder nach Wien gekommen, ohne Hass.“

Als Pleskow 1939 nach New York kam, brachte er sich mit allerlei Gelegenheitsarbeiten über die Runden. Um sich das Ingenieursstudium zu finanzieren, nahm er einen Job bei der Non-Theatrical Pictures Corporation an, die hauptsächlich Dokumentarfilme herstellte: „Dort traf ich auf den Produzenten Herbert Edwards, der mich dann zum Cutter ausbildete. Das war der Beginn meiner Laufbahn beim Film, die mich später als Filmoffizier nach Deutschland brachte, wo ich die Bavaria-Studios in München wieder aufbaute. Und das war eher ein Zufall: Ein General wollte, dass ich seinen Filmprojektor repariere, der kaputt gegangen war. Doch das konnte ich nicht. Also tranken wir einen Kaffee, und er fragte mich, ob ich nicht dieses Filmatelier in München leiten wollte, das die Amerikaner aufbauen und natürlich für ihre Zwecke verwenden wollten.“

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort#

Zwar hätte Pleskow so etwas noch nie gemacht, dachte aber nur: „Was kann schon dran sein?“ – und sagte ja. „Ich habe später immer ja gesagt, wenn jemand eine neue Herausforderung an mich herangetragen hat. Aber ich hatte auch das Glück, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ja, ich hatte einfach unglaublich viel Glück, auch wenn das niemand hören oder glauben will“, sinniert Pleskow.

1951 geht er zu United Artists, dem Studio, das Charles Chaplin, Mary Pickford und Douglas Fairbanks gegründet hatten. Dort arbeitet er im Vertrieb, ist zuerst für das Geschäft in Südafrika, später für nahezu die ganze Welt verantwortlich. Sein Glück führt ihn 1973 bis an die Spitze des Unternehmens, doch die Schwierigkeiten mit dem Versicherungskonzern Transamerica, an den United Artists einige Jahre zuvor verkauft wurde, nehmen zu.

Pleskow kündigt 1978 kurzerhand und gründet Orion Pictures: „Eine Filmfirma gehört nicht in einen Großkonzern, da mischen sich zu viele Leute ein, die vom Film nichts verstehen, und die Bürokratie wird auch immer mehr. Das ist heute noch so, und das gefällt mir nicht. Hollywood hat sich überhaupt sehr verändert: Ich mochte an Filmen immer die menschliche Komponente, heute geht alles nach Schema F, nur selten gibt es echte Geschichten. Mein Interesse für US-Filme ist daher nicht besonders groß“, stellt er der amerikanischen Filmindustrie kein besonders gutes Zeugnis aus.

Arbeiten mit Truffaut, Fellini und Co.#

Pleskow hat mit fast allen großen Regisseuren und Schauspielern gearbeitet, viele Freundschaften sind daraus entstanden: „Besonders unter den europäischen Regisseuren fand ich viele Freunde, etwa François Truffaut, Federico Fellini oder Pier Paolo Pasolini. Leider sind sie schon alle von uns gegangen.“

Heute trifft er nur noch selten Menschen aus dem Filmbusiness – für ihn sei das ein abgeschlossener Lebensabschnitt. Jetzt gehe er lieber mit seinen Hunden spazieren oder genieße die Zeit mit seiner Familie, mit der im US-Bundesstaat Connecticut lebt. Er tue sich damit selbst etwas Gutes, und das sei wichtig. Dankbarkeit von anderen erwartet er nicht: „Ich habe den Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, immer geholfen, ich habe Regisseuren geholfen, ihre Projekte auf die Beine zu stellen. Meine Loyalität ihnen, aber auch United Artists gegenüber hat mich viel gekostet, aber mit der Dankbarkeit ist das so eine Sache.“

Zu wenig Platz für die vielen Oscars#

Insgesamt 14 Mal hat er einen Oscar als Auszeichnung für einen „Besten Film“ bekommen, darunter „Platoon“, „Der mit dem Wolf tanzt“ oder „Das Schweigen der Lämmer“: „Ich habe aber nur vier in meinem Haus über dem Kamin stehen, für mehr habe ich keinen Platz. Die anderen hat meine Tochter.“

Für den Filmfonds und die Viennale kommt er vier Mal im Jahr nach Wien, manchmal bringt er seine Familie mit: „Wien hat einfach so viel zu bieten, so viel Kultur. Das schätze ich sehr – und meine Familie auch, besonders meine Enkel. Die würden am liebsten gleich hier bleiben.“

Warum er die Viennale-Präsidentschaft angenommen hat? „Ich kenne alle großen Filmfestivals, Berlin, Cannes, Venedig, aber die Viennale hat nicht diesen Glamour-Anspruch und ist außerdem nicht so kommerziell. Dieses Festival ist für die Bevölkerung – und das ist wichtig und schön. Außerdem ist die Filmauswahl vorzüglich, kreativ und immer wieder überraschend. Das gefällt mir.“ Eric Pleskow hat heimgefunden – und das gefällt Österreich . . .

Wiener Zeitung, Freitag, 24. Oktober 2008