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Im Zeitgeist des 19. Jahrhunderts #

Joseph Anton Koch ist durch seine Landschaftsdarstellungen bekannt, in Innsbruck widmet man sich in der aktuellen Schau allerdings auch seinen religiös motivierten Bildern und somit seinem Verhältnis zu den Nazarenern. #


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus: DIE FURCHE (Donnerstag, 22. Jänner 2015)

Von

Ursula Philadelphy


Berner Oberland, 1817
Berner Oberland, 1817.
Foto: © Tiroler Landesmuseum

Helena Perena, Kuratorin der Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, ist überzeugt davon, dass Joseph Anton Koch (1768 – 1839) vieles von dem vorweg genommen hat, was den Nazarenern zugesprochen wird. „Er war seiner Zeit voraus“. Sie ortet zwar ein ambivalentes Verhältnis zwischen Koch und den Nazarenern, aber die Belebung des religiösen Themas in der Kunst und die Hinwendung zum Mittelalter eint Koch und die Nazarener ebenso wie manche stilistischen Merkmale, die jedoch bei Koch „ völlig anders eingesetzt werden“. Dem Zeitgeist des 19. Jahrhunderts gemäß zeichnet sich das Werk Kochs durch die Rückbesinnung auf das Mittelalter aus, allerdings werden bei ihm klassizistische Vorbilder, alte Meister wie Giotto und Raffael, sowie Mittelalterliches und Zeitgenössisches miteinander verknüpft und die gerade geltenden künstlerischen Konventionen ignoriert. Er bewahrt sich somit in gewissem Maß seine Eigenständigkeit.

Neben seinen Landschaften, die Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen als „Ikonen des Auflebens der Wertschätzung der sogenannten altdeutschen Malerei“ bezeichnet und die Koch berühmt gemacht haben, zeichnet er sich auch „als exzellenter Figurenmaler aus“. Da das Ferdinandeum nicht nur zahlreiche herausragende Gemälde Kochs besitzt sondern auch über einen reichen Bestand an Zeichnungen verfügt, war es nahe liegend, zum 175. Todestag des Künstlers eine große Retrospektive auszurichten. Zur Abrundung gibt es noch ein paar kostbare Leihgaben wie das romantische Meisterwerk „Landschaft mit dem Hl. Georg“ aus der Neuen Pinakothek in München, das überhaupt zum ersten Mal verliehen wird, oder die „Serpentara- Landschaft mit Zug der Hl. Drei Könige“ aus der Stiftung Museum Kunstpalast in Düsseldorf.

Der Tiroler Landsturm 1809.
Der Tiroler Landsturm 1809.
Foto: © Tiroler Landesmuseum

Kritiker der französischen Revolution #

Das Oeuvre, das vordergründig durch die typischen tosenden Wasserfälle und scharfkantigen Berge, durch weich hingeschmiegte Almen und unberührte Wälder bekannt wurde, bietet aber viel mehr als nur liebliche Landschaften und Idylle pur.

Fein histor1768 im Lechtal geboren, erhält Joseph Anton Koch seine Ausbildung in Stuttgart. Nach einer ersten Begeisterung für die Französische Revolution wird der interessierte Beobachter des tagespolitischen Geschehens, nachdem er einige Zeit in Straßburg im Kreise der Revolutionäre verbracht hatte, später zum heftigen Kritiker und wendet sich völlig von den Idealen der Revolution ab. Zum Ausdruck kommt diese Haltung 1813 in seiner „Karikatur von Napoleon nach dem Brand von Moskau“, einer apokalyptischen Darstellung, die Napoleon als heidnischen Tyrannen mit seinen Alliierten zeigt. Die Fürsten nackt, mit an den Kopf gebundenen Kronen, der König von Württemberg mit Schmerbauch und Rauchfass, jener von Bayern mit Nudeln und Bierkrug, während die vielen Opfer als Totenkranz dargestellt sind. Zwischen den Guillotinen und der Jakobinermütze der Französischen Revolution hat sich Koch dann den ironischen Kommentar „Alles für das Wohl der Menschheit...“ nicht verkneifen können. Dieses Bild aus der Sammlung des Ferdinandeums ist eine Neuentdeckung und wurde noch nie veröffentlicht oder ausgestellt.

Alles für das Wohl der Menschheit
Alles für das Wohl der Menschheit
Foto: © Tiroler Landesmuseum
Ein historisch korrekter Stil schien Koch wenig zu interessieren, die Themen suchte er sich in der Bibel und in der Mythologie, wobei die religiösen Themen aber mehr sind als reine Staffage. Szenen aus dem Alten und Neuen Testament kehren immer wieder und sind vom italienischen Trecento inspiriert. Die verstärkte Suche nach religiöser Erfahrung ist übrigens typisch für die Wertkrise nach den napoleonischen Kriegen und dem Wiener Kongress.

Lebhafte Theatralik #

Kochs ganz intensive Leidenschaft gilt aber auch Dantes „Die Göttliche Komödie“. Dante übt schon früh eine große Faszination auf ihn aus und mehr als 200 Zeichnungen, fast ausschließlich Szenen aus der dramatischen „Höllenfahrt“, entstehen. Der Höhepunkt ist dann das Dante-Großprojekt für das Casino Massimo in Rom. Koch arbeitet zwei Jahre an Szenen aus der „Hölle“ und entwickelt eine lebhafte Theatralik, während der Nazarener Peter Cornelius für die Fresken zu Dantes Paradies verantwortlich zeichnet. Im Ferdinandeum sind Ideenskizzen und Entwürfe zum Wandbild im Casino Massimo zu sehen, aber auch eine Reihe von Zeichnungen und Radierungen zum Thema.

--> www.tiroler-landesmuseen.at

DIE FURCHE, Donnerstag, 22. Jänner 2015