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Exotisches fürs Fürstprestige #

„Echt tierisch“ geht es in der diesjährigen Sommerausstellung von Schloss Ambras in Innsbruck zu. Sie zeigt teilweise noch nie präsentierte Objekte und Kunstkammerstücke vom Feinsten. #


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus: DIE FURCHE (Donnerstag, 16. Juli 2015)

Von

Edith Schlocker


Weißer Dodo, 1657
Weißer Dodo, 1657
Foto: © ALBERTINA Wien
„Riesiges Schwein“, 16. Jahrhundert
„Riesiges Schwein“, 16. Jahrhundert
Foto: © KHM-Museumsverband
Trinkgefäß in Form eines Dromedars, um 1600
Trinkgefäß in Form eines Dromedars, um 1600
Foto: © Kunstsammlungen und Museen Augsburg

Nicht nur im prächtigen Schlosspark setzen sich Pfaue höchst dekorativ in Szene, sondern auch indoor tummeln sich Löwen und Elefanten, seltene Vögel, edle Hund und Pferde. Allerdings nicht real, sondern auf Bildern, in Büchern bzw. in der Form von Skulpturen oder Objekten, die sich der Ambraser Schlossherr, Erzherzog Ferdinand II., von den besten Kunsthandwerkern der Zeit aus den Hörnern, Federn oder Häuten dieser kostbaren Exoten für seine exquisite Kunstkammer hat machen lassen.

Wie bei allen Ambraser Sonderausstellungen ist der Bezug zum Ort von zentraler Bedeutung. Der damalige Tiroler Landesfürst legte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts drei Tiergärten an, die allerdings so etwas wie die Vorgänger des heutigen Alpenzoos gewesen sein dürften. Denn exotische Tiere, wie sie etwa im ältesten Tiergarten Europas bei Schloss Ebersdorf in der Nähe von Wien, gehalten wurden, besaß Ferdinand nicht.

Wie man aus der zeitgenössischen Literatur weiß, war von artgerechter Haltung damals allerdings noch keine Rede. Die Rehe und Steinböcke genauso wie die „Tigertiere“, Papageien und Rhinozerosse wurden in Zwingern gehalten, aus dem sicheren Abstand von Türmen von der adeligen Hofgesellschaft in ihrem tierischen Treiben beobachtet. Sofern sie nicht gefährlich waren, ließ man sie aber auch in den prächtigen höfischen Gärten zwischen den ebenfalls aus der „Neuen Welt“ importierten Pflanzen herumstolzieren oder führte sie bei theatralisch inszenierten Festumzügen mit. Je exotischer und rarer das Ganze war, umso besser war es für das Prestige des jeweiligen Fürsten. Wie die Tiere vor 500 Jahren nach Mitteleuropa geschafft wurden, kann man sich heute kaum vorstellen. Wichtigster Umschlagplatz war der Lissaboner Hafen, um von hier aus an die europäischen Höfe verschickt zu werden. Wie groß die Verluste waren, lässt sich nur erahnen. Von all dem erzählt in Wort und Bild das die Ausstellung begleitende Katalogbuch, dessen Texte heuer erstmals auch in Englisch zu lesen sind.

Dodo als Maskottchen #

Maskottchen der Ambraser Schau ist der Dodo, ein um 1690 ausgestorbener flugunfähiger Vogel aus den Ländern rund um den Indischen Ozean. Wie dieser ausgeschaut hat, zeigt ein niederländischer Holzschnitt von 1605. Als niedliches Stofftierchen ist er aber auch in der kleinen Menagiere ausgestopfter exotischer Tiere zu finden, die für die kleinen Besucher eingerichtet worden ist. Genauso wie das prächtige Tigerpaar, das jeder, der sich nicht fürchtet, streicheln darf.

Viele der präsentierten Objekte waren noch nie öffentlich zu sehen. Etwa das aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammende Bild eines Schweines, das seiner XXL-Größe wegen eine absolute Sensation gewesen sein dürfte. Für Veronika Sandbichler, die Direktorin der Ambraser Sammlungen, sind die 126 kleinen, überaus delikat auf Pergament gemalten Vogeldarstellungen allerdings das Highlight der Schau. Künstlerisch vom Feinsten ist auch der Holzschnitt eines Rhinozeros von Albrecht Dürer, formuliert allein auf der Basis von Beschreibungen, denn der Nürnberger Meister hat ein lebendiges zeitlebens nicht gesehen.

Bilder exotischer Tiere tauchen aber auch in diversen Handschriften genauso wie als Schachfiguren, als Verzierung kostbarer Pokale oder von Besteck auf. Zu sehen sind unter anderem auch ein Trinkgefäß in der Form eines Dromedars, aus Straußeneiern, Horn und Korallen gemachte Kunstkammerstücke und Bilder, die aus Schmetterlingsflügeln „gemalt“ sind. Dass junge Hunde die liebsten Spielgefährten kleiner Prinzen und Prinzessinnen gewesen sein dürften, bezeugt eine Reihe von Doppelporträts.

Tierisch geht es diesen Sommer aber auch in der Bauernrüstkammer von Schloss Ambras zu. Die vom Portugiesen Miguel Branco gemalten Affengelage, wie Prinzessinnen daherkommenden Hühner und kopflosen Pferde sowie aus Holz geschnitzten Rehe haben hier die Regie übernommen, formuliert ganz in der ins Heute transformierten Manier alter Kunstkammerstücke.

--> Schloss Ambras

DIE FURCHE, Donnerstag, 16. Juli 2015