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Wenn der Vater mit dem Sohne#

Die Wiener Albertina gab mit ihrer Ausstellung "Jakob und Rudolf von Alt. Im Auftrag des Kaisers" Einblick in die Blütezeit der österreichischen Aquarellmalerei.Nebenbei erzählte die Schau auch die Erfolgsstory eines kongenialen Vater/Sohn-Duos.#


Mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt von: Die FURCHE, 22. April 2010

Von

Johanna Schwanberg


Mariazell, Ansicht 1833
Mariazell, Ansicht 1833, Eduard Gurk
© Die Furche

Fernsehen vor der Erfindung der Leuchtstoffröhre: Kaiser Ferdinand I. sitzt in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts gemütlich in seinen prunkvollen Gemächern. Allabendlich lässt er sich in einem Kasten mit einem Hohlspiegel Bilder der schönsten und wichtigsten Plätze der österreichischen Monarchie vorführen.

Durch die Beleuchtung von hinten hat er den Eindruck die "Esplanade von Ischl", den "Gipfel des Josephbergs" oder das "Stift Admont" live vor sich zu haben.

Lange war man der Meinung, dass die vielen großformatigen und ungemein realistisch ausgeführten Blätter, die Ferdinand I. bei den führenden Aquarellisten wie Jakob und Rudolf von Alt, Eduard Gurk und Leander Russ in Auftrag gab, in einem "Guckkasten" betrachtet wurden. Ein Umstand, der dazu führte, dass die über 300 Blätter als "Guckkastenserie" bezeichnet werden. Mittlerweile sind sich Fachleute wie die Kuratorin Maria Louise Sternath nicht mehr so sicher, ob die Landschaften wirklich alle in eine "Sehmaschine" eingespannt wurden. Zu perfekt ist der Erhaltungszustand vieler Aquarelle, von denen 227 im Besitz der Albertina sind. Aber die ursprüngliche Intention dürfte es schon gewesen sein, schließlich zeugen stark beschädigte Blätter der Serie in Prag sowie deren spezielle Rahmung von der Verwendung in einem "optischen Apparat".

R.v. Alt, Piazza della Rotonda
Rudolf von Alt, Piazza della Rotonda, Rom, 1836
© Die Furche (Albertina)

Guckkästen waren als Fernsehapparate vergangener Zeiten ab dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts in Mode. Auf Jahrmärkten, frequentierten Plätzen oder auch in begüterten Privathaushalten ermöglichten sie herausragende Seherlebnisse. Sie täuschten die Begegnung mit Orten vor, die man nie gesehen hatte. Da damals weder Foto noch Film Landschaften oder Stadtbilder festhalten konnten, diente die kaiserliche Ansichtenfolge auch dazu, die Küste Dalmatiens oder das Kapitol in Rom zu dokumentieren. Zu sehen ist dieses "Bilderbuch" mit Ansichten von österreichischen Städten und Landschaften – aber auch von Plätzen aus den Nachbarländern der ehemaligen Monarchie – in einer Sonderschau der Albertina. 120 Exponate geben Einblick in die Blütezeit der österreichischen Aquarellmalerei. Sie bieten aufgrund der Leuchtkraft der Farben und der außergewöhnlichen Malweise auch ohne Guckkasten einen Sehgenuss.

Manche Blätter sind zeithistorisch aufschlussreich. So behandeln fünf Werke Eduard Gurks ein für Wien dramatisches Ereignis im Frühjahr 1830. Aufgrund eines plötzlichen Tauwetters kam es in der Hauptstadt zu einem katastrophalen Hochwasser, wie das Aquarell "Leopoldstadt, Jägerzeile am 2. März 1830" eindrucksvoll zeigt. Hier sieht man, wie die heutige Praterstraße komplett unter Wasser steht und die Menschen in Booten versuchen, zu den Häusern zu gelangen, um die Eingeschlossenen zu retten.

Erste detailgetreue Darstellung von Wien#

Im Zentrum der Zusammenstellung stehen neben dem musischen und vielseitig begabten Kaiser Ferdinand I. vor allem zwei Künstlerpersönlichkeiten: Jakob und Rudolf von Alt. Die Ausstellung erzählt somit nebenbei auch die Geschichte von der erfolgreichen Teamarbeit eines kongenialen Vater/Sohn-Duos. Gemeinsam reisten die beiden Maler im Auftrag des Kaisers über zehn Jahre lang durch Italien, Ungarn und Dalmatien und skizzierten direkt vor dem Motiv ihre „Veduten“. Zu Beginn der Zusammenarbeit übte der Vater, dem mit dem Blatt „Blick auf Wien von der Spinnerin am Kreuz“ 1839 erstmals eine detailgetreue und dennoch stimmungsvolle Darstellung der Stadt Wien gelungen war, enormen Einfluss auf den Sohn aus. Später kam es zu einer Umkehrung. Da fand Jakob von Alt, beeinflusst vom herausragenden Talent des Sohnes, zu neuen Darstellungsweisen. Mitunter ist heute nicht mehr festzustellen, welcher der beiden Alts ein Blatt gemalt hat.

Die FURCHE, 22. April 2010

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