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Peter Rosegger 1843-1918#


Mit freundlicher Genehmigung entnommen aus dem Buch: Große Österreicher. Thomas Chorherr (Hg). Verlag Carl Ueberreuter, Wien. 1985.


"Ich bin ein armer Hirtenknab', / Der Wald, das grüne Feld, / Mein Brotsack und mein Birkenstab / ist meine ganze Welt."

Als Peter Rosegger diese Verse schrieb, war er längst arriviert, bekannt und umworben. Aber der große steirische Dichter hat sich zeit seines Lebens zu seiner Herkunft nicht nur bekannt: er war stolz auf die Tatsache, dass er als Waldbauernsohn auf die Welt gekommen war. Vielleicht hat Rosegger gerade deshalb Adalbert Stifter so verehrt. Auch dieser hatte einen ähnlichen Lebensweg, auch Stifter verdankt seinen Gönnern, daß er zum Dichter heranreifen konnte. Diese heute längst vergessenen Menschenkenner übten das schönste Mäzenatentum, das es gibt: ein Talent zu entdecken und zu fördern. Bei Peter Rosegger ist es ein Journalist gewesen, Dr. Adalbert Svoboda, Chefredakteur der Grazer »Tagespost«. In einer Zeit, da weder Radio noch Fernsehen die erste, grundlegende Publizität junger Schriftsteller und Dichter übernehmen konnte, ist es eine der wichtigsten Aufgaben der Kultur- und Feuilletonredaktionen der Zeitungen gewesen, dem dichterischen Nachwuchs auf die Beine zu helfen. In Wien oblag diese Aufgabe vor allem der »Neuen Freien Presse«, deren damalige Mitarbeiterliste sich heute liest wie ein Blick in den Dichterhimmel. In Graz war es der geschulte Blick Dr. Svobodas, der unter den Einsendungen, die ihm auf den Schreibtisch kamen, mit Kennerblick die Gedichte eines jungen Mannes aus dem Mürztal entdeckte. Dieser Jüngling hatte geschrieben, während er als Schneiderlehrling tätig war. Denn zum Studieren hatte das Geld nicht gereicht. Auf dem Kluppeneggerhof in Alpl geboren, als Sohn des Lorenz Rosegger, schien das Leben des Buben inmitten des kleinen Bergdorfes vorgezeichnet: er sollte ein Waldbauer werden wie sein Vater - der sich im übrigen noch »Roßegger« schrieb - einer, der mit dem Roß eggt. Der Dichter hat später bekannt, warum er den Namen änderte: »Weil es aber zu meiner Jugendzeit nicht weniger als fünf Peter Roßegger in meiner Heimatgegend gab, wovon gar nicht einmal jeder mit mir verwandt war, und ich nicht mit diesem oder jenem verwechselt werden wollte, so brach ich zur Zeit, als mein Name anfing, gedruckt zu werden, demselben das >s< aus.«

Der Waldbauernbub war schwach, er kränkelte auch häufig. Nicht zur Feldarbeit schien er geeignet, sondern eher zum Viehhüten. Seine Kindheit hat Peter Rosegger später in seinen Büchern »Waldheimat« und »Als ich noch ein Waldbauernbub war« geschildert. Es war die eines behüteten Knaben inmitten der heilen Welt der bäuerlichen Großfamilie, wo der Vater am Samstagabend aus dem Andachtsbuch vorlas, wo die Knechte mit am Tisch aßen, die Mägde mit der Mutter spannen und die Großmutter Märchen und Legenden erzählte. Ein arbeitsloser Lehrer hat dem kleinen Peter Lesen und Schreiben beigebracht, bald konnte er selbst der Familie und den Nachbarsleuten Heiligengeschichten vorlesen, schließlich erfand er auch selbst kleine Historien, und an Hand eines alten Volkskalenders fabrizierte er seine ersten Bücher: auch sie waren Kalender, die er mit der Hand vollschrieb und auch selbst illustrierte. Weil er keinen Pinsel hatte, band er Haare an ein Stäbchen und malte. »Noch weis ich nicht zu was mich Gott erschafen had«, schreibt er 1858 in einer »Lebensbeschreibung«.

Die Eltern wollten ihn Pfarrer werden lassen, da das Studium aber zu kostspielig schien, kam er zu einem Schneidermeister in die Lehre. Nach drei Jahren wurde er Geselle, dann zog Rosegger -um einen Wochenlohn von 90 Kreuzern - mit seinem Lehrherrn als Geselle von Hof zu Hof, in der »Stör«, wie es damals hieß. Peter Rosegger führte genau Buch: auf 67 Bauernhöfen hat er geschneidert. Dabei lernte er Land und Leute kennen - und er schrieb, schrieb, schrieb, Gedichte zumeist, die, als sie sein Firmpate schließlich nach Graz brachte, im Buckelkorb transportiert werden mussten. Sie füllten 24 Bände. Auch dieser Firmpate, ein gewisser Schmiedhofer, verdient das Lob der Nachwelt. Er hat den jungen Schneidergesellen überredet, seine literarischen Versuche einem Redakteur anzuvertrauen, und erklärte sich bereit, die Bände selbst in die Hauptstadt zu tragen, in die »Tagespost«, zu Professor Svoboda, der auch für die Feuilletons zuständig war.

»Ich habe Ihre Gedichte gelesen und finde, dass Sie eine vorteilhafte Begabung besitzen, die eine sorgfältige Pflege verdient. Ich will mehrere Ihrer Gedichte veröffentlichen und auf Sie das Publikum aufmerksam machen«, schrieb Svoboda dem jungen Dichter aus Alpl. Und er vergaß nicht hinzuzufügen: »Was von Ihnen abgedruckt wird, soll honoriert, d. i. bezahlt werden.« Mit den Fremdworten, so meinte der Journalist offenbar, könnte der Schneidergeselle Probleme haben - am besten, man verdeutscht sie gleich... Peter Rosegger fuhr nach Graz zu Svoboda. Dieser ermöglichte ihm ein Studium an der Handelsakademie, 1869 veröffentlichte er seine ersten Erzählungen. Ein Landesstipendium ermöglichte ihm ausgedehnte Reisen durch Nord-und Südeuropa. Auch die Wiener Zeitungen publizierten nun Geschichten von Peter Rosegger, der häufig in die Reichshaupt- und Residenzstadt kam. Der Waldbauernbub war zum anerkannten Schriftsteller geworden, zum Heimatdichter. In rascher Folge erschienen nun seine Werke, zumeist Schätze der Erzählkunst, der Kleinepik - und alle geschöpft aus dem unmittelbaren Erleben der Umwelt. Bisweilen gab sich Rosegger als Lehr- und Schulmeister, dann litt die Unmittelbarkeit der Schilderung. Aber dort, wo er aus dem Leben griff, wo er die Menschen seiner Umgebung schilderte, war er unübertroffen -auch in seinen Mundartdichtungen. »Er ist wirklich und wahrhaftig der schreibende Bauer, er wird den Bauern nicht los«, meinte Ludwig Anzengruber, der ebenso wie der Dichter Robert Hamerling zum Freundeskreis Roseggers zählte.
1876 gründete dieser eine eigene Zeitschrift, »Der Heimgarten«, die zu einer Plattform für fast alle bedeutenden Dichter und Schriftsteller der Zeit wurde, in der aber auch Roseggers Erzählungen zuerst publiziert wurden.

In Krieglach hat sich Peter Rosegger 1877 ein Landhaus ausgebaut. Heute ist es ein Museum. Für Grenzlandschulen, für Kirchen organisierte er Sammlungen - er wollte, seiner Jugend eingedenk, auch als Volkserzieher tätig sein. Als er am 26. Juni 1918 starb, füllten seine Werke 50 gedruckte Bände: Erzählungen, Gedichte, doch auch große Romane wie »Jakob der Letzte« - eine Anklage gegen den Ankauf von Kleinbesitz. Peter Rosegger mag manchen, die sich heute mit seinen Werken konfrontiert sehen, veraltet, anachronistisch, einer längst vergangenen Heimatidylle verhaftet vorkommen. Aber gerade deshalb ist der große steirische Heimatdichter jetzt wieder so modern. Er ist ein literarischer Umweltschützer gewesen. Vielleicht ist seine Waldheimat, sind Geburts- und Sterbehaus auch aus diesem Grunde längst zur Pilgerstätte geworden.