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Ab in die Praxis!#

(Reflexion und Aktion beinander halten)#

von Martin Krusche

Der Untertitel zum Beitrag „2017: Ein Stichtag“ (Link) lautet: „Und nun ab in die Praxis!“ Das verweist auf einen der Gründe, warum der Stichtag so wichtig ist. Eine Markierung. Eine Position, an der Hermann Maurer und ich dann im metaphorischen Sinn ein Fähnchen in den Boden rammen konnten, um uns selbst eine Notiz zu hinterlassen: Hinter diesen Punkt müssen wir nicht mehr zurück, ab jetzt sollte auf einer nächsten Praxisebene gehandelt werden.

Ich hatte in den 1980er Jahren begonnen, mich für Kulturarbeit zu interessieren, die Prinzipien einer Eigenständigen Regionalentwicklung gewidmet war. Dabei ging es, salopp ausgedrückt, auch um die Idee, vertraute Gefälle zwischen Zentrum und Provinz einzuebnen.

Eine Passage bei Ludersdorf in der Oststeiermark. (Photo: Martin Krusche)
Eine Passage bei Ludersdorf in der Oststeiermark. (Photo: Martin Krusche)

Manche Kulturschaffende zeigen sich erstaunlich befangen in den Denkmustern aus dem 19. Jahrhundert, da durch Industrialisierungsschübe neuen Zentren entstanden, die ihre Peripherie sehr schnell zur Provinz machten, also abwerteten. (Regionen traten in teils erbitterte Verteilungswettkämpfe um Ressourcen und Standortvorteile.)

Man möchte es kaum glauben, solche Effekte haben inzwischen erneut eingesetzt, wo im Kielwasser der Krisen, welche dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers (2008) folgten, Budgets schrumpften, auch verschwanden. Gerade abseits des Landeszentrums, wo aus vergangenen Prägungen noch viel aufzuarbeiten, zu verändern wäre, um solche Zentrum-Provinz-Verhältnisse abzuschaffen, haben derlei Prozesse wieder verstärkt eingesetzt.

Aus der erwähnten Kulturarbeit in der Eigenständigen Regionalentwicklung hab ich die Empfehlung behalten, man möge Reflexion und Aktion beinander lassen, verzahnen. Das äußert sich auch in meinem Bestreben, prozeßhaft zu arbeiten, um dabei Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft in Wechselwirkung zu halten.

Im Grunde ganz plausible Zusammenhänge, zu denen mich so manche Funktionstragende des regionalen Kulturgeschehens ratlos angesehen haben. Dagegen mußte ich Hermann Maurer nichts davon erläutern. Wir brauchten Modi des Bereichsübergreifenden und der Wechselwirkung verschiedener Genres nicht einmal debattieren, sondern konnten damit nun fast ansatzlos in die Praxis gehen.

Das bedeutet, wir beide haben Konsens für die Ausgangssituation dieses Projektes. Dabei bilden wir ein Duo, das quasi ein Labor betreibt. In diesem Labor sind inhaltliche und konzeptionelle Arbeiten zu leisten, aus denen sich eine Art Drehscheibe ergibt.

Diese Drehscheibe soll einerseits zu eigenständigen Projektschritten führen, muß andrerseits geeignet sein, daß interessierte Menschen andocken können, daß relevante Kultureinrichtungen die Zusammenarbeit suchen; sei es temporär, sei es fix und längerfristig.

Wir brauchen ein wachsendes Netzwerk von Sach- und Machtpromotoren, die teilweise bereit sind, das Projekt auch ehrenamtlich mitzutragen. Wir brauchen einen Modus, in dem Ehrenamt und Hauptamt kombiniert werden können, ohne daß die unbezahlten Kräfte ihr Engagement abziehen, wenn ein Teil der Arbeit unter Bezahlung stattfindet.

Wir sind – wie schon betont – auf eine Zusammenarbeit angewiesen, welche das alte Denkmodell „Zentrum/Provinz“ mit dem gewohnten Gefälle hinter sich läßt, und über andere Aspekte für Ausgleich und Augenhöhe sorgt.

Genau deshalb heißt es jetzt „Ab in die Praxis!“, denn solche Bedingungen lassen sich erfahrungsgemäß nicht per Deklaration erreichen. Sie müssen im konkreten Tun erarbeitet, herbeigeführt werden. Das kann nicht im Labor geschehen, sondern muß außerhalb des Labors gelingen.

Dabei ist Zeit ein wichtiger Faktor. Ich weiß die Quelle nicht zu nennen, schätze aber das Bonmot: „Professionalität kommt durch Arbeitszeit“. Wir sind kein Behauptungsunternehmen. Ich habe schon erlebt, daß Funktionäre solche Projekte versenkt haben, weil sie nach neun, zehn Monaten Ergebnisse vorweisen wollten, die dann simuliert werden mußten, weil sie so schnell nicht generierbar sind.

Inzwischen haben Kooperationsgespräche mit einigen Akteuren des oststeirischen Projekts „Dorf 4.0“ (Link) stattgefunden. Dabei stehen drei Dörfer der Energieregion Weiz-Glesidorf in einer längerfristigen Zusammenarbeit: Albersdorf-Prebuch, Hofstätten an der Raab und Ludersdorf-Wilfersdorf. Siehe dazu auch: „Dorf 4.0: Oststeirische Innovation“! (Link)

Den aktuellen Arbeitsschwerpunkt dieser Form von Work in Progress trägt Ludersdorf mit dem Thema „Volkskultur 4.0: Eine Positionsbestimmung“. Daraus mag schon ersichtlich werden, daß thematische Schnittpunkte gegeben sind, wo in unserem Labor der Fokus derzeit so ausgerichtet ist: „Die Symbiose Mensch-Maschine bei technischen Entwicklungen in der Steiermark als Teil der Volkskultur“.

Sie ahnen gewiß, das steht nicht für eine Konzentration auf musealisierte Teile einer Volkskultur aus der versunkenen agrarischen Welt, das sucht authentische Manifestationen der Gegenwart, um sie vor der Betrachtung historischer Hintergründe zu bearbeiten.

Dazu bietet die erwähnte Kooperation eine erste Praxisebene quer durch das Arbeitsjahr 2017. Die laufenden Schritte und Details finden Sie in einer externen Themenleiste unter dem Titel „Mensch und Maschine“: (Link)


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