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Martin Krusche (links) & Hermann Maurer by Heinz Payer
Martin Krusche (links) & Hermann Maurer by Heinz Payer

Netzkultur: Die Kooperation#

(Querverbindung zum Archipel Gleisdorf)#

von Martin Krusche#

Der Begriff Netzkultur ist allgemein etwas außer Gebrauch gekommen. Nicht so bei uns. Uns? Welches „Wir“ ist damit gemeint?

Da berühren sich verschiedene Communities. Zum Beispiel Archipel Gleisdorf, Austria-Forum, Kunst Ost sowie einige Einzelpersonen. Nein, das ist kein Verband. Aktive Anwesenheit und adäquates Kommunikationsverhalten genügen völlig, um anlaßbezogen zusammenzugreifen.

Der Begriff Netzkultur war bei uns vor allem Ende der 1990er Jahre recht geläufig. Eben erst ist das österreichische Rundfunkmonopol gefallen gewesen. Aus Piratensendern konnten reguläre Privatradios werden, so auch nichtkommerzielle Kulturradios. Das TCP/IP, jenes Internetprotokoll, durch das ein Netz der Netze möglich wurde, war hierzulande noch keine zehn Jahre verfügbar.

Was sich bis heute alles ereignet hat, werte ich ganz wesentlich als eine Boulvardisierung der Netzkultur. In den Social Media dominieren Polemiken und Haßtiraden. Völlig belanglose Kurzvideos und allerhand Tiktok-Moves simulieren relevante Inhalte.

Wo jemand auf kohärente Gedanken, nachvollziehbare Diskurse und relevante Inhalte setzt, kann es leicht vorkommen, daß es Vorhaltungen hagelt, die von „Eliten“, Systemtrottel“ etc. handeln. Hat nun das Internet den demokratischen Verhältnissen Vorteile gebracht? Gewiß! Und die Netzkultur? Die Absage an Broadcasting? Statt „Ein Sender, viele Empfänger“ nun „Viele Sender, viele Empfänger“?

Was wir kennen, sind vor allem konventionelle Websites mit Informationen, eventuell einem Blog. Das ganze flankiert von Präsenzen in den Social Media wie Facebook, Instagram etc. Das ist kein berauschendes Setting, zumal wir sehen, daß viele Leute keine Vorstellung von angemessener Netiquette haben.

So ist etwa Crossposting längst Standard. Ich darf mir von manchen Absendern ein und dasselbe Bild, Posting etc. in verschiedenen Kanälen ansehen, statt daß in Streuung unterschiedliche Inhalte komplementär zueinander angeordnet würden. Ich mach das Facebook auf, zack! Ich sehe das gleiche Bild wie eben erst auf Instagram. Offenbar regiert auch im Kulturbetrieb stellenweise das Waffenprinzip Fire and forget! Und das womöglich bei Leuten, an deren Postkästen Stickers den Einwurf von Werbesendungen untersagen.

18.2.1999: Positionspapier der österreichischen Netzkultur-Szene (Archiv Krusche)
18.2.1999: Positionspapier der österreichischen Netzkultur-Szene (Archiv Krusche)

Außerdem haben sich Bildgalerien ohne jegliche Bildunterschriften verbreitet wir die Pest. Das triggert meine Aufmerksamkeit vollkommen nutzlos, denn beim näheren Hinschauen erfahre ich nicht: Wer ist das? Was sehe ich da? (Grade noch das WO wird vielleicht referiert.) Ich kann bloß Bildchen schauen wie einst die Illiterati.

Allerhand Leute des Kulturvölkchens und sogar avancierte Kunstschaffende verfahren heute in der Weise, verströmen sich teils mit Ramsch, würzen all das noch mit einigen Memes, mit schlauen Sprüchen, Veranstaltungshinweisen und Selbstportraits. So sehen wir im Kulturbetrieb eine Legion von Leuten, die damit beschäftigt sind, das „Kulturweb“ zu einem breiten Boulevard umzubauen.

Wo man dann Sponsoren bestenfalls einen Platz auf einem Logo-Friedhof oder auf einer schmalen Banderole anbietet, wird in diesem Bereich wohl kaum etwas Interessantes entstehen. Rechnen Sie zu dieser Boulvardisierung noch die Tendenzen vor allem kommunaler Kräfte, welche Kunst und Kultur zu Mägden des Marketings herabwürdigen, fügt sich vieles mit dem unübersehbaren Einbrechen traditioneller Printmedien im Zeitungswesen zu eine prekären Situation.

Gut, da zitierte ich nun den ersten Lehrsatz des steirischen Buddhismus: „Mir wurscht!“ Wir nehmen das unaufgeregt zur Kenntnis und arbeiten an nächsten Möglichkeiten, die einer kollektiven Wissens- und Kulturarbeit zugute kommen. Zu diesem Zweck entwickeln wir gerade eine Kooperation mit den Leuten vom neuen Archipel Gleisdorf.

Das finde ich deshalb besonders interessant, weil der Archipel gerade erst im Entstehen ist. Dabei werden wir mit den Archipel-Leuten also im laufenden Aufbau einen Dialog entfalten, aus dem eine Zusammenarbeit werden soll. Der Zweck? Zum Kulturareal im realen Raum soll sich ein Kulturareal im Web entwickeln; aus dieser Dialogsituation heraus.

Postskriptum: Team Austria-Forum#

  • Informatiker Hermann Maurer ist seit den 1950er Jahren mit dem Thema Computer befaßt und hat seine Berufslaufbahn den Möglichkeiten dieser Technologie sowie der Entwicklung von weltweiter Vernetzung gewidmet.
  • Künstler Martin Krusche ist seit fast 40 Jahren mit Fragen der Netzkultur befaßt, hatte in den 1980ern begonnen, Online-Optionen zu nutzen. Damals noch auf Basis eines Bulletin Bord Systems (BBS), weil es da das Internet noch nicht gab.