Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Matador des Rings#

Theophil Hansens "Klassische Eleganz im Alltag" im Ringturm#


Von der Wiener Zeitung (Mittwoch, 24. April 2013) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Brigitte Borchhardt-Birbaumer


Gebäude des Wiener Musikvereins
Hansens Handschrift: Der Wiener Musikverein.
© Haller/Haller

Der 200. Geburtstag von Theophil Hansen (1813-1891) ist Anlass für eine Schau im Architekturzentrum Ringturm. Das nahe gelegene Palais Hansen wurde im letzten Jahr von Boris Podrecca ins Luxushotel Kempinski umgestaltet. Dies war ohne Entkernung möglich, da das Rastersystem, das Hansen von Friedrich Schinkel übernahm, auch der Stahlskelettbauweise der Moderne und neuen Techniken entspricht - seine harmonischen Gestaltungen waren daher schon für die Moderne Otto Wagners vorbildlich. Außerdem war das Palais Hansen 1873, anlässlich der Wiener Weltausstellung, bereits als Hotel geplant, bevor es Polizeidirektion und Amtsgebäude wurde.

In Athen geprägt#

Hansen hat an der Wiener Ringstraße viele prägende Bauten errichtet, allen voran das Parlament, die Akademie am Schillerplatz, das Musikvereinsgebäude und mit Heinrich Förster nach dem Arsenal auch die Börse. Ringstraßenpalais wie jenes für Erzherzog Wilhelm oder die Familien Epstein und Ephrussi wurden von großen Wohnbauten wie dem 1945 nach Bombentreffern abgerissenen Heinrichshof gegenüber der Oper ergänzt. Davor war der Sohn einer Dänin und eines Norwegers nach dem Architekturstudium in Kopenhagen, neben den üblichen Bildungsreisen, acht Jahre in Athen tätig. An dortigen Gebäuden, seiner "Trilogie", nützte er antik-klassizistische Bauweise, diesen "hellenischen" Stil brachte er nach Wien, vor allem am Parlament soll er die Demokratie auch außen verkörpern.

Er beherrschte aber zeitgemäß auch den romantisch-byzantinischen und den Stil nach der italienischen Renaissance, was im Historismus der Ringstraße dann zum "Wiener Stil" führte, den Renate Wagner-Rieger um 1970 in einer großen Buchreihe analysierte. Für die wichtige Kunsthistorikerin fand Hansen die "Ideallösung von Bauaufgaben", was sich auch in seinem Einfluss auf das Interieur bis zu Beschlägen und Wahl der Steine, Farben, Möbel und auf die Ziegel und Terrakotten im Außenbau auswirkte. Nur mit dem späten Neubarock der Ringstraße konnte er nichts mehr anfangen. Auch die für die Firma Lobmeyr entworfenen Gläser, Vasen und Aufsätze machen ihre Wirkung auf das Gesamtkunstwerk Ringstraße heute noch verständlich.

Auch in Lemberg und Brünn war Hansen mit Palais‘ und Spitälern am Stadtbild beteiligt. Mit dem Neujahrskonzert prägt sein Goldener Saal im Musikvereinsgebäude nachhaltig den Blick auf Wien weltweit bis heute. Doch neben der Ästhetik entspricht auch die Akustik neuesten Standards und findet weiter Nachahmer. Seine perfekten Ausführungen wirken also über die sich am Historismus reibende klassische Moderne hinaus.

Wiener Zeitung, Mittwoch, 24. April 2013