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Wo um alle Welt ist Atto-World? (Essay)#

Lothar Bodingbauer

Milli, Mikro, Nano, Piko, Femto, Atto.

Was sich wie ein Countdown anhört, sind die physikalischen Stufen hinunter ins Kleinste. Eine Attosekunde ist ein Tausendstel eines Tausendstels eines Tausendstels eines Tausendstels eines Tausendstels eines Tausendstels einer Sekunde: 10–18 (skandinav. atten = „achtzehn“).

Ein Lichtstrahl käme in dieser Zeit nicht einmal eine Bakterienlänge weit, und könnte die Küchenwaage ein Attogramm anzeigen, würde sie das Landen eines Virus registrieren.

Ein Urlaub in Atto-World würde den Bruchteil einer Sekunde dauern und einen faszinierenden Effekt bieten: Sie sehen alles riesig groß. Ein einziges Proton hätte den Durchmesser von 1.600 Attometer! Einige Attosekunden werden benötigt, um in Atomen Energien umzulagern. Chemische Bindungen entstehen in dieser Geschwindigkeit. Alles geht so rasch vor sich, dass einer, der nach Atto-World reist, mit vielerlei technischen Tricks die Zeit auflösen muss, um dieses schnelle Leben dort zu sehen.

Was früher aussichtslos erschien, ist durch die Entwicklung von Elektronik, Optik, Computer und Feinmechanik heute machbar: Attowissenschaftler messen Kräfte im Attonewtonbereich, die nicht ausreichen, um ein Molekül zu heben. Sie entwickeln Reagenzgläser, die einige Attoliter fassen.

Ein normales Blitzlicht dauerte eine Ewigkeit im Vergleich zu den ultrakurzen Lichtblitzen von 650 Attosekunden Dauer, die der Physiker Ferenc Krausz 1997 an der Technischen Universität Wien hergestellt hat. Der Blitz war kurz, doch vier Jahre dauerte es zu beweisen, dass es wirklich passierte. Krausz musste mit seinem Team erst eine Attosekunden- Stoppuhr entwickeln. Heute ist Ferenc Krausz Direktor eines eigenen Forschungsinstitutes, des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik in Garching bei München.

Die Ergebnisse seiner ultrakurzen Lichtblitze haben sich zu einem eigenen Forschungsgebiet ausgeweitet: Electrons in Motion lautet das Thema. Laserstrahlen werden verwendet, um die Bewegungen einzelner Elektronen zu steuern und sie dabei zu beobachten.

Ein Vielzahl von Anwendungen ergibt sich parallel zumForschungsfortschritt:

Die Chemiker sind interessiert, weil sie hoffen, dadurch die Knüpfung chemischer Bindungen besser zu verstehen. Die Nanotechnologie ist an der Attowelt interessiert, weil sie gezielt in großen Molekülen Umgruppierungen vornehmen will. Viele Krankheiten könnten schneller diagnostiziert werden, da Viren Antikörper aufnehmen und dabei etwas schwerer werden. Ein Traum wäre, Röntgenstrahlen zu erzeugen, die lernen, ihre Empfindlichkeit auf das zu untersuchende Material abzustimmen und das übrige Gewebe zu schonen.

Wem aber nun selbst die Attowelt zu groß ist, der könnte in Zukunft noch tiefer ins Kleine zoomen. Der nächste Schritt ist die Reise in die Zeptowelt. Nukleare Reaktionen finden in 10–21 Sekunden statt. Nicht zu vergessen: die Yoktowelt – 10–24. Ein Proton wiegt ungefährt 1,7 Yoktogramm, und das mächtige Top-Quark, ein Elementarteilchen, lebt und stirbt in nur 0,4 Yoktosekunden.

Und wie geht’s weiter?


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
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