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Die Familie Schrötter#

Ritter von Kristelli (Teil 1) #


Erschienen in der Zeitschrift Klinoptikum (Ausgabe 2/2013)

Von

Prof. Dr. Bernd Mader


Sporgasse 32
(Abb. Nr. 1) Sporgasse Nr. 32
© B. Mader
Sporgasse 32
(Abb. Nr. 2) Sporgasse Nr. 32
© B. Mader
Schrötterit
(Abb. Nr. 6) Schrötterit. Universalmuseum Joanneum Mineralogie
© N. Lackner, UMJ
Anton von Schrötter
(Abb. Nr. 5) Anton von Schroetter, Lithographie von Adolf Dauthage. Sammlung der Neuen Galerie, UMJN.
© N. Lackner, UMJ

Wenn man in Graz, vom Karmeliterplatz kommend, die Sporgasse hinuntergeht, kommt man unweigerlich auch am Haus mit der Nummer 32 vorbei. Es steht dem Palais Saurau gegenüber. Dieses Haus weist über einem schönen Korbbogenportal ein vergoldetes Metallmedaillon mit dem Auge Gottes auf.[1] (Abb.1 und 2) Meist wenig Beachtung findet die Gedenktafel (Abb. 3) darunter mit folgendem Text:

IN DIESEM HAUSE WURDE AM 5. FEBRUAR 1837 HOFRAT PROFESSOR DR. LEOPOLD SCHRÖTTER RITTER VON KRISTELLI GEBOREN.

Nur wenigen ist wahrscheinlich Leopold Schrötter[2] ein Begriff. Allein die Tatsache, dass für ihn in Graz sogar eine zweite Gedenktafel existiert, sollte Hinweis genug sein, dass es sich bei ihm um einen berühmten Mann gehandelt haben muss. Eine zweite Gedenktafel (Abb. 4) findet man am Haus Schröttergasse Nr. 17/Grillparzerstraße 27. Ihre Inschrift lautet:

Dr. LEOPOLD SCHRÖTTER, RITTER VON KRISTELLI

Univ.-Prof. für Laryngologie, Pionier der modernen Tuberkulosebekämpfung.

Begründer der Wiener Klinik für Halskrankheiten und der Heilstätte Alland bei Baden.

geb. 5. Februar 1877 in Graz

gest. 20. April 1908 in Wien.

Gedenktafel
(Abb. Nr. 3) Sporgasse Nr. 32, Gedenktafel I
© B. Mader

Bemerkenswert ist nun, dass die Schröttergasse – sie ist eine Verbindungsstraße zwischen Bergmanngasse und Grillparzerstraße und war ursprünglich ein Teil der Kirchengasse – gar nicht nach Leopold Schrötter, sondern nach seinem Vater Anton (1802–1875), der Professor für Chemie und Physik am ständischen Joanneum gewesen war, benannt worden ist.[3]

Das beschloss der Gemeinderat am 3. März 1949. Wann und warum nun in der nach Anton Schrötter benannten Straße eine Gedenktafel für seinen Sohn Leopold angebracht worden war, ist ein Mysterium der Stadt Graz. Eine nach Anton benannte Schröttergasse gibt es übrigens auch in Wien im 10. Bezirk (Favoriten).

Bei der Beschäftigung mit der Familie Schrötter zeigte sich, dass nicht nur Leopold Schrötter ein auf seinem Gebiet berühmter Mann gewesen war, sondern, dass sowohl unter seinen Vorfahren als auch unter seinen Nachkommen bemerkenswerte Männer waren, die im natur- oder im geisteswissenschaftlichen Leben Österreichs eine bedeutende Rolle spielten.

Bemerkenswertes leistete bereits Leopold Schrötters Urgroßvater mütterlicherseits, Carl von Kristelli, der als Olmützer Bürgermeister (Olmütz, heute tschechisch Olomouc) für seine Verdienste während der Belagerung dieser Stadt im siebenjährigen Krieg von Maria Theresia geadelt worden war.[4] Leopolds Großvater väterlicherseits war dann Landschaftsapotheker in Olmütz[5] und war mit Pauline, einer Tochter von Carl von Kristelli verheiratet gewesen.

Gedenktafel
(Abb. Nr. 4) Schröttergasse Nr. 17, Gedenktafel II
© B. Mader

Anton Schrötter (1802–1875) #

Er war der Vater von Leopold Schrötter (Abb. 5). Auf Wunsch dieses Vaters sollte nun Anton (Konrad Friedrich Dismas), der am 26. November 1802 in Olmütz geborene in Wien Medizin studieren (1821). Doch Anton Schrötter freute dieses Studium nicht besonders, ihn zog es, vor allem unter dem Einfluss des bekannten Mineralogen Friedrich Mohs (1773–1839) zu den naturwissenschaftlichen, vor allem zu den mathematischphysikalischen Fächern hin. Nach Beendigung seiner Studien erhielt er 1827 eine Assistentenstelle für Physik und Mathematik an der Universität Wien bei Andreas von Ettingshausen (1796–1878), der später, in Anton Schrötters zweiter Ehe, auch sein Schwiegervater war. Nach drei Jahren (1830) wechselte Anton Schrötter über Vermittlung Erzherzog Johanns an das Technische Institut Joanneum nach Graz.[6] Er wird hier supplierender Professor der Chemie und Physik und bildete von 1834–36 in diesen beiden Fächern auch Studenten der Medizin aus.[7]

Im Jahre 1839 nahm Anton Schrötter sich einen Halbjahresurlaub und besuchte die chemischen Institute in Göttingen, Heidelberg, Frankfurt und Paris. In Gießen machte ihn Justus von Liebig mit der organischen Elementaranalyse bekannt. Zurückgekehrt folgte Anton Schrötter ab 1843 einer Berufung nach Wien, wo er als Professor für Technische Chemie am Polytechnischen Institut der Universität Wien unterrichtete. 1845 übernahm er dort die Professur für allgemeine Chemie.[8] Reisen nach Italien (1845) und nach England (1849 und 1851) erweiterten seine wissenschaftlichen Kenntnisse. [9]

Anton Schrötter hat zeit seines Lebens ca. 60 wissenschaftliche Publikationen verfasst. Er analysierte eine Reihe von Mineralien, das Mineral Schrötterit (Abb. 6) ist nach ihm benannt. Er beschäftigte sich mit chemischen Verfahren und entwickelte z. B. eines zur Bestimmung des Kohlensäurengehalts von Mineralwasser direkt am Quellort. Intensiv beschäftigte er sich mit dem Phosphor. Er wies nach, dass der weiße Phosphor, der hochgiftig und selbstentzündlich ist, einzig eine andere Strukturform des roten Phosphors sei, der selbst ungiftig und zum Brennen erst einer Aktivierung bedarf. Das revolutionierte die Streichholzindustrie, wo roter Phosphor („Schröttersche Phosphor“) schon bald als Bestandteil der Reibflächen benutzt wurde.[10]

Um auf die eingangs erwähnte Gedenktafel in der Sporgasse zurückzukommen, waren die Jahre 1830 bis 1843, wo Anton Schrötter am Technischen Institut Joanneum in Graz tätig und in der Sporgasse gewohnt hat (damals Nummer 46), von Bedeutung. Anton Schrötter dürfte vor seiner Übersiedlung nach Graz schon verheiratet gewesen sein, denn eine Verheiratung mit Maria, einer geborenen Eder, war in Graz in den Trauungsmatrikeln nicht nachweisbar. Auch der 1830 erstgeborene Sohn Anton musste noch in Wien geboren worden sein.

Anton von Schrötters Büste
(Abb. Nr. 7) Anton von Schrötters Büste vor der Technischen Universität in Wien
© Dr. W. Regal

In Graz wurde dann dem Ehepaar am 20. März 1832 ein weiterer Sohn, den man Josephus Dismas taufte, geboren. Sein Taufpate war der Professor für Mineralogie Mathias Joseph Anker. Am 18. Juli 1833 kam die Tochter Maria (Antonia Pauline) zur Welt und am 10. Februar 1835 abermals ein Mädchen, das man etwas verwirrend auf die Namen Pauline (Antonia Maria) taufte. Ihr Pate war der k. k. Professor Dr. med. Leopold Langer. Als fünftes Kind des Ehepaares Schrötter wurde dann am 5. Februar 1837 um 8 Uhr früh Leopold Anton Dismas geboren. Seine Taufpatin war seine Großmutter, die Apothekerswitwe Pauline Schrötter.[11]

Über den Tod von Anton Schrötters Ehefrau Maria konnte in Graz in den Sterbematrikeln nichts gefunden werden. Sie muss also in Wien verstorben sein. Dort heiratete Anton Schrötter später ein zweites Mal und zwar Antonia, eine geborene Freiin von Ettingshausen (1828– 1916). Sie war Tochter seines vormaligen Professors, des Mathematikers und Physikers Andreas, Freiherr von Ettingshausen. In der Ehe mit Antonia wurde ihm am 12. Februar 1856 ein Sohn Alfred geboren (gestorben am 2. Oktober 1935 in Graz), der ein bekannter österreichischer Maler und Kunsterzieher wurde.

Anton Schrötters zweite Ehefrau Antonia engagierte sich später besonders für Frauenfragen. 1871 wurde sie Mitglied des „Wiener Frauenerwerbsvereines“, wurde zu deren 2. Vizepräsidentin gewählt (1874), ein Amt, welches sie bis zu ihrer Übersiedlung nach Prag 1882 innehatte. Sie war beispielsweise in jener Kommission, die die Einrichtung eines Krankenpflegerinnenkurses plante.[12]

In Wien gehörte Anton Schrötter, ebenso wie sein Schwiegervater Andreas von Ettingshausen, zu den Gründungsvätern der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und wurde 1850 deren Generalsekretär. Von 1868–1874 leitete er das österreichische Hauptmünzamt. Er war ein Organisator in Industrie und Wissenschaft, sowie Berater bei den Vorbereitungen zur Novara-Expedition und zur Österreichisch-Ungarischen Nordpol-Expedition. Letzteres ist auch der Grund, warum es auf dem Franz-Josef-Land ein Schrötter-Joch und ein Kap Schrötter gibt. Aber auch in der Südtiroler Ortlergruppe gibt es ein nach ihm benanntes Schrötter- Horn.[13]

Als Anton Schrötter 1874 in den Ruhestand versetzt wurde eröffnete er in seiner Wohnung ein Privat-Laboratorium, in welchem er Studien über Edelmetalle betrieb (Abb. 7). Anton Schrötter starb 1875 in Wien und erhielt ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof.[14]


Fußnoten:

[1] Vgl. Dehio-Handbuch die Kunstdenkmäler Österreichs. Graz. Herausgegeben von Institut für Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes (= Dehio. Graz). Bearbeitet von Horst Schweigert, Wien 1979, S. 106.
[2] Um den Text zu vereinfachen sei beim Familiennamen aller „Schrötter“ künftig das „von“ vor Schrötter und das „Ritter von Kristelli“ weggelassen.
[3] Vgl. Karl Albrecht Kubinsky, Astrid Wendtner, Grazer Straßennamen, Graz 1996, 3. Auflage 2009, S. 406. Zur Namenserklärung der Schröttergasse führen die Autoren Anton und Leopold Schrötter zwar an, doch sie erwähnen nicht, nach wem von den beiden die Gasse benannt wurde. – Vgl. auch: Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz, XLV. Jg., Graz 1949
[4] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Schrötter_von_Kristelli. – Vgl. auch: Otto Stolberg-Wenigerode, Neue deutsche Biographie (= Deutsche Biographie), dreiundzwanzigster Band, Schinzel – Schwarz, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2007, S. 594f
[5] Ebda.
[6] Ebda.
[7] Vgl. Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (= ÖBL), herausgegeben von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 11, Wien 1998, S. 246
[8] Wie Anm. 3
[9] Vgl. ÖBL, Bd. 11, S. 246
[10] Wie Anm. 4
[11] Vgl. dazu: Tauf-Matrikel-Abschrift vom Jahre 1832, 1833, 1835, 1837 der Dompfarre zum hl. Aegydius in Graz.
[12] Vgl. http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio_schroetter.htm. Frauen in Bewegung. Schrötter von Kristelli, Antonie (geb. von Ettingshausen) 1828–1916
[13] Wie Anm. 3
[14] Wie Anm. 3

Der Autor dankt Herrn Dr. Bernd Moser vom Universalmuseum Joanneum für das Überlassen der Abb. 5 und 6 herzlich.

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Klinoptikum (Ausgabe 2/2013)