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Der Trick aus der Schneekugel#

Porträt. Die Chemikerin Angelika Basch erfand eine Methode, um hauchdünne Solarzellen effizienter zu machen. Weiße Pigmente rieseln wie in einer Schneekugel auf das Material.#


Von der Tageszeitung Die Presse (Samstag, 29. November 2014) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Veronika Schmidt


Schneekugeln, in denen kleine weiße Flocken nach dem Schütteln sanft zu Boden gleiten, kennt jeder. Sie wurden erstmals im 19. Jahrhundert von dem Wiener Erwin Perzy erzeugt und damals auch patentiert. Heute findet man sie vor allem auf Christkindlmärkten. Die Chemikerin Angelika Basch hat das Schneekugelprinzip in einer völlig neuen Situation eingesetzt, nämlich an Fotovoltaikzellen. So erfand sie eine neue Technik, die jetzt mit dem Inventum-Preis des Österreichischen Patentamtes als eine der besten Erfindungen des Jahres 2013 ausgezeichnet wurde.

Die zündende Idee kam der Grazer Chemikerin während ihres Forschungsaufenthaltes in Canberra, Australien, wo sie „Zeit, Platz und Ausrüstung für gute Grundlagenforschung hatte“, wie sie es aus Österreich nicht kannte. Durch ein Erwin-Schrödinger-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF konnte sich Basch 2010 den Traum erfüllen, an einer der besten Einrichtungen für Solarzellen aus Silizium zu forschen.

„Normalerweise sind Silziumsolarzellen 300 Mikrometer dünn, sechsmal so dick wie ein Kopfhaar. Die dünnen Siliziumsolarzellen messen nur zwei Mikrometer, das ist 25-mal dünner als ein Haar. Solche gibt es in Österreich noch gar nicht“, erklärt Basch. Derart dünne Zellen sind zwar billiger in der Produktion, aber sie haben nicht so gute Eigenschaften, was die Lichtabsorption betrifft. „Man braucht auf jeden Fall Tricks, um dann aus der Solarzelle so viel Strom zu gewinnen, dass es sich lohnt“, sagt Basch.

Bisher werden die hauchdünnen Siliziumscheiben zum Beispiel auch auf der Rückseite mit Titandioxid beschichtet, um die Lichtstreuung und Reflexion zu verbessern. „Aber das geschah immer mit Bindemitteln, so ähnlich wie man es von Dispersionsfarbe kennt. Diese Bindemittel haben keine guten optischen Eigenschaften und sind für die Solarzelle nachteilig“, sagt Basch.

Sie hat im Labor der Australian National University alles Mögliche ausprobiert, um das reflektierende Titandioxid ohne das störende Bindemittel auf die Siliziumscheiben zu bekommen. „Irgendwann habe ich gesehen, wie die weißen Titandioxid-Partikel in der Flüssigkeit auf den Boden sinken, bloß durch Schwerkraft. Dann habe ich die Solarzelle auf den Boden des Glases gelegt, geschüttelt und gewartet, was passiert: Tatsächlich haben sich die Titandioxid-Partikel wie eine feste Schicht auf das Silizium gelegt – frei von Bindemitteln“, erzählt Basch erfreut. Die Labortests zeigten: Die neue Schicht reflektiert das einfallende Licht fast vollständig, die optischen Eigenschaften sind vielversprechend.

Basch reichte noch von Australien aus die neue Erfindung dieser eigentlich simplen Labortechnik beim Österreichischen Patentamt ein. Zwei Jahre später war es so weit: Das Patent wurde genehmigt und soll nun als Snow Globe Coating international bekannter werden. Bei der Inventum-Gala am 19. November war Basch die einzige der zehn Preisträger, die als Einzelerfinderin, ohne forschende Institution im Hintergrund, ausgezeichnet wurde.

Suche nach Partnern zur Vermarktung#

Die Schneekugeltechnik wird derzeit am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg in Deutschland weiterentwickelt. Basch selbst konnte dort als Gastwissenschaftlerin – gemeinsam mit ihrem Studenten Florian Pfeffer der FH Oberösterreich in Wels – das Verfahren an hocheffizienten dünnen Solarzellen bereits testen. An der FH in Wels lehrt die Grazerin nun seit ihrer Rückkehr vor einem Jahr aus Australien Fotovoltaik und betreut Abschlussarbeiten des Studienganges Ökoenergietechnik. Außerdem ist sie jetzt auf der Suche nach Partnern und Fördermitteln, um die Schneekugeltechnik weiterzuentwickeln und in Richtung Vermarktung gehen zu können.

ZUR PERSON#

Angelika Basch, geboren 1974 in Graz, studierte an der Uni Graz Chemie und promovierte an der TU Graz zum Thema Lithiumbatterien. Während ihrer Arbeit in der Halbleiterindustrie in Villach entdeckte sie ihre Faszination für Fotovoltaik. Ab 2010 forschte sie an der Australian National University in Canberra, wo ihr die Idee zur Schneekugel-Beschichtung kam, die nun als eine der besten Erfindungen des Jahres 2013 ausgezeichnet wurde.

Die Presse, Samstag, 29. November 2014