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Werden wir zu "gläsernen Menschen"?#

Eva Souhrada-Kirchmayer

Der Begriff des „Datenschutzes“ entwickelte sich in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit der zunehmenden Verwendung von Großrechnern. Damals entstanden in den europäischen Staaten die ersten Datenschutzgesetze. Es wurde auch erstmals ein „Grundrecht auf Datenschutz“ normiert. Dieses ist eng mit dem Menschenrecht auf Wahrung der Privatsphäre verwandt, wobei es allerdings nicht nur gegenüber staatlichen Behörden, sondern auch gegenüber Privaten durchsetzbar ist.

Mit wachsendem Einsatz der Technik ist die Gefahr des Eingriffes in die Privatsphäre dramatisch gewachsen. Insbesondere besteht dadurch die Möglichkeit zur Verknüpfung und Weiterverwendung von Informationen über den Einzelnen. Bei den Behörden befinden sich etwa Informationen über Name, Adresse und Einkommen einer Person, Banken verfügen über Informationen über Vermögen, Kontobewegungen und Kredite ihrer Kunden, Versicherungen über das Risiko ihrer Kunden, Krankenhäuser und Ärzte über die Krankheiten ihrer Patienten, private Firmen über das Kaufverhalten ihrer Kunden.

Kein Wunder, dass bei einem derartigen Missbrauchspotenzial das Gleichnis vom „gläsernen Menschen“ entstand. Eine Verknüpfung all dieser Informationen und die Erstellung eines kompletten Persönlichkeitsprofils über einen Menschen wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte; dennoch wird es immer schwieriger festzustellen, wo die zulässige Grenze verlaufen darf. Die Terrorismusbekämpfung etwa hat seit dem 11. September 2001 weltweit zu Gesetzgebungen geführt, die größere Eingriffe in das Recht auf Datenschutz vorsehen (z. B. die „Vorratsdatenspeicherung“ von Telekommunikationsdaten und die verstärkt eingesetzte Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen, wobei auch die Daten völlig unbescholtener Bürger gespeichert werden).

Ist also das Orwell’sche „1984“ schon Wirklichkeit geworden? Müssen wir in Zukunft auf unsere Privatsphäre verzichten und einfach akzeptieren, dass „der Anständige nichts zu verbergen“ hat?

Es wird zum einen an der Qualität des Rechtsschutzes liegen, der dem Einzelnen zur Verfügung steht, um gegen rechtswidrige Datenverwendungen vorzugehen. Darüber hinaus dürften keine Gesetze geschaffen werden, die zu weiteren – vielleicht letztendlich gar nicht tauglichen – Eingriffen in die Privatsphäre führen. Und schließlich ist auch das Datenschutzbewusstsein des einzelnen Menschen gefragt, der Eingriffe in seine Privatsphäre nicht bloß hinnehmen, sondern deren Notwendigkeit auch stets kritisch hinterfragen sollte.


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
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