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Sind Berufsbeamtentum und Pragmatisierung noch zeitgemäß? (Essay)#

Gabriele Kucsko-Stadlmayer

Das österreichische Berufsbeamtentum hat eine lange historische Tradition. Als sein Begründer gilt Kaiser Joseph II., der die Beamten dazu einsetzte, die Macht der Stände zu überwinden, sie – im Sinn der Ideen des aufgeklärten Absolutismus –mit ihrer gesamten Persönlichkeit dem Staatswohl verpflichtete und ihnen dafür eine gesicherte Rechtsstellung gewährte. Auch heute noch liegt das Typische des Beamtenrechts darin, dass dem Beamten in und außerhalb seines Dienstes eine strenge Loyalitätspflicht obliegt, er dafür aber eine besoldungsrechtlich geregelte Stellung innehat, aus der man ihn nicht ohne weiteres abberufen kann. Dies gibt ihm Unabhängigkeit gegenüber Versuchen unsachlicher Beeinflussung und macht ihn zu einem wichtigen Garanten des rechtsstaatlichen Prinzips, das den Bürger vor Willkür der Hoheitsgewalt umfassend schützt.

Ohne Rücksichtnahme auf diesen Zusammenhang sind allerdings im Lauf des 20. Jahrhunderts auch viele Staatsbedienstete ohne Hoheitsbefugnisse, mit Aufgaben reinen Dienstleistungscharakters, zu Beamten ernannt worden. Ebenso inkonsequent wurden Vertragsbedienstete in der Hoheitsverwaltung eingesetzt. Damit ist im Ergebnis das Verständnis der Bevölkerung für den spezifischen rechtsstaatlichen Wert des Beamtentums verloren gegangen: Die gesicherte Rechtsstellung wird vielfach nur noch als Privileg betrachtet. Daneben haben zahlreiche gesetzliche Reformen das Vertragsbedienstetenrecht stark dem Beamtenrecht angeglichen, sodass die grundlegenden Unterschiede zwischen diesen beiden Rechtsgebieten kaum mehr geläufig sind. Politische Reformüberlegungen gehen daher dahin, diese zusammenzufassen und durch ein reines Vertragsbedienstetenrecht zu ersetzen.

Mit „Pragmatik“ wurden früher jene Gesetze bezeichnet, die die Dienstverhältnisse der Beamten regelten. Unter „Pragmatisierung“ wird daher im juristischen Sprachgebrauch die Ernennung zum Berufsbeamten verstanden. Der wesentliche Unterschied zu jeder anderen Art der Personalaufnahme liegt darin, dass sie für die gesamte Lebenszeit des Dienstnehmers wirkt. Der Beamte ist nicht kündbar, kann allerdings für Verstöße gegen Standespflichten disziplinär bestraft und entlassen werden. In diesem Status bleibt er selbst bei der Pensionierung, er wechselt dabei nur vom „Aktiv-“ in den „Ruhestand“. Mit „Pragmatisierung“ wird also ein bestimmter juristischer Formalakt bezeichnet.

Heute wird der Begriff allerdings meist umgangssprachlich im Sinn eines Privilegs verwendet, das nicht mehr in die heutige Leistungsgesellschaft passt.

Unabhängig davon, wie die Form staatlicher Dienstverhältnisse in Zukunft gestaltet wird, darf jedenfalls der rechtsstaatliche Kern der Pragmatisierung – die Absicherung der strikten Gesetzesbindung beim hoheitlichen Vollzug – nicht verloren gehen. Aus dem Reichsgesetzblatt vom 25. Jänner 1914: „Als Beamter darf nur ein österreichischer Staatsbürger von ehrenhaftem Vorleben angestellt werden, der die volle Eignung zur Erfüllung seiner Dienstesobliegenheiten besitzt…“


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
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