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Was ist Legitimismus?#

Der Text wurde von Manfried Welan im Mai 2014 dem Austria-Forum überlassen.


Legitimismus bedeutete für Zeßner das Festhalten am Prinzip familialer-katholisch-sakraler Legitimation von Staatlichkeit und Herrschaft im Gegensatz zum republikanisch-demokratischen Gedanken der Volkssouveränität. Deshalb engagiert sich Zeßner für das Haus und für die Familie Habsburg, für ein habsburgisches Österreich und für eine die Tradition überhöhende Österreich-Ideologie.

Daher ist auch seine Ablehnung des hitlerschen Nationalsozialismus zu verstehen.

Eric Voegelin hat 1938 in der Studien „Die politischen Religionen“, die modernen Totalitarismen analysiert als Heilslehren und Erlösungsutopien, als politische immanenz-säkulare Religionen.

Zeßner kämpfte als Legitimist und Vertreter tradionellen religiös-politischen Denkens gegen die hitlersche Heilslehre und sein altes deutschnationales Credo „Gleiches Blut gehört in ein gemeinsames Reich“. Ob er Josef Roth, den Legitimisten, der die Wurzel allen Übels in der modernen säkularisiert – autononomen Vernunft zu erkennen glaubte, kannte, wissen wir nicht.[1] Ähnlich wie Hermann Broch geht Joseph Roth von der Überzeugung aus, dass alle Krisen der Gegenwart im Grund nur Symptome der einen Zeitkrankheit darstellen: Der Mensch, gemäß Genesis 2, 7 Geschöpf Gottes, hin geordnet auf Gott unter Gottesgesetz, hat diesen Bezug formal zwar beibehalten, inhaltlich aber geleert und stattdessen Gott durch weltliche Bezugsgrößen ersetzt.[2] Während manche den Tod Franz Josephs I als finis Austriae auffassten, hielt dies Zeßner für völlig falsch. Für ihn war der Kaiser derjenige, der niemals stirbt. Dass er den jeweiligen Träger besonders verehrte und gegenüber Kaiser Karl eine besondere Verehrung entwickelte, ist aus seiner familienhaften Legitimitätsauffassung zu erklären. Nach dem Tode Kaiser Karls war für ihn der Thronprätendent Otto das „Kaiserlein“.

Den Exillegitimismus, den Joseph Roth im Schwarz-gelben Tagebuch 1939 darstellte, erlebte Zeßner nicht. „Roths Darstellung legitimistisch-katholisch-integralistischer Perspektiven dokumentiert die Existenz einer vorweg genommenen, geistig bestehenden neuen Habsburgermonarchie; der österreichische Legitimismus im Pariser Exil erschafft gleichsam eine geistige Monarchie im Sinne eines Personenverbandes, der historisch ursprünglichsten Form sakral legitimierter Monarchie“.[3] Steinhof wird sozusagen die ideelle Expositur der Hofburg: Roth stellt der weltlichen Schatzkammer die Steinhofer ideelle Schatzkammer zur Seite. Der von Claudio Margris analysierte habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur wird von ihm im Gründungsjahr des Kaisertums Österreich begründet, „Das Jahr des Heils 1806“, „in dem Franz II, Kaiser des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation als Franz I den Titel eines österreichischen Kaisers annahm“.

Spieth hebt zu Recht hervor, dass der tatsächliche „Existenz- und Zusammenhaltsgrund der Monarchie“ die Pragmatische Sanktion 1713 ist, die bis 1918 unbeschadet des Status der Habsburger in Deutschland für den Gesamtstaatsverband in Geltung geblieben ist. Die Pragmatische Sanktion ist auch für Zeßner wesentlich. Sie war für ihn eine „Überverfassung“. In seiner 1928 veröffentlichten Studie „Legitimität und Legalität“ kommt das klar zum Ausdruck. Joseph Roth sah für Österreich nach dem Triumph des Nationalsozialismus und der Okkupation nur mehr eine gangbare Lösung: „Zurück zur übernationalen nicht-demokratischen habsburgischen Monarchie unter der Vaterinstanz eines habsburgischen Kaisers.“ Das war Zeßners Lösung schon vorher.

Dietmar Goldschnigg beschreibt Roths Habsburg-österreich als „übernational-universalistisches, humanistisch-katholisches Idealgebilde, wie es historisch niemals und nirgendwo existierte, eine Utopie also im wörtlichen Sinne“. Wie „Bahr und Hofmannsthal zelebriert auch Roth den habsburgischen Mythos als „austropäische“ Utopie...als Vorbild für die „Vereinigten Staaten Europas“.

Alfred Doppler kommt zur Bedeutung des kaiserlichen Österreich für Roth zu dieser Schlussfolgerung: Österreich hat in diesem Bewusstsein eine zweifache Bedeutung: einerseits ist es Modell für ein menschliches Zusammenleben, das nicht über die Nationalität zur Bestialität hätte führen müssen, andererseits ist es das Land, in dem diese Möglichkeit schuldhaft verspielt wurde.

Legitimismus bezeichnet eine Form von Staatlichkeit und Herrschaft, die als eine „erbmonarchische und religiös fundierte“ gedacht wird. Es ist die strikte Gegenposition zur Theorie der Volkssouveränität. Denn geschichtlich führte der Legitimismus den klassischen Konservativismus fort, also jene ideologische und sozialpolitische Strömung, deren Ziel die Aufrechterhaltung der societas civilis und die Herrschaftsstellung ihrer Oberschichten war und sich parallel zur modernen staatstheoretisch-rechtsphilosophischen Denken entwickelte.

Die Sozialordnung der societas civilis ist die alteuropäische Welt des Homo hierarchicus die Welt von „Polis und Eukos“, die von der Welt der politischen Ökonomie verdrängt wird als die Entstehung einer kapitalistischen Marktwirtschaft den Homo hierarchicus in den Homo aequalis, der über keinerlei Sonderrechte mehr verfügte, umwandelt. Die Gründung des Staates Deutsch-Österreich trägt rein revolutionären Charakter, denn die Verfassung, in der die rechtliche Existenz des neuen Staates zum Ausdruck kommt, steht in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Verfassung des alten Österreich. Die Überzeugung die Republik bestehe illegal und handle daher illegitim, wird zur Voraussetzung für die Entstehung der legitimistischen Bewegung.

„Die Geschichte des österreichischen Legitimismus beginnt in der Nacht auf den 11.November 1918, in der das Manifest Kaiser Karls vom 11.November 1918 entsteht, mit dem er der Proklamierung der Republik zuvorkommen oder zumindest der Monarchie Zeit gewinnen will.

Die Proklamierung der Republik am 12.November 1918 ist kein Sieg, sondern tatsächlich die Verhinderung der Revolution im Sinne eines gewaltsamen Umsturzes: Die Furcht vor einer Räterevolution und, einer Räterepublik, das heißt die Furcht vor dem eigenen radikalen Flügel zwingt die sozialdemokratische Parteiführung, in der provisorischen Nationalversammlung den Antrag auf Ausrufung der Republik zu stellen. Die Christlich-sozialen, die zuvor noch Karl ihrer Loyalität versichert hatten, entschließen sich angesichts dessen, die Krone fallen zu lassen. Der spätere Bundespräsident Wilhelm Miklas beantragt, der bewusste §2 der Verfassung sollte abgeändert werden: „Deutsch-Österreich ist eine demokratische Monarchie“; dieser Antrag wird abgelehnt. Kaiser Karl macht mit dem Manifest von 11.November 1918 seine Zustimmung zur neuen Staatsform Österreichs von einer Volksabstimmung abhängig. Seiner Unterfertigung voraus geht ein flammendes Bekenntnis Kaiserin Zitas zum Legitimitätsprinzip:

„Niemals kann ein Herrscher abdanken, er kann abgesetzt, kann seiner Herrschaftsrechte verlustig erklärt werden. Das ist Gewalt. Sie verpflichtet ihn nicht zur Anerkennung, dass er seine Rechte verloren habe, er kann sie verfolgen, je nach Zeit und Umständen, aber abdanken, nie, nie, nie! Lieber falle ich mit dir hier, dann wird Otto kommen und wenn wir alle fallen sollten, noch gibt es andere Habsburger!“ (Helmut Andics, Der Fall Habsburg, S.42)

Karl verzichtet ausdrücklich nicht auf seine legitimen Herrschaftsrechte. So greift Staatskanzler Renner zum Mittel der Landesverweisung. Er stellt Karl vor die Wahl: Exil oder Internierung: „Erst jetzt entschloss sich Karl in die Schweiz zu gehen. Zur Abdankung war er nicht zu bewegen…die 42 Jahre des Legitimismus begannen.“

Angesichts des Festhaltens Karls an seinen legitimen Ansprüchen stellte sich den Zeitgenossen die Frage nach der Rechtmäßigkeit von Verfassung und Republik. Karl insistiert auf seine Bedingung für eine Änderung der Staatsform, die Volksabstimmung, sei nicht erfüllt worden. Dass die Republik auf gesetzwidrigem Wege zustande gekommen sei und deshalb gar nicht existiere, ist nach Kurt von Schuschniggs Auskunft vom Sommer 1961 die damalige Grundeinstellung der konservativen Kreise der Bevölkerung zum Staat von 1918, und trotzdem kein Konstrukt erzreaktionärer Antirepublikaner. Diese Konservativen konnten sich dabei sogar auf einen Mann berufen, der alles andere war als ein Konservativer, nämlich auf den eher linksstehenden Rechtsgelehrten Dr. Hans Kelsen, den Baumeister des republikanischen österreichischen Verfassungsrechtes. Bei Kelsen lässt sich folgende Feststellung finden: „...dass ihre Mitglieder zu einer Repräsentation des Volkes nur sehr dürftig legitimiert waren. Formal nur durch das von ihnen selbstgesetzte Gesetz und nicht durch Volkswahl berufen, mussten sie ihre politische Rechtfertigung auf die im Jahre 1911 erfolgte Wahl zum österreichischen Abgeordneten-haus gründen. Dessen Legislaturperiode war verfassungsmäßig schon im Jahre 1917 abgelaufen...“ Die Kontinuität der Rechts- und Staatsordnung des alten Österreich und der Deutsch-Österreichs ist unterbrochen... Die Nationalversammlung Deutsch-Österreich hat jedoch sofort die gesamte Staatsgewalt für ein bestimmtes Gebiet arrogiert und sich damit bewusst auf eine revolutionäre Basis gestellt. Revolution aber ist – vom juristischen Standpunkt aus gesehen – nichts anderes als der Bruch der Rechtskontinuität.

Das erste Kuriosum des österreichischen Legitimismus ist zweifellos, dass es deren zwei gibt: einen unautorisiert–inoffiziellen und den autorisiert–offiziellen. Wolf und Verbände……. In diesen Zirkeln treffen sich vornehmlich Offiziere, Staatsbeamte und Adelige wie etwa im Wiener Casino, dem Dr. Friedrich Ritter von Wiesner und Freiherr Hans Karl von Zeßner-Spitzenberg angehören. Zeßner-Spitzenberg engagiert sich in der Kaiser Karl Gebetsliga und wird als Monarchist das erste österreichische aristokratische Todesopfer des Jahres 1938 im Konzentrationslager Dachau...! Wiesner – Kopf des offiziellen Legitimismus, aber Chef der Sonderkommission 1914, die am 13.Juli berichtete, dass sich eine Schuld Serbiens am Thronfolgermord nicht nachweisen lasse. Kriegspartei ignoriert Autant nimmt Wiesners telegraphischen Bericht vom 13.Juli 1914 als amtlichen Beweis für Österreichs Kriegsschuld. Der Gründungstag des Reichsbundes der Österreicher als Dachverband des offiziellen Legitimismus ist der 20.Oktober 1920. Das Statut wird am 23.Mai 1921 vom österreichischen Innenministerium zur Kenntnis genommen. Im §2 definiert sich der Reichsbund als „nicht-politischer Verein“, engagiert für die „Erhaltung des kulturellen seelischen und geistigen Zusammenhangs mit den anderen Völkern der vormaligen österreichisch-ungarischen Monarchie.“ Dann entstanden 1921 die Pöm, im Oktober 1925 ändert der Reichsbund seine Statuten 1. Zusammenschluss aller monarchistisch gesinnten Österreicher und 2. Eintreten für die unveräußerlichen Rechte des angestandenen Herrscherhauses also das Legitimitätsprinzip. Wiesner als Vizepräsident wird zum politischen Referenten.

Am 17. Oktober 1928 wird der Reichsbund politische Partei.

Kaiserin Zita vertritt bis zur Großjährigkeit ihres Sohnes Otto die legitimen Ansprüche des Hauses Habsburg-Lothringen, immer im Blick auf eine Restaurierung der Donaumonarchie durch die legitimistischen Bewegungen in den Sukkzessionsstaaten als Maximalziel. Dieses Netzwerk zusammengehalten durch Zitas „Handschreiben“, fußt eben von der Überzeugung von der formal juristischen Fortexistenz der Monarchie, wie der legitimen Ansprüche des allerhöchsten Hauses. Über Wiesner erfolgt der Kontakt mit der Kaiserfamilie Seine Person erlaubt ihm unerwünschte Personen von Steenokkazeel fernzuhalten.

Der Reichsbund durchläuft einen programmatischen Wandel der drei historische Perspektiven einer Habsburgerrestauration abdeckt (S.56) Mit der an seinem 18. Geburtstag vom Familienrat vorgenommenen Großjährigkeitserklärung wird der Erzherzog zum Thronprätendenten Kaiser Otto. Der Anspruch des Thronprätendenten Otto von Habsburg fußt auf dem Pragmatikalpatent Franz I vom 11. August 1804.

Otto von Habsburg ist 1938 Kaiser Otto, weil der Kaisertitel beim Haus Österreich liegt und nicht aus dem Bestand eines Reiches hervorgeht. Dr. Otto Habsburg wurde durch das Pragmatikalpatent vom 11. August 1804 auch ohne Land, ohne Thron und ohne Krone für jene zum Kaiser, die die Legitimität respektierten oder sie aus irgendwelchen Gründen respektieren wollten.

Friedrich Wagner Der österreichische Legitimismus 1918-1938... Nach Andics hatte Hitler den Plan, Otto Habsburg als Führer der nationalen Opposition aller nationalen und heimwehrfaschistischen Kräfte zu sammeln und mit ihnen an die Macht zu kommen als eine Art Statthalter Hitlers. Das wäre auch eine Form der Restauration gewesen! Aber Engelbert Dollfuß richtete den christlichen Ständestaat auf, dessen Namen auf die Orientierung an der Enzyklika Quad Gesimo anno zurückgeht, in der Papst Pius X sich für die berufsständische Demokratie ausspricht. Der Legitimismus entschloss sich zur Zusammenarbeit mit dem Ständestaat. Dollfuß: „Ich bin kein Legitimist, ich bin ein österreichischer Patriot. Wenn ich die Überzeugung gewinne, dass die Monarchie dem Lande nützt, dann soll Österreich lieber heute als morgen Monarchie werden“.

Ab dem 30. Jänner 1933 ist die österreichische Unabhängigkeit bedroht. Die wahren Worte, die in Österreich zuständig sind, werden nach Joseph Roth: Universal, katholisch, übernational, gottgläubig und gottwohlgefällig, die alten Reichsattribute. Das war Zeßner. Es ist das Reich, das traditionell supranational verstanden werden muss.

Das Österreichbewusstsein ist eine österreichische Identität aus der Multietnizität des Kaiserstaates. Grillparzers „von der Humanität durch Nationalität zur Bestialität“ ist kein Appercu, sondern ein Angstschrei angesichts des nahenden Zerfalls der Monarchie, des Insiegs der nationalen Barbarei. Dem Europa des universalistischen, lateinischen, einigenden, die nationalen Verschiedenheiten aufhebenden Mittelalters – das in Österreich immer noch Bestand und Kraft hatte – unweigerlich das Europa der Reformation, der französischen Revolution, das Europa Napoleons und das Bismarcks folgen musste.

Das ist der katholische politische Weltschmerz.

Am 17. Februar 1938 trifft bei Schuschnigg sowohl die Unterstützungserklärung der Arbeiterschaft gegen den Anschluss als auch ein Brief aus Steenokkazeel ein. Otto wendet sich mit einer Situationsanalyse und detaillierten Vorschlägen zur weiteren Vorgehensweise an den Kanzler. Darin heißt es unter anderem: Sollten sie einem Druck von Deutscher oder betont nationaler Seite nicht mehr widerstehen zu können glauben, so bitte ich Sie, mir wie die Lage auch sei, das Amt eines Kanzlers zu übergeben. Ich bin fest entschlossen im Schutze von Volk und Staat bis zum äußersten zu gehen. In Folge der Lage will ich von Ihnen in diesem Anlass nicht die Restauration der Monarchie verlangen, ich würde Sie nur auffordern, mir die Kanzlerschaft zu übergeben, sodass ohne Änderung der Verfassung, ohne neue Anerkennung wenigstens für die entscheidende Lage die gleichen Vorteile erreicht werden könnten, wie durch den formellen Akt der Wiederherstellung der Monarchie.

Auf dem Spiel steht das wahre römisch reichische Deutschtum, die österreichische Idee, der mitteleuropäische Katholizismus, der Katholizismus überhaupt. Aber Schuschnigg bleibt bis zuletzt dabei „um keinen Preis deutsches Blut vergießen zu wollen.“ Deutsches Blut, deutsches Wort, kein Österreich! Man wird gemäß dem Pragmatikalpatent Franz I den Exillegitimismus nach 1938 charakterisieren können als ein portatives Kaisertum. Durch das Bekenntnis der Legitimisten zu einer habsburgischen Monarchie besteht dieses Kaisertum allein im geistigen. Die Hoffnung Österreichs wurde eine altösterreichische Kontinuität in der Gegenwart.

Ein Sonderfrieden mit den Alliierten wäre der erste Schritt zu einer innenpolitischen Konsolidierung der Donaumonarchie gewesen. Damit wäre auch die fatale Ära Franz Josephs liquidiert worden. Auf dieser Basis hätte Kaiser Karl die Monarchie in die Zukunft führen können. Kaiser Karl erbt bei seiner Thronübernahme den bis dato barbarischsten Krieg der Geschichte, den er weder fortsetzen will, noch aus innenpolitischen Gründen fortsetzen kann. „Die vielen Völker halten nicht lange zusammen!“. Es ist erstaunlich, wie lange die Völker Österreichs-Ungarns dann doch zusammen halten. Bei seinem Vorstoß zu einem Sonderfrieden wird er nur von Papst Benedikt XV unterstützt. Mit Voegelin gesprochen, ist Saint Germain Ausdruck des Sieges der innerweltlichen Fortschrittsgläubigkeit über ein „überlebendes Stück Mittelalter“, eine voraufklärerische gesellschaftliche und staatliche Ordnung. Woran ist die habsburgische Idee gescheitert? Die Antwort ist einfach und kompliziert zugleich. Sie ist an der Verwirklichung gescheitert. Die Monarchie als Idee einer übernationalen, von einer verantwortungsbewussten Dynastie getragenen und repräsentierten Einheit war dem Zeitgeist, unter dem sie sich bewähren sollte, weit voraus, während die Politiker, die für eine adäquate Realisierung verantwortlich waren, „Kinder ihrer Zeit“ geblieben waren – so Franz Pototschnigg, Der Zerfall der Monarchie und die Staatsbildung in: Jan Mikrut Hg (Kaiser Karl I (IV) als Christ, Staatsmann, Ehemann und Familienvater, Wien 2004)


Fußnoten

[1] Zu Josef Roths Denken Alexander Spieth, Politisch sehen, falsch sehen. Anmerkungen zu Joseph Roths Legitimismus. Phil. Diss. Universität Tübingen 2009
[2] Spieth S.9, Im Gegensatz zu Hermann Broch schließt sich Joseph Roth dem Habsburgisch-österreichischen Legitimismus der Zwischenkriegszeit an. Spieth begründet dies vor allem mit der habsburgischen Trägerschaft des römisch-deutschen Kaisertitels und der Fortsetzung dieser Tradition des sacrum imperium und des christlichen Reichsgedankens durch Österreich und die Habsburger. Die Habsburgischen Legitimisten vertraten als einzige Gruppierung den Gedanken sakral legitimierter Herrschaft. „Als religiös argumentierender Zeitkritiker sieht Roth die Wurzel allen modernen Übels in der Abkehr des Menschen von Gott, inbegriffen die Säkularisierung der neuzeitlichen Staatstheorie. Folgerichtig bleibt ihm nur die Parteinahme für eine politische Überzeugung, die Staatlichkeit und Herrschaft sakral begründet.“ Spieth aao S.11“
[3] Spieth aao S.13f

Von Manfried Welan, Mai 2014