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Was ist dran am Mythos Single? (Essay)#

Christina Luef

Die Haushaltsstatistiken zeigen ein deutliches Bild: Die Zahl der allein lebenden Personen hat mit fast 1,2 Millionen in Österreich ein beträchtliches Ausmaß erreicht. Man könnte daraus schließen, dass immer mehr Menschen es bevorzugen, allein, ohne Partner und ohne Familie durchs Leben zu gehen – nämlich auch ohne die Abstriche und Kompromisse, die ein Zusammenleben mit anderen erfordert. Aber diese Version des Singles stellt eher die Ausnahme dar, denn die relativ hohe Anzahl der Ein-Personen-Haushalte lässt nicht automatisch auf die Zahl klassischer Singles schließen. Man kann deshalb auch vom Mythos Single sprechen.

Betrachtet man das Phänomen der zunehmenden Ein-Personen-Haushalte genauer, stellt sich heraus, dass allein lebend nicht gleich alleinstehend bedeuten muss. Es gibt Paare, die sich (mehr oder weniger freiwillig) dazu entschieden haben, in getrennten Haushalten zu leben (Living-Apart-Together- Partnerschaften).

Andererseits leben auch viele alte Menschen aufgrund von Verwitwung allein. Als klassischer Single gilt jener, der ledig ist, keinen Partner oder Familie hat und allein in einem Haushalt lebt. Diese Lebensform wählen nur wenige freiwillig, wie etwa junge, gut gebildete Frauen, die sich für ein Leben ohne Partner und Kinder entschieden haben.

Aber für viele bleibt das Alleinleben eine Phase des Übergangs zu einer anderen Lebensform oder als letzte Station in ihrem Leben. Den Großteil der Alleinlebenden machen also nicht die als klassisch geltenden Singles aus, sondern jene, die ihre Unabhängigkeit vor ihrer ersten Partnerschaft genießen wollen, die zwei Partnerschaften überbrücken (temporäres Alleinleben) oder die nach einer Trennung, Scheidung oder Verwitwung zurückbleiben (sekundäres Alleinleben).

Nichtsdestotrotz hält sich das Bild der kontinuierlich steigenden Ein-Personen-Haushalte in der Statistik. Etwa ein Drittel aller österreichischen Haushalte sind Ein-Personen- Haushalte, das bedeutet, dass fast jeder bzw. jede Siebte allein wohnt. Im Alter von 15 bis 39 Jahren leben 346.000 Personen allein, hier finden sich auch viele der freiwillig allein Lebenden wieder. Einen größeren Anteil machen die über 59-Jährigen mit einer Anzahl von 525.000 aus, wobei hier mehr Frauen als Männer zu finden sind. Die höhere Lebenserwartung der Frauen und der Altersunterschied zwischen den Ehegatten macht eine Verwitwung bei Frauen wahrscheinlicher als bei Männern.

Die Entwicklung hin zu mehr Ein-Personen- Haushalten ist sicher auch auf die Individualisierungstendenz in der Gesellschaft zurückzuführen, aus der der Mythos des Singles entspringt. Aber dieser Trend hat seine Grenzen, wenn man das wachsende Bedürfnis nach Sicherheit beobachtet, das unter anderem durch die unsichere wirtschaftliche Lage ausgelöst wird. Der Mensch als soziales Wesen sucht Anschluss an seinesgleichen und so wird die Lebensform Single bzw. das Alleinleben weiterhin neben anderen Modellen bestehen bleiben – als Übergang zu einer Partnerschaft, als frei gewähltes Lebensmodell oder als Phase im Lebensabend.


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
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