!!!Kraut, Rausch und Regeln  

!!Die Frage, ob Cannabis legalisiert werden soll, spaltet die internationale Drogenpolitik.  

!!In Nord- und Südamerika zeichnet sich ein klarer Trend ab: Das Verbot bröckelt.    





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''Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus: [DIE FURCHE|http://www.furche.at] (Donnerstag, 11. Dezember 2014)''


Von 

__Anja Melzer__  

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[{Image src='Coffeeshop.jpg' class='image_right' caption='Im Schwarzmarktmeer. Eine Milliarde USDollar wird die legale Cannabisindustrie bis zum Jahresende im Bundesstaat Colorado an Umsatz abgeworfen haben. Der Wert für das ganze Land soll 40-mal so hoch sein – ein illegaler Markt, der die Steuerbehörden umgeht.\\Foto: © EPA' alt='Coffeeshop' width='400' height='266'}]

Viel erinnert in diesen Tagen  an 1933 und die Aufhebung  des berühmten 18. Zusatzartikels  der Amerikanischen  Verfassung, der Prohibition. Das  nationale Alkoholverbot hatte verheerende  Folgen: Organisierte  Kriminalität und Schmuggel florierten,  gepanschte Drinks wanderten  in sogenannten „Speakeasys“,  illegale „Flüsterkneipen“  in schummrigen Hinterzimmern,  über die Tresen. In Kanada  boomte die Alkoholindustrie, um  den Durst im Nachbarland zu stillen,  amerikanische Gefängnisse  füllten sich. Als das Land in die  Weltwirtschaftskrise schlitterte,  war klar: die Prohibition war nicht  mehr leistbar. Eine Alkoholsteuer  musste her. Volksentscheide  führten schließlich zur Aufhebung  des Verbots. Rauschmittel-  Abstimmungen beherrschen auch  2014 die Agenda. Fünf US-Bundesstaaten  votierten in den vergangenen  Monaten über die Cannabiszulassung,  vier stimmten  dafür. Eine Legalisierungswelle ist  ins Rollen gekommen.
 
[{Image src='Hasch-Automat.jpg' class='image_left' caption='Umdenken. Neue Verkaufsformen wie dieser „Hasch-Automat“ in Colorado etablieren sich. Während 1991 noch 78 Prozent angaben, Cannabis sollte illegal bleiben, waren es 2008 noch 57 Prozent. 2013 waren die Legalisierungsbefürworter mit 52 Prozent erstmals in der Mehrheit.\\Foto: © EPA' alt='Hasch-Automat' width='260' height='390'}]

!Mentalitätswandel in den USA  

Colorado machte den Anfang,  kürzlich folgten Oregon, Washington  und Alaska. Sie sprachen sich  für den legalen Kauf und Konsum  von Marihuana aus. In der USHauptstadt  sowie in 23 der 50 Bundesstaaten  sind Cannabinoide außerdem zur Schmerztherapie mit  ärztlicher Verschreibung erlaubt.  Es gibt Anzeichen für eine  grundlegende Wende in den USA.  Immer mehr Teilstaaten tendieren  zur Entkriminalisierung hin zu Bagatelldelikten,  wodurch der Besitz  kleiner Mengen – wenn überhaupt  – nur noch geringfügig geahndet  wird. Trotzdem bleibt die Rechtslage  kompliziert: teilweise interferieren  teilstaatliche und nationale  Gesetze. Was im einzelnen Distrikt  inzwischen erlaubt ist, kann auf  Bundesebene mehrere Jahre Gefängnis  und millionenschwere  Geldstrafen zur Folge haben. Es  gelten Klauseln, die die Legalisierungspläne in den betroffenen  Gebieten straffrei ermöglichen.  Die Hanf-Industrie im ehemaligen  Goldgräberparadies Colorado  hat rasant Fahrt aufgenommen:  Jungunternehmer mit modernen  Gewächshäusern, Elektrojoint-  Händler oder Start-ups, die innovative  Keks- und Shampoorezepturen  vertreiben, mischen auf dem  Markt mit. Abermillionen US-Dollar  werden umgesetzt – zur Freude  der Behörden auch an Steuern.  Es bildet sich ein fruchtbarer Untergrund  für Investoren und Spekulanten.  Die US-Börsenaufsicht  warnte vor einer „Dot-Bong-Blase“:  Die Rauschmittel-Euphorie, einem  neuen Goldrausch gleich, werde  sich langfristig nicht halten.


!In Uruguay soll der Staat dealen  

Es gibt verschiedene Drogenregulierungsmodelle:  von speziellen  „Drogenfachgeschäften“ wie den  niederländischen Coffeeshops, in  denen der Konsum – anders als auf  der Straße –erlaubt ist, bis zur Festsetzung  von Höchstgrenzen zum  Eigenbedarf. In Colorado sind das  zum Beispiel 28 Gramm pro Kauf,  bis zu vier Cannabispflanzen dürfen  privat angebaut werden.  Eher abseits des Rampenlichts  hat sich die Legalisierung in Uruguay  vollzogen. Schon seit 1974 war  Privatpersonen der Besitz von Marihuana  erlaubt, Anbau und Verkauf  waren aber verboten. Was  man legal besitzen durfte, konnte  nur über Untergrundgeschäfte erworben  werden. Uruguay, ein Land,  in dem lateinamerikanische Drogenkartelle  blutige Kriege führen  und Milliardensummen umsetzen,  winkte im vergangenen Jahr einen  staatlich kontrollierten Marihuana-  Vertrieb durchs Parlament. Der  Drogenmafia soll der Wind aus den  Segeln genommen, ein Modell für  andere südamerikanische Staaten  soll geschaffen werden. Doch der  liberale Vorstoß – das erste Gesetz  dieser Art und weltweit noch immer  beispiellos – hat sich schon  jetzt in ein bürokratisches Monstrum  verwandelt. Eine zentrale Monopolstelle  soll die Samen an Händler  liefen, die Lizenzvergabe ist  kompliziert, spezielle Kontrollinstitute  sollen die Reinheit der Droge  überprüfen. Für den Verkauf sollen  ausschließlich Apotheken zugelassen,  Identität und Kaufmenge per  elektronischem Fingerabdruck registriert  werden. Kaufberechtigt  sind zudem nur Inländer. Noch  wurde dieses Gesetzesgerüst, in  dem der Staat zum Monopoldealer  wird, nicht umgesetzt. Der neue  Präsident Tabaré Vázquez will weiter  daran basteln.    


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[DIE FURCHE|http://www.furche.at], Donnerstag, 11. Dezember 2014
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