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Pagoden und die größte Glocke der Welt in Mingun an Burmas Schicksalsstrom Irrawaddy#

von Günther Jontes

Alle Bilder wurden vom Autor im Jahre 2008 aufgenommen. Sie sind Teil des Archivs „Bilderflut Jontes“

Mingun
Lizenziert unter CC BY 4.0
Der mächtigste Fluss, der Burma/Myanmar durchströmt, ist der Irrawaddy.

An seinen Ufern liegt ein nicht allzu großer Ort, der mehrere kulturelle und technische Höchstleistungen aufweist, die ihresgleichen suchen. Zum einen ist es der Versuch, eine Pagode, also ein buddhistisches Kultbauwerk zu errichten, das weltweit alles in den Schatten gestellt hätte und andererseits eine vollendete Leistung, nämlich die größte Glocke der Welt.

Die Mingun-Pagode, auf Burmesisch Mingun-budodawkyi oder auch Mantara Gyi-Pagode sollte mit 152 m Höhe das größte buddhistische Bauwerk der Welt werden.

Um den historischen Buddha Shakyamuni zu ehren, setzte man nach seinem Tod die Tradition der halbkugelförmigen Hügelgräber hinduistischer Funeralkultur fort und entwickelte den Typus eines Umwandlungsheiligtums, Stupa genannt, in dessen innersten Kern sich im besten Falle eine Urne mit einer Reliquie des Religionsgründers befindet.

Im kultischen Sinne wird ein solches Bauwerk ohne Tempelraum im Inneren vom Gläubigen unter Gebeten im Uhrzeigersinn umrundet. So geschieht es von Tibet bis Sri Lanka und von Indien bis Ostasien bis heute.

Mingun
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Die Mingun-Pagode wurde von König Bodawpaya geplant, denn dieser hatte vom chinesischen Kaiser geschenksweise einen – angeblichen – Zahn des Buddha erhalten und die Pagode sollte nun diese erhabene Reliquie in sein Inneres aufnehmen.

Der Bau wurde 1790 begonnen, jedoch nie vollendet und nach dem Tod des Königs 1819 eingestellt. Was stehen blieb, hat an der Basis eine Seitenlänge von 72 m und eine Höhe von 50 m. Und dieser Rest wurde dann noch dazu bei einem schweren Erdbeben, wie sie in Burma häufig sind, noch beträchtlich beschädigt.

Der Bau besteht nicht wie andere prominente Pagoden aus Haustein, sondern aus Ziegeln. Abermillionen hätte man dazu gebraucht, um die geplante Höhe von 152 m zu erreichen. Und man stellt sich die Frage, woher man das Holz in den Mengen genommen hätte, um diese Ziegel aus dem reichlich vorhandenen Lehm der Flusssedimente brennen zu können. War auch dies ein Grund zur Einstellung des Baues gewesen?

In Südasien gibt es ein weiteres Beispiel eines nie fertig gestellten gigantischen Hochbaues. Diesmal ist es ein Minarett in Indiens Hauptstadt Delhi, wo im 14. Jahrhundert bei der Moschee Qutb ul-Islam mit Ala-i-Minar ebenfalls aus despotischer Bauwut heraus im Dienste des Islam etwas derartig Monströses hätte entstehen sollen. Dieses Minarett war mit einer Höhe von ebenfalls etwa 150 m geplant, wurde aber nie vollendet.

Die Baumasse der Mingun-Moschee ruht derart mit seiner ganzen Schwere in sich, dass ein Zusammenstürzen bei dieser erreichten Höhe nicht zu befürchten ist. Allerdings durchkreuzen seit dem Erdbeben breite Sprünge und Klüfte, in denen sich zum Teil auch Vegetation eingenistet hat, die Strukturen. Aber bis jetzt ist ein Auseinanderfließen des gigantischen Ziegelbaues nicht eingetreten.

Mingun
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Ganz solide ausgeführt und sehr gut erhalten ist die Basis des Baues, von welchem aus sich die Pagode bereits zu verjüngen beginnt.

Zu den am meisten gefährdeten Zonen von Gebäuden zählt die Basis. Wasser muss von ihr ferngehalten werden, das die Fundamente erweichen könnte. Und so gibt es durch einen beträchtlichen Teil der Architekturgeschichte der Welt das Prinzip des Wasserspeiers, der nicht nur bei gotischen Kathedralen Regenwasser weit hinaus aus dem Gefahrenbereich befördert.

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In den vier Himmelsrichtungen wird die Kante der Pagode durch Nischen unterbrochen, die wie Tore gestaltet sind und dem an sich nüchternen und linearen Bau ein gewisses Element eleganter Zier verleihen. Zum Teil sind sie heute durch herabgefallenes Ziegelwerk verschüttet.

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Glocken zu gießen, zählt zu den bewundernswertesten kunsthandwerklichen Tätigkeiten. West wie Ost haben schon im Mittelalter diese Kunst zur höchsten Blüte gebracht, wenngleich sich die Intentionen über den Gebrauch sich teilweise unterscheiden. Zwei Elemente sind untrennbar miteinander verbunden. Da ist einerseits die Erstellung einer Gussform, aus der eine klingende Schale mit im Vergleich zur Gesamtgröße recht dünnen Wandstärke entstehen soll. Hier muss also mit einem Gusskern gearbeitet werden, der ebenfalls aus besonderem Sand gefertigt wird. Andererseits muss eine Metalllegierung Verwendung finden, deren Zusammensetzung wesentlich das Klangbild mitformt. Und sie muss eine genau berechnete Menge ergeben, die die Gussform ganz auszufüllen in der Lage ist. Und dann erfolgt der Guss selber, der bis zum Schluss voller Risiken ist und bei Misslingen wochenlange Arbeit zunichte macht.

Die Mingun-Glocke ist die größte intakte Glocke der Welt. Zwar gibt es eine noch größere auf dem Gelände des Moskauer Kremls. Man nennt sie „Kaiser aller Glocken“ (russisch Zar Kolokol), aber sie ist nach dem Guss zerbrochen und hat nie geläutet. Die Mingun-Glocke war für die große Pagode gedacht, ist dann aber solitär geblieben und lange Zeit einfach dagestanden, bis man sie im 20 Jahrhundert in einen eigens auf ebener Erde errichteten Glockenstuhl hängte.

Sie ist 90 t schwer, hat eine Höhe von 6 und einen Durchmesser von 3 Metern. Im Gegensatz zu europäischen Glocken ist sie weitgehend schmucklos.Ihre Abmessungen werden als noch kolossaler empfunden, wenn man neben ihr die beiden buddhistischen Mönchsnovizen sieht, die gerade beim Essenholen hier vorbeischauen.

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In Mingun sollte man es auch nicht versäumen, die nahe gelegene schöne Hsinbyume-Pagode, auf Burmesisch Sinbyume sedi zu besuchen. Sie trägt den Namen der Lieblingsfrau des Königs Bagyidaw, der diesen Kultbau nach deren Tod in Verehrung und Trauer um sie erbauen ließ. Sie entspricht in ihrer Anlage dem buddhistischen Weltbild, das sich aus dem hinduistischen ableiten lässt. Der Berg Meru, auf welchem die Götter wohnen, die der Buddha nie in Abrede gestellt hat, ist das Zentrum der Welt. Auf dem Meru regiert der Götterkönig und Gewitterherr Indra.

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Die eigentliche Pagode als zentraler Bau stellt den Meru dar. Zu ihm gelangt man durch sieben Tore, die über die Meeresterrassen führen. Die Spitze des Meru ist vergoldet und mit Edelsteinen geschmückt. So ruft er die Pilger schon aus der Ferne zu sich.

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Er steht inmitten von sieben mythischen Meeren, die durch wellenförmige Architekturen dargestellt werden. In Nischen sitzend beschützen zahlreiche göttliche Wesen den Bau vor bösen Einflüssen und Dämonen

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