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Der Tempel der Göttin Minakshi, Shivas Gemahlin in der für Hindus wichtigsten Pilgerstätte Südindiens in Madurai#

Riesige und verwirrende Götterwelten und eine sehr menschliche Zeremonie#


Von

Günther Jontes, 2016

Die Fotos wurden vom Verfasser aufgenommen und sind im Archiv „Bilderflut Jontes“ verankert.


Es ist eher selten, dass Göttinnen, deren Legende sich nur an einen einzigen bestimmten Ort bindet, einen eigenen großen Tempelbezirk haben. Dies ist in der südindischen, im Bundesstaate Tamil Nadu gelegenen Stadt Madurai Indien, Madurai der Fall. Im hinduistischen Pantheon wird die Göttin Minakshi für die Schwester des Hochgottes Vishnu gehalten, wird hier im Beisein aller Götter mit dem mächtigen Shiva verheiratet und deshalb für eine Erscheinungsform von dessen Hauptgemahlin Parvati gehalten


Bild '1Minakshi Heirat'
Lizenziert unter CC BY 4.0
Bild '2Minakshi Heirat'
Lizenziert unter CC BY 4.0
Bild '3Karttikeya'
Lizenziert unter CC BY 4.0

Von ihm empfängt sie auch den Kriegsgott Karttikeya, der auch unter den Namen Subhramanya oder Kumara auftritt. Die Tamilen nennen ihn Murugan. Er wird fast nur von den südindischen Hindus verehrt.


Murugan Kathirvel - Karttikeya mit dem Speer. Shivas und Minakshis Sohn
Murugan Kathirvel - Karttikeya mit dem Speer. Shivas und Minakshis Sohn, unter CC BY 4.0
Die Göttin auf dem Vorhang ihrer Sänfte, in der sie in der Nacht zu ihrem Gatten Shiva gebracht wird.
Die Göttin auf dem Vorhang ihrer Sänfte, in der sie in der Nacht zu ihrem Gatten Shiva gebracht wird., unter CC BY 4.0
Das moderne Andachtsbild zeigt die Göttin mit ihren Söhnen Ganesha links und Karttikeya rechts, beide mit ihren Reittieren (vahana) Ratte (mushika) und Pfau (mayura)
Das moderne Andachtsbild zeigt die Göttin mit ihren Söhnen Ganesha links und Karttikeya rechts, beide mit ihren Reittieren (vahana) Ratte (mushika) und Pfau (mayura), unter CC BY 4.0

Man erkennt die Göttin in den bildlichen Darstellungen an ihrer grünen Hautfarbe und an ihrem Attribut Papagei auf einem Blumenstrauß

Der Name Minakshi mutet uns seltsam an, denn er bedeutet aus dem Sanskrit übersetzt „die Fischäugige“. Damit soll aber ein altindisches Schönheitsideal zum Ausdruck gebracht werden, denn mandelförmige, wie Fische länglich geformte Augen galten als besonders anziehend. Sie ist also nicht die „starr wie ein Fisch Dreinblickende“, sondern eine Frau mit besonders schönem und ansprechendem Antlitz. Aber immerhin ist sie auch Schutzgöttin der Fischer und das deutet darauf hin, dass sie in der Zeit, als der bereits entwickelte Hinduismus aus dem Norden Indiens auch den Süden erreichte, aus einem lokal bezogenem Untergrund aufstieg und zu einer weiteren Gemahlin Shivas uminterpretiert wurde. Dieser wird im Zusammenhang mit Minakshi immer als Sundareshvara „der schöne Herr“ bezeichnet.

In den Mythen wird Shiva auch Nataraja „König des Tanzes“ genannt. In einem Flammenkreis tanzt er als Asket den kosmischen Tandava-Tanz, mit dem die daraus entstehende Energie die Sterne kreisen und die Sonne nicht mehr erlöschen lässt. Er trampelt mit seine Füßen den Dämon Apasmara nieder, der Dummheit und Ignoranz verkörpert. Shiva ist vierarmig und weist mit der einen Hand den Gestus der Schutzgewährung (abhayamudra). Mit der anderen hält er die Sanduhrtrommel (damaru) eines Asketen. Diese Art der Darstellung entstand um das Jahr 1000 n. Chr. in Südindien und kann in herrlichen Beispielen der Bronzegießkunst auch im Minakshitempel zu Madurai bewundert werden.


Nataraja „König des Tanzes“
Nataraja „König des Tanzes“; Bronzegießkunst, unter CC BY 4.0
Nataraja „König des Tanzes“
Nataraja „König des Tanzes“; Bronzegießkunst, unter CC BY 4.0

Der mit Minakshis Namen verbundene und ihr geweihte Tempel ist das prächtigste Beispiel drawidischer Baukunst. Der gesamte Tempelbezirk umfasst eine Fläche von etwa 6 Hektar. Eine eigene Subkaste von Brahmanen versieht hier als Priesterschaft den liturgischen Dienst bei den zahlreichen rituellen Handlungen und wird von einer anderen Subkaste von Tempeldienern dabei unterstützt. Priester gibt es stets an die sechzig, Diener etwa zwanzig. Sie sind weiß gekleidet und tragen auch die ihnen als Angehörigen der höchsten Kaste zustehende Opferschnur (yagnyopavita).

Man betritt den Tempel durch einen der zwölf Tortürme (gopuram“Kuhstadt“), deren höchster und prächtigster, der mit hunderten lebensgroßen und buntbemalten Skulpturen überzogene Ost-Gopuram ist. Die ältesten Teile des Tempels stammen aus dem 13. Jahrhundert. Die heutige Gestalt erlangte er unter den Königen der Vijayanagar-Dynastie, die hier einen Statthalter (nayak) eingesetzt hatten. Dessen prächiger Palast ein weitere Sehenswürdigkeit von Madurai ist.


Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0
Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0

Der Ost-Gopuram, der höchste von allen. Er darf heute nicht mehr bestiegen werden, da sich immer wieder Selbstmörder von ihm in die Tiefe gestürzt hatten


Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0
Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0
Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0

Wenn nach Jahrzehnten die Regengüsse der Monsunzeit die grellbunten Farben verbleichen hatten lassen, werden diese wieder erneuert und der Gopuram erstrahlt in neuem Glanz

Für Minakshi und Shiva gibt es je einen Schrein mit dem Götterbild, die goldbekrönt aus dem Gewirr der langen Gänge und Hallen, darunter eine mit „tausend“ Pfeilern, hervorragen. Der Tempel darf in weiten Teilen von jedermann betreten werden. Die innersten Bereiche und die Schreine sind jedoch sakrosankt und nur Hindus haben das Recht, sie aufzusuchen.


Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0
Minakshis Tempel
Minakshis Tempel, unter CC BY 4.0
Minakshis Tempel, Heilige Teiche
Ein von Arkadengängen umgebener inmitten der Anlage gelegener Heiliger Teich dient dem rituell reinigenden Bad der Pilger, unter CC BY 4.0
Pilger
Typen von Pilgern, die nach Madurai unterwegs sind, unter CC BY 4.0
Pilger
Pilger, unter CC BY 4.0
Pilger
Wahre Charakterköpfe begegnen einem in den weitläufigen Tempelbezirken, unter CC BY 4.0
Pilger
Pilger, unter CC BY 4.0
Pilger
Pilger, unter CC BY 4.0
Pilger
Pilger, unter CC BY 4.0


Indiens Götter werden wie die der klassischen Antike in Europa sehr menschlich gesehen. Sie haben die selben Bedürfnisse wie die Menschen und man verehrt ihnen Opfergaben, die sich virtuell schmecken lassen. Sie werden gebadet, man erfreut ihren Geruchsinn mit Räucherwerk. Tagsüber wird Minakshi und ihrem Gemahl Shiva/Sundareshvara in ihren goldgekrönten Schreinen hofiert. Wenn es aber Nacht wird, bietet man ihnen auch die Freuden des Ehelebens. Und so wird Minakshis Kultbild, vor profanen Blicken abgeschirmt, in einer prunkvollen Sänfte von Brahmanen-Priestern und Tempeldienern aus ihrem Schrein abgeholt und in jenen ihres Gatten gebracht, wo sie nun gemeinsam bis zum nächsten Morgen die Nacht verbringen.

Steinskulptur des zum Shiva-Kreis gehörigen Gottes Ganesha
Steinskulptur des zum Shiva-Kreis gehörigen Gottes Ganesha, mit heiliger Asche (vibhuti) bestreut., unter CC BY 4.0
Ein Muschelhorn kündigt an, dass die Sänfte mit der Göttin naht
Ein Muschelhorn kündigt an, dass die Sänfte mit der Göttin naht, unter CC BY 4.0
Trommelschall und der grelle Klang von Oboen (shennai) geht der Prozession voran
Trommelschall und der grelle Klang von Oboen (shennai) geht der Prozession voran, unter CC BY 4.0
Aus dem Schrein, der von Nichthindus nicht betreten werden darf, kommen die Tempeldiener
Aus dem Schrein, der von Nichthindus nicht betreten werden darf, kommen die Tempeldiener, unter CC BY 4.0
Die Sänfte erscheint
Die Sänfte erscheint, unter CC BY 4.0
Priester mit Wedeln (camara) vertreiben böse Geister
Priester mit Wedeln (camara) vertreiben böse Geister, unter CC BY 4.0
Die Sänfte wird auf ein kunstvoll mit Kreide auf den Boden gemaltes Mandala gestellt
Die Sänfte wird auf ein kunstvoll mit Kreide auf den Boden gemaltes Mandala gestellt, unter CC BY 4.0

Die Sänfte wird auf ein kunstvoll mit Kreide auf den Boden gemaltes Mandala gestellt. Mit einem großen Fächer wird der verborgenen Göttin Luft zugefächelt. Der Vorhang, der die Gottheit verbirgt, zeigt hier die anikonische Gestalt Shivas, nämlich seinen stilisierten Phallus (lingam)

Brahmanen begleiten die Prozession und die damit verbundenen Kulthandlungen. Die Aschenlinien auf der Stirn kennzeichnen sie als Anhänger Shivas


Brahmane
Brahmane, unter CC BY 4.0
Brahmane
Brahmane, unter CC BY 4.0
Brahmane
Brahmane, unter CC BY 4.0
Brahmanen
Brahmanen, unter CC BY 4.0
Brahmane
Brahmane, unter CC BY 4.0
Auch unterwegs werden Minakshi Opfergaben dargebracht
Auch unterwegs werden Minakshi Opfergaben dargebracht, unter CC BY 4.0
Opfertisch
Opfertisch, unter CC BY 4.0
Ein Tempeldiener segnet die Gläubigen mit einem großen Leuchter
Ein Tempeldiener segnet die Gläubigen mit einem großen Leuchter, unter CC BY 4.0
Ein anderer verteilt heilige Asche, die aus verbrannten Opfergaben besteht
Ein anderer verteilt heilige Asche, die aus verbrannten Opfergaben besteht, unter CC BY 4.0
Tempeldiener
Tempeldiener, unter CC BY 4.0