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Bis 31. Oktober 2011
Österreichisches Theatermuseum

Verkleiden - Verwandeln - Verführen#

© Österreichisches Theatermuseum

Die Ausstellung vereint 2000 Objekte aus 200 Jahren Wiener Theatergeschichte. Seit einigen Jahren ermöglicht das Österreichische Theatermuseum Einblicke "hinter die Kulissen". Die Ausstellungen machen deutlich, wie viel künstlerische und handwerkliche Arbeit für eine Inszenierung notwendig ist. Nach den Themen Bühnenbild und Licht stehen 2010/11 die Werke der Kostümbildner im Mittelpunkt. Bühnenkostüme gehören zu den begehrtesten Sammlungsobjekten von Theatermuseen. Die Ausstellung (und das mit neuen Fotos reich bebilderte Begleitbuch) ist das Ergebnis mehrjähriger Forschungstätigkeit. Deren Ziel war es, den Bestand der Rollenkostüme und Kostümgarnituren samt Accessoires zu identifizieren, zu beschreiben, zu fotografieren und in einer Datenbank zu erfassen. Im Zuge dieser Arbeiten wurden kulturhistorische Aspekte ebenso wie theatergeschichtliche Zusammenhängen untersucht. Neben der Zuordnung der Objekte zu den jeweiligen Inszenierungen wurden erstmals Materialanalysen, stilkundliche Forschungen und Untersuchungen der Fertigungstechniken durchgeführt.

© Österreichisches Theatermuseum

Ein markantes Beispiel ist das Kostüm der Adelheid aus "Götz von Berlichingen", das Charlotte Wolter 1863 im Hofburgthater trug und die Gegenüberstellung mit dem Atelierfoto, das die Künstlerin in der Rolle zeigt. Das nach Entwürfen von Hans Makart geschneiderte Prunkkleid ist eine Renaissancerobe aus schwerem, rotem Baumwollsamt mit einem grünen Unterrock aus Seidensatin. Große Stoffmengen, kostbare Materialien, ungewöhnliche Farbzusammenstellungen, aufwändige Verarbeitung und detailreich ausgeführte Accessoires steigern die Wirkung. Das Kostüm erinnert an den Makart-Festzug zur Silberhochzeit des Kaiserpaares, 1879. Mit einem Hang zum Theatralischen und seiner dekorativen Begabung inszenierte der Maler eine pompöse Szenerie im Stil der deutschen Renaissance. Mit Charlotte Wolter und anderen Schauspielern pflegte Hans Makart eine intensive Zusammenarbeit. Beim Vergleich mit dem Atelierfoto fällt auf, dass das Kostüm ursprünglich noch wesentlich mehr verziert war und die Akteurin eine andere Kopfbedeckung trug.

Musiktheater

© Österreichisches Theatermuseum

135 Sängerinnen und Sänger mit klingenden Namen haben die Kostüme dieses Ausstellungsteils getragen. Von Alois Aichhorn (als Herzog von Urbino, 1975) bis zu dem als Komponisten bekannten Carl Michael Ziehrer als Deutschmeister. Dabei reicht die Geschichte weit zurück. Die mutige Opernsängerin Rosette Anday, die 1923 bei der ersten Radiosendung der RAVAG auftrat, spielte 1875 die Carmen. Zu sehen ist hier u. a. ihr weißes Seidenkleid im spanischen Stil mit einem bestickten Tuch. Anna Bahr-Mildenburg gab 1909 in der Hofoper in der "Elektra" von Richard Strauss die Klytämnestra. Hier ist nicht nur ihr Originalkostüm - ein rotes ärmelloses Kleid mit reich besticktem Oberteil und der zugehörige Bühnenschmuck ausgestellt, sondern auch ein Foto, das die Künstlerin in dieser Rolle zeigt. Wo immer möglich werden die Vergleichsbeispiele, aus jüngerer Zeit als Video, beigegeben. Die Entwürfe für den "Rosenkavalier" finden sich in einer Mappe des Künstlers Alfred Roller, 1910. Nicht weniger phantasiereich sind die modernen Kreationen, wie für Edgar Keenon als Wotan/Wanderer in "Der Ring des Nibelungen" von Richard Wagner, 1970 von Thomas Richter-Forgách entworfen. Der große ansteckbare Silberkragen ist aus Kunststoff. Zum Vergleich: das teils aus Metall gearbeitete Lohengrin-Kostüm mit Kettenhemd, Schwert und Schild, das Leo Slezak 1927 trug, wog mehr als 21 kg. (Bild oben)

Sprechtheater

© Österreichisches Theatermuseum

Historische Theaterkleidung unterlag einer ständigen Veränderung. Es wurden Teile ergänzt, abgetrennt, für andere Kostüme verwendet oder neue daraus kreiert. Umarbeitungen waren schon aus Kostengründen notwendig, wenn die Rollen verschieden besetzt wurden - in der Staatsoper wie im Burgtheater. Alle großen Namen des Burgtheaters sind in der Ausstellung vertreten, von Rosa Albach-Retti bis Charlotte Wolter. Für Andrea Jonasson als Maria Stuart von Friedrich Schiller, konzipierte Elisabeth Urbancic 1984 ein rotes, bodenlanges Kleid mit Stehkragen aus Baumwollsamt mit schwarzer Ornamentstickerei. Eine historische Rarität in dieser Abteilung ist Johann Nestroys Darstellung des Sansquartier. Der blaue Uniformrock die beige Weste und die cremefarbige Stiefelhose aus Baumwolle sind ebenso erhalten wie die Militärkappe und die Gamaschen. Nestroy spielte die Rolle 1831 im Theater an der Wien.


Tanztheater

© Österreichisches Theatermuseum

Um gleich bei den Zimelien zu bleiben, ist Fanny Elßlers Cachucha-Kostüm das Highlight der Abteilung. 1836 führte sie den spanischen Tanz im rosa Seidenkleid mit schwarzer Tüllspitze und Silberborten in der Pariser Oper auf. Auch ihre Ballettschuhe aus Seidenatlas sind zu sehen - und zu vergleichen mit dem bekannten kolorierten Kupferstich aus dem Jahr 1837. Eher an die Eisrevue erinnert hingegen das Kleid, das von Margot Fonteyn und Christl Zimmerl als Odile in Peter Iljitsch Tschaikowskys Ballett Schwanensee getragen wurde. Der Entwurf von Nicolas Georgiadis stammt aus dem Jahr 1964.

Chor, Komparserie

Nicht zu vergessen sind die Kleider für Chor und Komparserie, die oft von namhaften Künstlern stammen: Von Arik Brauer für "Medea" von Luigi Cherubini an der Staatsoper (1972), ein Zunftherrenkostüm von Hans Makart oder Tunika-Entwürfe für Sophokles-Dramen von Fritz Wotruba.

© Österreichisches Theatermuseum

Das von der Kuratorin Ulrike Dembsky herausgegebene Begleitbuch vereint den reich illustrierten Katalog mit interessanten Essays und einem informativen Anhang. Die Herausgeberin verfasste das Kapitel "Die Aura des Originals". Die Tanzwissenschaftlerin Andrea Amort machte sich Gedanken zu "Der rote Samtstiefel der Elßler". Die Kostümhistorikerin Annemarie Bönsch schrieb über "Die Unzertrennlichen - Bühnenkostüm und Mode". Ein Interview mit der Modedesignerin Annette Beaufays gibt Einblick in die Arbeit der von ihr geleiteten Kostümwerkstätten. Schließlich steuert André Heller "Einige Assoziationen zum Thema Kostüm" bei.

Der Katalog "Verkleiden – Verwandeln – Verführen. Bühnenkostüme aus der Sammlung des Österreichischen Theatermuseums" (ISBN 978-3-85033-4) ist im Verlag Christian Brandstätter erschienen und im Theatermuseum zum Preis von € 35,- erhältlich.