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Kopfleiste Musik Kolleg

Symphonie Nr. 9, 4. Satz#

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Im 4. Satz der neunten Symphonie erreicht Beethovens Wort "Musik vermag mehr auszudrücken als alle Philosophie" volle Gültigkeit.

Mit einem Dissonanzschlag des gesamten Orchesters, ohne Mitwirkung von jeglichem Streichinstrument, wird der 4. Satz dieser Symphonie eröffnet. Es ist so, als ob um eine Entscheidung gerungen wird und diese herbeigeführt werden muss. Dieser Dissonanzschlag wird zur Fanfare für die Worte "O Freunde, nicht diese Töne". Damit wird vor dem ersten Erklingen der menschlichen Stimme der Weg zum Hauptthema des Satzes, dem Freude-Thema, vorbereitet.

Das Instrumental-Rezitativ wird von den Kontrabässen und Violincelli vorgetragen. Es nimmt schon die später mit Text versehene Melodie "O Freunde, nicht diese Töne" vorweg. Beethoven selbst hat in den Skizzen zum 4. Satz das Instrumental-Rezitativ mit der Bemerkung versehen: "Nein, dieses würde uns erinnern an unseren verzweifel(ungs)voll(en) Zu(stand)".

Die Fanfare - ein zweiter Fortissimoausbruch des Orchesters, wiederum ohne Streichinstrumente, unterbricht das Rezitativ.

Kontrabässe und Violincelli setzen das Rezitativthema "O Freunde, nicht diese Töne" fort.

Reminiszenzen, Erinnerungen, steigen auf, dargestellt jeweils durch die Hauptthemen der ersten drei Sätze dieses Werkes.

Das neuerlich anklingende Instrumental-Rezitativ wischt diese Erinnerung weg. Das Thema des zweiten Satzes mit seinem Vivace-Thema im 3/4 Takt klingt an.

Wieder unterbricht das Rezitativ-Thema diese Erinnerung.

Das Thema des dritten Satzes erinnert an Trost, Ruhe, Erdenferne und Gläubigkeit.

Unmerklich setzt nochmals das Rezitativthema ein, steigert sich und endet mit der später mit Text unterlegten Melodieformel "laßt uns freudenvollere Töne" anstimmen.

Diese Reminiszenzen führen durch unterschiedliche Tonarten, durch verschiedene Gefühlsbereiche. Plötzlich stimmen Oboen, Klarinetten und Fagotte ein neues Thema, ein Thema in D-Dur, an. Mit der Tonart D-Dur, jener Tonart mit der Volk und Volkstümlichkeit musikalisch zum Ausdruck gebracht werden, ist jene Ebene erreicht, auf der der letzte Satz sich entfaltet. Das Thema ist der Hauptthemenkopf des kommenden Freude-Themas.

Das Rezitativ verdrängt den angeklungenen Hauptthemenkopf des Freude-Themas. Die Schlusstakte sind nun mit der später erklingenden Melodie "und freudenvollere" Töne identisch.

Im Piano, geradezu geheimnisvoll, kündigt sich einstimmig in den Kontrabässen und Violincelli das Hauptthema des Satzes, das 24 taktige Freude-Thema, an. Das Thema zählt zu den berühmtesten Melodien, die Beethoven geschaffen hat. Sie beschränkt sich auf einen kleinen Tonumfang. Die ersten vier Takte bewegen sich im Quintrahmen der D-Dur Tonleiter, die nächsten vier Takte stellen eine nahezu tongetreue Wiederholung dar, ausgenommen der 8. Takt, der um eine Sekund tiefer gesetzt wurde. Damit schließt das Thema auf der Grundstufe, dem Ton D. Die Fortsetzung des Themas bleibt im Quintrahmen von D-Dur, ausgenommen der Sextsprung im 12. Takt, der wieder zu den ersten vier Takten des Themas führt. Die Takte 9 - 16 werden wiederholt, der letzte, der 24. Takt, schließt wie der 8. Takt auf der Grundstufe.

Viola und Violincello nehmen das Thema, umrankt von Gegenstimmen, auf.

Das Freude-Thema wandert beim 3. Erklingen in die 1. Violine. Die Gegenstimmen gewinnen an musikalischer Dichte.

Beim 4. Erklingen des Themas stimmt das Gesamtorchester in den Hymnus in der Tonart D-Dur ein.

Ein gewaltiger Themenabgesang, gestaltet aus einem Motiv des Hauptthemas, folgt diesem viermaligen Erklingen des Freude-Themas.

Die zu Beginn des Werkes intonierte "Fanfare", diesmal im vollen Orchester mit allen Instrumenten, erklingt nochmals in d-Moll.

Die menschliche Stimme erklingt erstmalig im Bariton-Solo-Rezitativ bei den Worten "O Freunde, nicht diese Töne, sondern laßt uns angenehmere anstimmen."

Im Orchester wird das Freude-Hauptthema angestimmt, Chor und Bariton-Solist rufen einander "Freude" zu. Das Hauptthema wird nun aus dem Bereich der Instrumentalmusik in den Bereich der menschlichen Stimme geführt. Der Solist der Baritonpartie stellt das Thema erstmalig mit Schillers Text "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium" vor. Der Chor - dieser ist das Symbol für die Menschheit - singt den 2. Absatz der 1. Strophe, die mit einem kurzen Nachsatz abgeschlossen wird.

Die zweite Strophe "Wem der große Wurf gelungen" wird vom Solistenquartett eröffnet. Ähnlich wie bei der ersten Strophe wird der 2. Abschnitt der Strophe vom Chor "Ja, wer auch nur eine Seele sein nennt auf dem Erdenrund!" aufgenommen und fortgesetzt.

In der 1. Variation des Freude-Themas, dargeboten vom Solistenquartett, werden die Schiller-Worte "Freude trinken alle Wesen an den Brüsten der Natur" vertont.

In leidenschaftlicher Begeisterung steigert sich der Jubel zu einem überwältigenden, grandiosen Höhepunkt: "und der Cherub steht vor Gott". Chor und Orchester bewegen sich im Lautstärkegrad Fortissimo, der Fermaten-Schlussakkord "Gott" erklingt nicht im erwarteten D-Dur, sondern in F-Dur, und ist somit auch bereits Überleitung zum nächsten Abschnitt.

Die 2. Variation in B-Dur ist eine Marschvariation in B-Dur, wo anfangs Kontrafagott, Fagott und Große Trommel den Grundton B anspielen, das variierte Hauptthema wird begleitet von Schlaginstrumenten wie Große Trommel, Becken und Triangel.

Über dieses variierte Hauptthema fügt der Solist der Tenorpartie eine weitere Stimme, aufgebaut auf dem Text "Froh, wie seine Sonnen fliegen", hinzu.

Zum Tenorsolo gesellt sich der Männerchor, die Tenorstimmen sind in ersten und zweiten Tenor geteilt.

Die 3. Variation, komponiert als ein Doppelfugato, ist aufgebaut auf einem vom Hauptthema abgeleiteten Thema, das von einem kontrastierenden Thema in Achtelbewegung begleitet wird. Dies ist die instrumentale Krönung des Werkes. Der Nachsatz schließt auf einem Unisono-Fis.

In der Überleitung zur 4. Variation spielen 2 Hörner in Oktaven den Ton Fis, unterbrochen von den Kernnoten der ersten beiden Takte des Hauptthemas, zuerst in H-Dur, dann in h-Moll.

In der 4. Variation erklingt das Freude-Thema im Jubel der ersten Strophe. Der Chor als Sinnbild der gesamten Menschheit stimmt erst jetzt das Thema in thematischer Geschlossenheit an.

Die Zwischengruppe erfüllt mit den von Posaunen und Bässen unterstützten "Seid umschlungen, Millionen" ein wesentliches Kennzeichen der symphonischen Gestaltung, nämlich die Einführung eines zweiten Themas, um dmn thematischen Dualismus gerecht zu werden.

Der Männerchor, unterstützt von Violincelli, Tenorposaune, Kontrabässen und Bassposaune, spricht vom Sternenzelt, wo ein lieber Vater wohnen muss.

Die Unendlichkeit des Universums wird im 2. Thema der Zwischengruppe angesprochen: "Ihr stürzt nieder Millionen?... Über Sternen muss er wohnen".

Zur Gänze in das Überirdische gewendet ist die nicht nur in ihrer entrückten Tonmalerei packende Pianissimo-Stelle "Über'n Sternen muss er wohnen".

Krönender Abschluss ist die Doppelfuge, gestaltet aus dem Freude-Thema und dem Thema der Zwischengruppe "Seid umschlungen", die nun gleichzeitig erklingen. Das Prinzip der (Doppel)-Fuge ist genau er erkennen. Dem ersten Einsatz (Dux) auf der Tonika D folgt der zweite Einsatz auf der Dominante A (Comes), 3. und 4.Einsatz sind wieder auf der Tonika und Dominante.

Nach viermaligem Einsatz des Themas wird die Fuge frei weitergeführt.

"Ihr stürzt nieder Millionen?" ist musikalisch eine Stelle, die weit in die Zukunft weist. Schreibt man alle erklingenden Töne auf, hat man nahezu eine Zwölftonreihe - es fehlt der Ton h - vor sich.

Eine gewaltige Coda - den großen Dimensionen des Werkes entsprechend - schließt das Werk ab. Ein Allegro-Thema, aus dem Freude-Thema abgeleitet, eröffnet die Coda. Das Solistenquartett beginnt mit dem Schlussjubel. In den Jubel der Solisten wird der Chor einbezogen. Im Fortissimo ruft der Chor "Alle Menschen werden Brüder". Um weitere Steigerungen zu ermöglichen nimmt Beethoven Lautstärke und Tempo im Poco Adagio zurück.

Im ursprünglichen Tempo setzen Holzbläser und Hörner mit dem Motiv "Deine Zauber binden" wieder die Coda fort. Zu den Chorstimmen gesellt sich nun das Solistenquartett dazu. Weihevolle Andacht stellt sich bei der Verkündigung "wo dein sanfter Flügel weilt" ein. Von allen Solostimmen werden schwierig auszuführende Melismen gefordert. (Unter Melisma versteht man Melodieteile, die nur auf einer Silbe gesungen werden.)

Vom Pianissimo bis zum entfesselten Fortissimo steigert sich die Prestissimo-Stelle in der Coda. Die Botschaft der Humanität, der Liebe, des "Seid umschlungen, Millionen" wird der Menschheit mit ekstatischem Jubel mitgeteilt.

Die Idee der brüderlichen Freundschaft - das ist die Aussage, welche in der 9. Symphonie in Tönen verwirklicht wurde - kommt hier zum Ausdruck. Und diese Idee ist seit dem Jahre 1824, dem Jahr der Uraufführung, aktuell und ist es heute mehr denn je.

Das Orchester, ohne Chorstimmen, schließt in D-Dur das Werk ab.