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!!!Wortlaut der Kritik Eduard Hanslicks nach der ersten Aufführung\\

"Das Konzert begann mit einer Ouverture von Anselm Hüttenbrenner (siehe
"Österreich-Lexikon").
Nun folgte die Schubertsche Novität, die einen außerordentlichen
Enthusiasmus erregte. Es
sind die beiden ersten Sätze einer Symphonie, welche, seit vierzig
Jahren in Herrn
Hüttenbrenners Besitz, für gänzlich verschollen galt. Wir müssen uns mit
zwei Sätzen
zufrieden geben, die, von Herbeck zu neuem Leben erweckt, auch neues
Leben in unsere
Concertsäle brachten. Wenn nach ein paar einleitenden Tacten Clarinette
und Oboe einstimmig ihren süßen Gesang über dem ruhigen Gemurmel der
Geigen anstimmen, da kennt auch jedes
Kind den Componisten, und der halbunterdrückte Ausruf "Schubert" summt
flüsternd durch
den Saal. Er ist noch kaum eingetreten, aber es ist, als kennte man ihn
am Tritt, an seiner Art,
die Thürklinke zu öffnen. Erklingt nun gar auf jenen sehnsüchtigen
Mollgesang das
contrastierende G-Dur-Thema der Violincelle, ein reizender Liedsatz von
fast ländlerartiger
Behaglichkeit, da jauchst jede Brust, als stände Er nach langer
Entfernung leibhaftig mitten
unter uns. Dieser ganze Satz ist ein süßer Melodienstrom, bei aller
Kraft und Genialität so
krystallhell, dass man jedes Steinchen auf dem Boden sehen kann. Und
überall dieselbe Wärme,
derselbe goldene, blättertreibende Sonnenschein! Breiter und größer
entfaltet sich das
Andante. Töne der Klagen oder Zornes fallen nur vereinzelt in diesen
Gesang voll Innigkeit
und ruhigen Glückes, mehr effectvolle, musikalische Gewitterwolken, als
gefährliche der
Leidenschaft. Als könnte er sich nicht trennen von dem eigenen süßen
Gesang, schiebt der
Componist den Abschluss des Adagios weit, ja allzuweit hinaus. Man kennt
diese
Eigentümlichkeit Schuberts, die den Totaleindruck mancher seiner
Tondichtungen abschwächt.
Auch am Schlusse dieses Andantes scheint sein Flug sich ins Unabsehbare
zu verlieren, aber
man hört doch immer das Rauschen seiner Flügel.
Bezaubernd ist die Klangschönheit der beiden Sätze. Mit einigen
Horngängen, hier und da
einem kurzen Clarinett- oder Oboensolo auf der einfachsten, natürlichen
Orchester-Grundlage
gewinnt Schubert Klangwirkungen, die kein Raffinement der Wagnerschen
Instrumentierung
erreicht. Wir zählen das neu aufgefundene Symphonie-Fragment von
Schubert zu seinen
schönsten Instrumentalwerken und sprechen dies hier um so freudiger aus,
als wir gegen eine
übereifrige Schubert-Pietät und Reliquien-Verehrung mehr als einmal uns
ein warnendes Wort
erlaubt haben."