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Die Allegorie der Austria#

von Peter Diem

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Der Begriff „Allegorie“ wird in der bildenden Kunst für die Darstellung eines abstrakten Inhalts durch eine menschliche oder tierische Figur verwendet. Ein Sonderfall der Allegorie  ist die „Personifikation“ oder „National-Allegorie“. Darunter versteht man die Anthropomorphisierung einer Nation – eine menschliche Gestalt dient als verklärendes Sinnbild eines Volkes. In Europa ging man oft vom Vorbild der griechisch-römischen Stadtgöttin Pallas Athene/Minerva aus, die für Weisheit und staatliche Gemeinschaft steht.Man wählte den Namen nach einer römischen Provinz, die einst auf dem heutigen Territorium des jeweiligen Landes bestand.Beispiele hierfür sind die Figuren der Britannia, der Germania, der Helvetia und der Austria. Für Frankreich wählte man eine andere Frauengestalt, die Marianne
Ein anderes Beispiel für Personifikation ist die mittelalterliche Darstellung des Alten Testaments (der "Synagoge") in Form einer Frauengestalt. Die Pendantfigur zur Synagoge ist die Ecclesia, die das Neue Testament versinnbildlicht. In der christlichen Kunst wird Synagoge immer mit verbundenen Augen als Verliererin dargestellt, der die Gesetzestafeln aus den Händen gleiten, Ecclesia dagegen als Siegerin. Als Bildsymbole für Synagoge und Ecclesia dienen auch Mond und Sonne. Quelle: http://www.beyars.com



Feldpostkarte 1915
Feldpostkarte 1915
Feldpostkarte 1915
Feldpostkarte 1915
Germania von Philipp Veit, 1848, Aus: Wikicommons unter CC
Germania von Philipp Veit, 1848
Aus: Wikicommons unter CC

Zweifranken-Münze, Aus: Wikicommons unter CC
Zweifranken-Münze
Aus: Wikicommons unter CC

Das Deckengemälde im niederösterreichischen  Landhaus - heute "Niederösterreich-Palais" (1710)#

Foto: P. Diem
Foto: P. Diem

Eine eindrucksvolle Darstellung der Allegorie der Austria findet sich auf einem 1710 von Antonio Beduzzi (1675-1735)geschaffenen Deckenfresko im großen Sitzungssaal des 1586 fertig gestellten Niederösterreichischen Landhauses in der Wiener Herrengasse. Der aus Bologna stammende Beduzzi war Maler und Theateringenieur. Von ihm stammte das erste Kärntnertortheater. Während das Landhaus in Klagenfurt in seinem Schmuck auf die Herzogseinsetzung Bezug nimmt, jenes in Innsbruck auf die Landschaft und jenes in Graz auf die Vorzüge des Friedens, steht in Wien das österreichische Kernland im Mittelpunkt, dessen glanzvolle Allegorie über die ganze Welt ausstrahlt - den kaiserlichen Doppeladler zur Seite und den österreichischen Herzogshut zu ihren Füßen. In der Mitte der Decke thront in Wolken Providentia in Gestalt einer Königin mit Krone und Zepter (Sinnbild des Herrscherhauses). Ihr huldigt Austria im Markgrafenmantel. Ein geflügelter Putto trägt den Markgrafenhut auf seidenem Kissen. Genien halten eine reich gestickte Fahne mit dem kaiserlichen Doppeladler und den rot-weiß-roten Bindenschild. An den Schmalseiten der lang gestreckten Decke verkünden „Ehre" und „Ruhm" mit Posaunen die Größe Österreichs und verstärken so die Wirkung des Mittelfeldes. Auf ihrem Posaunentuch haben sie die Worte: „Das Reich habe ich gegeben ohne Ende" und „Ich setze keine Grenze den Dingen noch der Zeit". Diese überirdische Verherrlichung ruht auf den Tatsachen der irdischen Größe. Die mächtigen Allegorien der vier Weltteile in den Ecken zeigen auf Landkarten Österreichs Besitzungen in der Welt an: Europa unter Königskronen und der päpstlichen Tiara mit Harfe und Palette, Afrika als schwarze Gestalt über Löwe und Schlange, Amerika als Jägerin, die eben einem Eingeborenen ihren Pfeil durch den Kopf gejagt hat. Nur Asien ist noch in Ketten gefesselt und erfleht mit erhobenem Kreuz von Österreich Macht und Freiheit, damit "Syrien", das Vaterland Christi, nicht länger unter der Herrschaft der Ungläubigen bliebe. In den Feldern an den Seiten sieht man die Flussgötter der bedeutendsten Flüsse in den österreichisch-spanischen Ländern.

In den Feldern zwischen den Stichkappen sieht man die Flussgötter der bedeutendsten Flüsse in den österreichisch-spanischen Ländern). Den Sebethos bei Neapel („welcher nur unter den Österreichern sich der Ruhe erfreut“), die Donau („welche beinahe ganz den Österreichern angehört“), den Po („in den mailändischen Staaten“), den Rhein („welcher das waldige Österreich an den elsässischen und tirolischen Grenzen bespült“), die Save („wo sich die österreichischen Waffen durch Kriege berühmt machten“), den Tajo („welcher den österreichischen Königen Goldsand zuführt“), die Elbe („welche in Böhmen Bäche sammelt, aus denen Perlen gefischt werden“ - besonders anmutig dargestellt)  und den Silberfluss („den La Plata, welcher Österreichisch-Indien bereichert“). Diverse Sinnsprüche vertiefen die Symbolik. 

Mit dieser Darstellung stand das niederösterreichische Landhaus nicht im Gegensatz zum Herrscherhaus, sondern bildete selbst ein Zentrum, von welchem der Name der Dynastie ausstrahlt. In der Geschichte der Republik Österreich spielte der große Sitzungssaal des Landhauses übrigens zweimal eine große Rolle: Am 30. Oktober 1918 tagte hier der Staatsrat, am 24. September 1945 die erste gesamtösterreichische Länderkonferenz.

--> Rupert Feuchtmüller, Das Niederösterreichische Landhaus, Wien, 1949. (Im Anhang des Buches eine Übersetzung des lateinisch vorgelegten schwülstigen Bildprogramms des kaiserlichen Historiographen Conte Giovanni Commazzi) und

--> Selma Krasa (siehe Coverfoto am Ende dieses Beitrags)

Weiter findet sich eine Darstellung der Austria im Tympanon (Bogenfeld) eines der beiden großen Marmorportals in der Verordnetenstube des NÖ. Landhauses: Sie wurde vom Wiener Dom- und Stadtbaumeister Hans Saphoy 1571 geschaffen; die Moulage (Gussform) stammt von  H. Rath, Wien. In den Nischen zwischen den Marmorsäulen Statuen, die den Überfluss und die mütterliche Liebe darstellen. Die Austria im Bogenfeld über den schweren Voluten, die die Wappen Ungarns und Böhmens tragen, wird als Herrscherin über Handel und Landwirtschaft dargestellt.


Quelle: Rennaissance in Österreich - Ausstellungskatalog Schallaburg 1974
Quelle: Rennaissance in Österreich - Ausstellungskatalog Schallaburg 1974

Quelle: Niederösterreichisches Landesmuseum St. Pölten, Photo Peter Böttcher.
Quelle: Niederösterreichisches Landesmuseum St. Pölten, Photo Peter Böttcher.


Die Inschrifttafel trägt ein Distichon mit folgender Inschrift:

AVSTRIA CAESARIBVS FAELlX ET PATRIA REGVM ARCHIDVMQe DOMVS REGNO POPVLlSQe BEATA DlVES
OPVM QVAS TERRA PARIT, LARGITVR OPIMIS ET CEREREM IN CAM­PIS & BACCHI IN COLLlBVS UVAS
VNDE ET VICINIS POPULlS ALIMENTA MINISTRAT.
Auf Deutsch: Österreich, glücklich durch die Kaiser, Vaterland der Könige und Erzherzöge, ein Haus,
gesegnet durch die Herrschaft und die Völker, reich an Mitteln, welche die Erde hervorbringt; sie
spendet sowohl Getreide auf fruchtbaren Feldern als auch Weintrauben auf den Hügeln, von wo sie
den benach­barten Völkern Nahrung kredenzt.


Die Thematik lässt sich in drei Gruppen ordnen. Zuerst die drei stark hervortretenden, fast voll­ plastischen Figuren: links ein Flussgott, auf eine ausströmende Wasserurne gestützt, in der Hand ein Ruder; rechts gegenüber ein schlafender weiblicher Genius mit gesenkter, verlöschender Fackel. Ober diesen beiden, die Dreieckskomposition bekrönend, die thronende Austria mit dem Erzherzogshut, in den Händen den immergrünenden Lorbeer. Die Geste dieser allegorischen Figur führt zur nächsten, inhaltlich dazugehörenden Gruppe: Die Austria legt ihre linke Hand schützend auf eine Reihe gestapelter Kornsäcke, neben denen Frauen und Männer bittend knien. Unter den Füßen der Thronenden ein mit Weintrauben geschmückter Stierkopf und ein Füllhorn, aus dem goldene Garben hervorsprießen. Links erkennt man einen auf der Donau schwimmenden beladenen Schleppkahn, der von einem langen Pferdezug stromaufwärts gezogen wird. Diese Darstellung schafft die Verbindung zur letzten Dreiergruppe: Links vom Donaustrom sieht man das mittelalterliche Wien, dahinter auf einem Hügel die Burg von Pressburg und rechts von der Austria eine Darstellung der Stadt Prag.

Der Austriabrunnen auf der Wiener Freyung (1844-46)#

1846 stiftete die Wiener Bürgerschaft den Austria-Brunnen auf der Freyung. Die hochaufragende Bronzestatue der Austria - im Krönungsmantel, am Haupt über dem offenen Haar die bürgerliche Stadtmauerkrone, in der Rechten eine Lanze und in der Linken den Schild mit dem kaiserlichen Doppeladler - steht auf einer astwerkgeschmückten Säule, zu ihren Füßen vier Flussgottheiten, eine davon männlich. Sie stellen die Hauptflüsse der Monarchie dar: Elbe und Weichsel, Donau und Po. Diese vier Ströme, die in vier verschiedene Meere fließen, symbolisieren die vier großen Sprachgruppen des Habsburgerreiches: Germanen und Slawen, Ungarn und Italiener. Die Wahl der vier Flüsse war auch der Grund, warum der Brunnen nicht mit der Allegorie der Vindobona, wie ursprünglich geplant, sondern mit jener der Austria geschmückt wurde. Die Grundform des Brunnens, das vierblättrige Kleeblatt, könnte als Symbol für Österreichs Glück gemeint gewesen sein ("Bella gerant alii, tu felix Austria nube...").

Die von Ludwig Schwanthaler (1802-1848) gestalteten Figuren wurden von Ferdinand Miller in München gegossen. Angeblich wurden in der Statue auf ihrem Weg von München nach Wien Zigarren geschmuggelt, die sich noch immer in der Bronzeplastik befinden sollen, weil diese so schnell aufgestellt wurde, dass der Schmuggler keine Gelegenheit mehr hatte, das Schmuggelgut zu entfernen.

Freyung
Die Austria
Freyung
Die Austria

Donau
Die Donau
Weichsel
Die Weichsel
Elbe
Die Elbe
Po
Der Po

Um eine Säule, die von ornamental gehaltenen Eichen umrankt ist, reihen sich die vier Hauptflüsse des Kaiserreiches: Donau, Weichsel, Elbe und Po. Entgegen der römischen Tradition, Flussgötter liegend darzustellen (siehe Donnerbrunnen) wählt Schwanthaler einen völlig neuartigen Typus: Sämtliche Figuren stehen! Und: die Flüsse mit ihren deutschen Namen dargestellt. So wurde aus dem männlichen Danubius die weibliche Donau. Allen Figuren ist ein Ruder oder Steuer beigegeben, als Zeichen der Schiffbarkeit dieser Flüsse.
Po, Elbe und Weichsel weisen durch die sie umgebenden Schilfbüschel und Felsformationen auf ihre Eingebundenheit in die Natur hin. Zwischen den Figuren besteht kein szenischer Zusammenhang. Weder durch Gestik noch durch Blickkontakt oder gleiche Blickrichtungen werden sie zueinander in Beziehung gebracht. Jede Figur ist als Standfigur konzipiert und eine für sich abgeschlossene Komposition.

Die Figur der Donau trägt ein einfaches Kleid. Das Antlitz ist, wie bei allen anderen Figuren auch, antikisch idealisiert. Sie ist frontal dargestellt, blickt hinauf zur Sonne und hält mit der Linken einen Teil ihres Haares in Schulterhöhe. Dieser Gestus ist eine ikonographische Form der Nymphendarstellung, welche diese entweder mit ihrem Haar spielend oder das nasse Haar auswringend darstellt. Die Figur trägt ein Muschelarmband.

Die Weichsel steht langgelockt und kühn vor uns. In einer Hand hält sie einen Schleusenschlüssel als Sinnbild für die Verbindung der Weichsel mit dem Fluss Nogat. Das auffallend Neue an der Statue der Weichsel ist die für eine Darstellung einer Flussgöttin ungewöhnliche Präsentation mit einem Bärenfell, die auf Schwanthalers Statue der Bavaria in München zurückgeht (1843-1850 hergestellt). Das zottige Bärenfell wird auch hier über dem langen Kleid gegürtet und über die linke Schulter gelegt.

Die Elbe ist der Donau sehr ähnlich dargestellt. In ruhiger, gelockerter Haltung, auf ihrem Haupt Blümchen und Schilf, lehnt sich die Elbe an ein stilisiertes Felsmassiv. Mit der Linken stützt sie sich auf den Kopf Rübezahls, der mit Vollbart und Kapuze als halbfigürliches Porträt aus dem Felsen wächst. Er hauste der Sage nach im Riesengebirge, dem Quellgebiet der Elbe. Die Meermuschel in der Hand deutet auf ihren Weg in den Ozean.

Der Po ist als muskulöser, bärtiger Mann, mit schilfbekränztem Haupt den antiken Flussgöttern entsprechend dargestellt. So wie auch die Weichsel hält er den antiken Schleusenschlüssel der Aquaeducte. Dies ist eine Anspielung auf den Naviglio Grande, der den Po mit dem Fluss Tessin verbindet.

--> Quelle: Hedwig Abraham, Tourist Guide Website

Die Austria im Gebäude des Verfassungsgerichtshofes (1848), Foto: P. Diem
Die Austria im Gebäude des Verfassungsgerichtshofes (1848)
Foto: P. Diem

Die Austria im Gebäude des Verfassungsgerichtshofes (1848)#

Tafel am Zugang zur Winterrreitschule (mit Klick vergrößern!) © P. Diem
Winterreitschule Foto: P. Diem
Der neben A. D. Fernkorn (1813-1878) bedeutendste spätromantische Plastiker Österreichs, Hanns Gasser (1817-1868), schuf diese leuchtend weiße, überlebensgroße Sandsteinskulptur für die Winterreitschule, wo der Reichstag bis zu seiner Verlegung nach Kremsier am 22. Oktober 1848 tagte. Er hat sie in Sandstein und nicht in Gips ausgeführt, wohl weil er meinte, dieses Material würde allfälligen Beschädigungen eher trotzen. Die in klassischer Form ausgeführte Statue wurde in der Folge in die damalige Österreichisch-Böhmische Hofkanzlei (1., Judenplatz 11 - heute Sitz des Verfassungsgerichtshofes) gebracht.  Dies deshalb, weil man annahm, dass die Skulptur unter böhmischem Schutz besser aufgehoben sei. Dem Besucher leicht zugeneigt, steht sie in einer Nische über der Löwenstiege. 


Die Austria an der Nordfassade des Objekts 1 des Wiener Arsenals (1853)#

Von Hanns Gasser stammt auch der reiche Figurenschmuck an der Fassade des von Theophil Hansen geplanten Waffenmuseums im Arsenal. Es ist dies das heutige Heeresgeschichtliche Museum, erbaut 1850-1855, das den Beginn der Ringstraßenarchitektur markiert. Gassers Austria (1853) thront hoch oben über dem Eingangstor in das Objekt 1, das ursprüngliche Kommandogebäude. Die ohne Helm ausgeführte Figur gibt sich friedlicher  und etwas weniger "germanisch" als der Entwurf.

Der Entwurf
Der Entwurf

Objekt 1 - Foto: P. Diem
Objekt 1 - Foto: P. Diem


Foto: P. Diem
Foto: P. Diem

Die Austria an der Prunkstiege - Foto: P. Diem
Die Austria an der Prunkstiege - Foto: P. Diem


Die Austria an der Prunkstiege der Nationalbibliothek (1856)#

Die zum Prunksaal der ehemaligen Hofbibliothek führende Stiege wurde von J. B. Fischer von Erlach (1656-1732) knapp vor seinem Tod geplant und in der Folge errichtet. Sie wurde von Hofarchitekt Nikolaus Pacassi (1716-1790) in den Jahren 1767-69 nach Sicherungsmaßnahmen wiedererrichtet. In einer Rundbogennische im Erdgeschoß steht eine lebensgroße Steinfigur, die Allegorie der Austria darstellend. Diese Statue stammt allerdings nicht aus der Barockzeit, sondern wurde 1856 aufgestellt. Die Aktenlage gibt leider keine Auskunft über den Künstler. Die Gestik der Statue drückt den siegreichen Neoabsolutismus aus (Selma Krasa).

Die Allegorien der Austria bei der Wiener Weltausstellung (1873)#

Von den vier Toren zum Industriepalast auf dem Weltausstellungsgelände war das Südportal das imposanteste. Die reiche Skulpturendekoration stammte von bekannten Wiener Bildhauern und Künstlern. Die Entwürfe sämtlichen figürlichen Schmucks fertigte der Professor für dekorative Malerei an der Kunsthochschule in Wien, Ferdinand Laufberger (1829-1889) an (von ihm stammt auch der Entwurf zum Mosaik der Pallas Athene am Stubenring 3). Edmund von Hellmer (1850-1935)  - der Schöpfer des 1945 zerstörten Türkenbefreiungsdenkmals im Stephansdom (1882) und des Goethedenkmals an der Wiener Ringstraße (1900) - steuerte eine Austria und eine Hungaria bei.Das Südportal zeigte u.a. auch Portraitmedaillons des Kaiserpaares, das Glasgemälde nach F. Laufberger von Carl Geyling (1814-1880) mit der Austria zwischen Frieden und Überfluss und als Krönung eine Figurengruppe von Vincenz Pilz (1816-1896) - eine von Gerechtigkeit und Geschichte flankierte Austria, die Völker und Nationen zu sich einlädt. Von Karl Peckary, dem Schöpfer der Austria von Czernowitz (siehe unten), stammten überlebensgroße Allegorien für Industrie, Gewerbe und Über.handel.

Figurengruppe der Austria von Vincenz Pilz
Figurengruppe der Austria von Vincenz Pilz

Glasgemälde von C. Geyling nach F. Laufberger
Glasgemälde von C. Geyling nach F. Laufberger

Die allegorische Darstellungsweise unterstrich den repräsentativen, völkerverbindenden Charakter der Ausstellung. Schlagworte wie Friede, Wohlstand und Überfluss betonten die Errungenschaften des liberalen Bürgertums, das sich hier selbst feierte. Auch Handel und Gewerbe fanden als tragende Säulen des Fortschritts mehrfache Darstellung im dekorativen Beiwerk der Gebäude. Die das ganze Gelände überstrahlende österreichische Kaiserkrone auf der Spitze der Rotunde stellte das Ausstellungsunternehmen symbolisch unter imperialen Schutz.

--> Jutta Pemsel, Die Wiener Weltausstellung von 1873. Böhlau,1989, S. 40 

Die Austria sollte vor dem Parlament stehen#

Im Erstentwurf für das Großprojekt an der neuen Ringstraße aus dem Jahr 1865 ging Architekt Theophil Hansen von zwei getrennten Gebäuden, Herrenhaus und Abgeordnetenhaus, aus.

Auf dem Platz des heutigen Palais Epstein sollte das Herrenhaus entstehen. Hansen hatte dafür eine Brunnenanlage mit imposanter Siegessäule geplant, auf deren Spitze "Austria" thronen sollte. Er wollte, dass die weibliche Personifikation der österreichischen Monarchie "in erhabener Gestalt ihre ankommenden auserwählten Söhne" begrüßt und den Parlamentariern das Ideal des gemeinsamen Staatswesens vor Augen führt. Hansens Austria war der antiken Statue der Athene Parthenos des griechischen Künstlers Phidias nachempfunden. Auch als nach dem Ausgleich mit Ungarn und der Erlassung der "Dezemberverfassung" 1867 beschlossen wurde, Herrenhaus und Abgeordnetenhaus in einem gemeinsamen Parlamentsgebäude zu vereinen, behielt Hansen den Plan des Austria-Brunnens bei.

Ende der 1870er-Jahre entschied man jedoch gegen eine Austria als Repräsentationsfigur vor dem Parlamentsgebäude. Es wurde befürchtet, dass diese als Zeichen der Vorherrschaft des deutschsprachigen Teils der Monarchie missverstanden werden könnte. Um möglichen Protesten nationaler Gruppierungen aus dem Weg zu gehen, fiel die Wahl auf Pallas Athene als Brunnenfigur. Dennoch wollte man bei der Ausgestaltung des Gebäudes auf Austria als Personifikation des Gesamtstaates nicht verzichten.

Austria präsentiert sich nun gleich zweifach: Als zentrale Figur des Glasmosaikfrieses über dem Haupteingang unterhalb der Attika lädt sie, wenn auch verborgen hinter hohen Säulen, in das Haus ein. Im Inneren des Gebäudes begegnet sie den BesucherInnen ein zweites Mal in einem Fries über dem Eingangstor im Atrium vor der Säulenhalle.

Parlaments-Fassade
Das Glasmosaik

Die Austria auf dem Glasmosaik von Eduard Lebiedzki präsentiert sich mit den Insignien des österreichischen Kaisertums. In ihr verknüpft sich dynastische Tradition mit konstitutioneller Regierungsform. Austria sitzt auf einem prächtigen Thron umgeben von Blumenranken. Majestätisch nimmt sie die Huldigungen der 17 im Reichsrat vertretenen Kronländer entgegen. Sie wird von einem Posaunenengel begleitet. Ein Putto zu ihren Füßen hält das österreichische Wappen mit dem kaiserlichen Doppeladler. Die Kronländer treten ebenfalls in weiblicher Form auf und verweisen als Überbringerinnen der Landeskronen und Wappen auf das Ideal eines auf den Traditionen der habsburgischen Dynastie beruhenden, gemeinsamen Territoriums.

Vestibül des sParlaments
Das Fries in der Säulenhalle

Auch im Vestibül repräsentiert eine thronende Austria den österreichischen Gesamtstaat. Der Fries, von Alois Hans Schramm gestaltet, zeigt Austria als Siegesgöttin mit dem Lorbeerkranz und dem geflügelten Helm des Hermes, dem Zeichen für die Verwirklichung von Träumen. Mit Reichsapfel, Kaiserkrone, den stilisierten Schwingen des Wappenadlers im Hintergrund und dem Löwen zu ihren Füßen demonstriert sie die Macht und Bedeutung der Habsburger Monarchie.

Zu Austrias Rechten schwören Krieger den Treueeid, zu ihrer Linken bringen Frauen Opfergaben: Sie symbolisieren die militärische und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Monarchie. Auch diese Austria demonstriert die angestrebte Verbindung von dynastischen Herrschaftstraditionen und bürgerlichen Tugenden als ein in die Zukunft weisendes "nationales" Projekt. Die Darstellung verstand sich als Friedensbotschaft, erscheint aus heutiger Sicht aber als eine kriegerische Interpretation der Vaterlandsliebe. Anstelle des Herrscherbildes und männlicher Heroen verkörperten nun die weiblichen Allegorien das Bild der modernen Nation, der bürgerlich-liberalen Herrschaftsform.

Künstler: Alois Schram, 1911. Das Friesgemälde im Atrium über der großen Eingangstür zur Säulenhalle stellt die thronende Austria dar und soll durch die Huldigung nach dem Grundsatz 'Gut und Blut fürs Vaterland' die Vaterlandsliebe symbolisieren: Krieger schwören kniend, Frauen opfern ihre Gaben. Von rechts nach links: Opferfreudigkeit, Friede und Reichtum, Thronende Austria, Weisheit und Stärke, Eid der Treue.

Im Vielvölkerstaat Österreich war eine auf nationaler Symbolik beruhende Repräsentation des modernen Gesamtstaates problematisch. Die Austria wurde stets mit der Vorstellung deutsch-österreichischer Vorherrschaft verbunden.

Am Vorabend der Revolution 1848 trat eine neue Austria als Symbolfigur des aufstrebenden Bürgertums auf. Sie trug nicht mehr den Erzherzogshut, sondern die Mauerkrone als Zeichen des Bürgertums.

Die "Austria Constitutionella" war nach den Worten des Schriftstellers und Politikers Ferdinand Stamm (1813-1880) ab nun "die würdige Kaiserbraut im Festgewand des 15. Märzes", dem Tag, an dem der Kaiser unter dem Druck der Revolution die Ausarbeitung einer Verfassung angekündigt hatte.

Die mit der Mauerkrone geschmückte Austria hält in der rechten Hand einen Speer als Zeichen der Herrschaft, mit der Linken präsentiert sie den kaiserlichen Doppeladler mit den Wappen der Kronländer.

Sie hatte sich aus der Rolle einer bloßen Personifikation der Territorien des österreichischen Herrscherhauses emanzipiert und war nun selbst die Vertretung des konstitutionellen Gesamtstaates.

Text: Parlamentsdirektion

Die Austria im Heeresgeschichtlichen Museum (1876)#

Die Kolossalgruppe aus Marmor über dem Stiegenaufgang wurde im kaiserlichen Auftrag 1873-76 von Johannes Benk (1844-1914) geschaffen. Wien verdankt Benk viele andere allegorische Darstellungen und Denkmäler. Sein bedeutendstes Werk ist das Deutschmeisterdenkmal (1907), das als erstes "demokratisches" Kriegsdenkmal gilt, weil erstmals dem leidenden Soldaten mehr Augenmerk geschenkt wird als dem triumphierenden Feldherrn. 
"Benks Begabung wurzelte in der Darstellung weiblicher Anmut und Körperschönheit sowie im Ausdruck feiner Dielischer Empfindungen; er verband Formenbildung (die spezifisch wienerisches Gepräge trägt) mit Geschick im Aufbau rhythmisch bewegter Gruppen"(Felix Czeike)

Foto: P. Diem
Foto: P. Diem
Foto: P. Diem
Foto: P. Diem


Die Austria im Hof des Wiener Justizpalastes (ca. 1881)#

Der Justizpalast wurde 1875-81 nach Plänen von Alexander Wielemans (1843-1910) erbaut. Im Zentrum des Mittelrisalits befand sich eine Austria-Statue von Edmund von Hellmer (Bild unten). Nach dem Brand am 15. Juli 1927  wurde die Statue im linken Innenhof aufgestellt, der zur Zeit nicht begehbar ist, da eine auf Säulen stehende Glaskonstruktion (neue Bibliothek) eingebaut wurde. Ritter von Hellmer schuf auch die Vindobona  an der Rückseite des Rathauses  und die plastische Gruppe um Kaiser Franz Joseph I. im Giebel des Parlaments.

Die Austria auf dem Mittelrisalit
Der Mittelrisalit des Wiener Justizpalastes
Der Justizpalast
Die Austria am Mittelrisalit des Wiener Justizpalastes vor dem Brand am 15. Juli 1927
Ruine
Die Ruine des Wiener Justizpalastes

Fotos oben: Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek

Die Statue der Austria im Innenhof
Die Statue der Austria im Innenhof
Die Austria heute
Die Austria vom Rechtspraktikantenzimmer aus

Fotos der Statue im Innenhof: P. Diem

Vindobona - die kleine Schwester #

Nicht weit entfernt vom Justizpalast, am von Friedrich von Schmidt (1825-1891) geschaffenen neugotischen Wiener Rathaus (1872-1883) finden sich zwei "Schwestern" der Austria: Allegorien der Vindobona. Die ringseitige Statue, kenntlich durch Mauerkrone, Schild und Stadtschlüssel, ist gut erhalten, jene an der Westfront befindet sich in einem jämmerlichen Zustand.

Figurengruppe an der Ringseite, Foto: P. Diem
Figurengruppe an der Ringseite
Foto: P. Diem

Vindobona von Edmund von Hellmer, Foto: P. Diem
Vindobona von Edmund von Hellmer
Foto: P. Diem

Vinobona am Deutschmeisterdenkmal
Austria am Deutschmeisterdenkmal
Foto: P. Diem


Foto: P. Diem
Foto: P. Diem

Die Austria in der Länderbank (1883)#

Johannes Benk (siehe oben) schuf 1883 eine Austria-Statue für die Länderbank. Sie ist in Marmor und Bronze ausgeführt und steht auf einem Sockel aus rotem Stuckmarmor im Vestibül des ursprünglichen Bankgebäudes in Wien 1., Hohenstaufengasse 3. Das imposante Gebäude, in welchem sich heute zahlreiche Dienststellen des Bundeskanzleramtes befinden, wurde 1882-1884 nach Plänen von Otto Wagner (1841-1918) errichtet. Wie die folgenden Abbildungen zeigen, ist diese Statue sehr detailreich ausgeführt und weist schon auf den heraufziehenden Jugendstil hin. Ihre Attribute sind eine etwas keck getragene Rudolfinische Hauskrone, ein überlanges Szepter, ein barockisierender Schild mit Reichswappen und - in dem "zivilen" Ambiente absichtlich weniger betont - ein kurzes Schwert in der Scheide.





Der Ottakringer Austriabrunnen#

…Austria-Denkmal Ottakring
Austria-Denkmal
Lage: 16, Neulerchenfelder Straße-Friedmanngasse. Zur Erinnerung an das 40-jährige Regierungsjubiläum Franz Josephs I. ließ die Gemeinde Ottakring 1889 auf dem so genannten "Eisnerspitz" einen Brunnen durch den Kundmannschüler Hans Scherpe (1853-1929) errichten. Scherpe schuf zahlreiche Wiener Denkmäler, darunter das Anzengruber-Denkmal Auf einem Postament (nach dem Plan von Baumeister Zagorski, ausgeführt von Steinmetzmeister Josef Sederl) thronte über den beiden Wasserbecken eine vollbusige Figur der Austria, ein Medaillon des Kaisers in der Hand haltend. Der von Prof. Pönninger geschaffene Erzguss wurde während des 2. Weltkriegs auf Geheiß des nationalsozialistischen Kulturpolitikers Wilhelm Frass eingeschmolzen, der Brunnen selbst später abgetragen.

Literatur: Ottakring, 209; Walter Graudenz, Ottakring (1904), 69; Körte 2, 491.







Kinderklinik Glanzing im Wilhelminenspital, ehemals Kaiser Franz Joseph-Kinderspital (1160 Wien, Flötzersteig 4)#

Flötzersteig 4
Austria vor Kinderspital -
Foto: Ewald Judt














Die Austria im Grazer Stadtpark (1891)#

  Ursprünglich auf der Hauptbrücke aufgestellt, wurden die von Hans Brandstetter (1854-1925) im Jahre 1891 geschaffenen Bronzefiguren der Austria und der Styria anlässlich der Neuerrichtung der Brücke 1964 abgetragen  und im Jahre 1970 anlässlich der 25-Jahrfeier der Zweiten Republik im Grazer Stadtpark wieder aufgestellt. 

Austria - Foto: P. Diem
Austria - Foto: P. Diem

Styria - Foto: P. Diem
Styria - Foto: P. Diem

Die "Macht K.Hengl" (1895)#

Der Michaelertrakt der Wiener Hofburg wurde 1893 vollendet. Pendant der männlichen "Macht zu Lande" von Edmund von Hellmer (1897) ist die weibliche "Macht .", die 1895 von Rudolf von Weyr (1847-1914)ausgeführt wurde. Auch diese Figur ziert eine der rudolfinischen Hauskrone nachempfunden Krone.

Buchtitel, Foto: P.Diem
Buchtitel
Foto: P.Diem

Die Macht zur See, Foto: P.Diem width=
Die Macht zur See
Foto: P.Diem width=

Austria in einem Prospekt der Concordia
Austria in einem Prospekt der Concordia


Auf dem Cover des Buches im linken Feld der obigen Tabelle trägt die gekrönte "Austria" die wehrhaften Symbole Schwert und Schild - zu den teils sehr gewaltsamen Sagen passend. 

Die "Ostmark" (1939)#

Wilhelm Frass, Die Ostmark. Foto des Künstlers mit seinem Werk. Quelle: Selma Krasa-Florian: Die Allegorie der Austria, Wien 2007
Wilhelm Frass, Die Ostmark. Foto des Künstlers mit seinem Werk. Quelle: Selma Krasa-Florian: Die Allegorie der Austria, Wien 2007
Ein Jahr nach dem "Anschluss" Österreichs an den NS-Staat ließ der aus St. Pölten gebürtige Hellmer-Schüler Wilhelm Frass (1986-1968) den vielen Austria-Statuen eine männliche Figur folgen, die Allegorie der Ostmark. Der der Figur beigegebene Adler blickt im Stile des NS Parteiadlers (im Gegensatz zum Reichsadler der staatlichen Dienststellen und der Wehrmacht) nach (heraldisch) links. Der Künstler hatte 1934 als illegaler Nationalsozialist den "Toten Krieger" im Heldendenkmal im Äußeren Burgtor geschaffen und war während der NS-Zeit als Hochschullehrer und leitender Beamter im Kulturamt tätig. Nach dem Krieg wurde er als "minderbelastet" eingestuft.

Die Austria-Statue von Czernowitz und ihre Vorgeschichte#

Anlässlich der Landesfeier zum 100-jährigen Jubiläum der Zugehörigkeit der Bukowina zu Österreich und der Gründung der Universität von Czernowitz wurde am 4. Oktober 1875 am damaligen Hauptplatz der Stadt eine große Austria-Statue enthüllt. Nach den zeitgenössischen Zeitungsberichten sollte sie über die ganze Stadt blicken. Die Linke der allegorischen Figur umfasste ein mit Efeu umwundenes Schwert, die Rechte hielt einen Palmzweig, der auf dem 1905 aufgenommenen Foto bereits fehlt.
Landesfeier am 4. Oktober 1875
Landesfeier am 4. Oktober 1875

Statue der Austria am Austria-Platz
Statue am Austria-Platz

Statue der Austria am Austria-Platz (1875-1918)
Statue der Austria am Austria-Platz (1875-1918)

Das Denkmal wurde von dem in Wien geborenen Bildhauer Karl Peckary (1848-1896) geschaffen. Nach Arbeiten für das Wiener Arsenal und die Weltausstellung 1873  (siehe oben) wurde Peckary im Alter von 24 Jahren zum Professor an der k.-k. Staatsgewerbeschule in Czernowitz ernannt. Ein genauer Bericht über die Beschaffenheit des Denkmals wurde am 29.September 1875 nach Wien telegrafiert und erschien am 2. Oktober 1875 in der "Neuen Freien Presse". Hier der Wortlaut (neue Rechtschreibung und Hervorhebungen vom Verfasser):

... Die Stadt Czernowitz, ihrer Anlage und Bauart nach eine der weitläufigsten und unregelmäßigsten Europas, besaß vor kurzem und besitzt im Grunde auch heute nur noch einen einzigen vollständig regulierten und ausgebauten Platz, den Ringplatz. Er allein ist von hübschen Häusern eingefasst und macht durch seine Größe, Regelmäßigkeit und Umgebung einen großstädtischen Eindruck. Er liegt überdies im Zentrum der Stadt, und hier erhebt sich auch das städtische Rathaus. Hier, im Zentrum allen Verkehrs, war der einzig richtige Platz für das Denkmal. Wird doch die Austria-Statue der einzige wertvolle künstlerische Schmuck der jungen Stadt sein und voraussichtlich für lange Zeit hinaus bleiben. Und seinem Schmuck, seinem Stolz und seiner Zierde pflegt man doch sonst den besten Platz anzuweisen und ihn an jene Stelle zu setzen, wo er am meisten gesehen werden kann...

Leider war die Majorität der Stadtväter - allerdings eine Majorität, welche die Minorität nur um eine Stimme überwog - anderer Ansicht. Geht man anderwärts von dem Grundsatze aus, ein Denkmal dahin zu stellen, wo die Umgebung seiner architektonisch würdig ist, so rückte man diesmal unser Denkmal als einen Vorkämpfer des Schönen in einer wüste Umgebung, damit diese hierdurch um so rascher schön werde. Außer dem Ringplatz besitzt Czernowitz nämlich noch einige unregulierte Plätze. Der größte unter ihnen ist der "Criminalplatz", so genannt von dem düstern Gebäude der Strafjustiz, welches sich da erhebt. Der größte, aber auch der abgelegenste und bis vor wenigen Jahren auch der wüsteste. In letzterer Zeit ward freilich einiges dafür getan. So ward dort das prächtige und stilvolle Regierungsgebäude gebaut, welches freilich mit seinen Nachbarn, elenden Hütten und Häuschen, in überaus schroffer Weise kontrastiert. Nun erhebt sich dort, ein noch grellerer Kontrast gegen die armseligen Baracken, das Austria-Denkmal. Der "Criminalplatz" wurde reguliert und in "Austriaplatz" umgetauft. Das erstere hat ihn wenig, das letztere gar nicht verschönert. Hoffentlich haben jene Herren mindestens richtig kalkuliert, und die Besitzer der Baracken gehen in sich und bauen an deren Stelle europäische Häuser hin. Hoffentlich!

Das Austria-Denkmal würde wenigstens diese Verschönerung seiner Umgebung redlich verdienen. Denn es ist ein schönes und wenn auch nicht geradezu meisterhaftes, so doch sehr gelungenes Werk. Das Erstlingswerk eines vielversprechenden Talents. Der Meister, Karl Peckary, Professor an der hiesigen, nebenbei bemerkt, ganz trefflichen Gewerbeschule, ist ein sehr junger Mann. Er ist 1848 in Wien geboren.

Das Monument, welches sich in der Mitte des Platzes erhebt und so gestellt ist, dass die Austria auf die Stadt, welche zu ihren Füßen den Bergabhang bedeckt, herabblickt, hat eine Gesamthöhe von etwa 26 Fuß (8,2 m). Es besteht aus einem Postamente, einem Basrelief und der Hauptfigur. Das Postament ist aus Bukowiner Schleifstein, einem genügend widerstandsfähigen Gestein, welches, anfangs grau, später unter dem Einfluss der Temperatur einen satten grünen Farbenton anzunehmen pflegt. Das Basrelief ist aus Bronze, die Hauptfigur aus trefflichem, feinkörnigen Carrara-Marmor. Diese Verschiedenheit des Materials und darum auch der Färbung lässt das Werk ganz eigenartig, aber durchaus nicht buntscheckig, sondern ernst und würdig wirken. Die Farben einen sich glücklich und harmonisch.

Die Hauptfigur, etwa 7 ½ Fuß (2,37 m) hoch und aus einem prächtigen, 184 Zentner (9,2 t) schweren Marmorblock herausgehauen, ist eine Arbeit, welche volles und fast uneingeschränktes Lob verdient. Peckary hat die Austria als eine edle, schlanke, jugendliche Frauengestalt gefasst - schlanker und jugendlicher, als man die Figur gewöhnlich zu zeichnen und zu malen pflegt. Das Antlitz ist mehr lieblich als schön und hat den Ausdruck eines milden, hoheitsvollen Ernstes, der dabei fern von alles Düsterkeit bleibt. Die Züge sind durchgeistigt und schön belebt - in dieser Richtung unterscheidet sich das Werk des jugendlichen Meisters sehr glücklich von anderen Erzeugnissen moderner Bildhauerkunst. Die Gestalt steht schön und frei aufrecht und blickt sinnend vor sich hinab. Die Linke ruht, ganz leicht aufgestützt, auf dem Schild, auf welchem der Reichsadler prangt. In derselben Hand ruht das lorbeerumrankte Schwert. Die Rechte hält die Friedenspalme segnend über die Stadt gebreitet. Wie das Antlitz, so ist auch die Figur bei aller monumentalen Würde leicht und ungezwungen belebt.

Die Figur steht auf einem runden Sockel, um den sich ein Basrelief schlingt. Samt Deckgesims und Fuß aus Bronze ist das Basrelief etwa vier und einen halben Fuß hoch (1,42 m). Zehn, teils historische, teils symbolische Figuren, etwa drei Fuß (95 cm) hoch, sind darauf dargestellt. Das Basrelief, welches den Anschluss der Bukowina an Österreich behandelt, ist vortrefflich. Der Künstler hat jenes historische Ereignis durch folgende Figuren und in folgender Gruppierung vorgetragen: Maria Theresia, auf dem Throne sitzend, eine stattliche Frauengestalt mit majestätischen, porträttreuen Zügen, stellt die Bukowina (durch eine liebliche Kindergestalt verbildlicht) unter den Schutz der Austria, einer ernsten, anmutigen Gestalt, welche liebreich auf das Kind herabblickt. Am Throne der Kaiserin steht eine schlanke, stolze Mannesgestalt, Joseph II., als Mitregent, mit jugendlichen, gleichfalls ziemlich porträttreuen Zügen. Dies die Hauptgruppe. Daran schließen sich (im Gefolge der Austria) jene Gewalten, denen die Erwerbung gelungen: die geistige Gewalt (ernste Frauengestalt, der ein Stern über dem Haupte glänzt) und die materielle Gewalt (ein sehr, vielleicht etwas zu kräftiger Herkules mit der Keule), ferner die Figuren der Gerechtigkeit und der Geschichte, Themis und Klio*), endlich jene der Kunst und Wissenschaft. Sie sind paarweise zu einander in Beziehung gebracht und schreiten, wie erwähnt, gleichsam im Gefolge der Austria einher.

Auf der Hauptfront des Denkmals steht auf der großen Schriftplatte in deutscher Sprache: "Der Vereinigung der Bukowina mit Oesterreich." In den kleinen Platten sind die Jahreszahlen der Erwerbung und des Jubiläums eingefügt: 1775, 1875. Dieselbe Inschrift wiederholt sich auf der rechten und linken Seitenfront in ruthenischer und rumänischer Sprache. Auf der vierten Seite steht die Jahreszahl und der Name des Meisters: Professor Karl Peckary fecit.

Die Gerechtigkeit erfordert es, auch derjenigen zu gedenken, welche ihm als Hilfsarbeiter zur Seite gestanden. Die Hauptfigur wurde nach dem halb naturgroßen Hilfsmodelle von Peckary selbst in Marmor punktiert und ausgeführt von dem Bildhauer Carl Worak aus Wien. Architekt Carl Hofer übernahm nach einer Zeichnung des Meisters die architektonische Gliederung des Postaments, welches von dem Steinmetz Carl Hoffmann sauber ausgeführt wurde. Das Basrelief wurde nach einem naturgroßen Modell in der Gießerei von Carl Turbain zu Wien trefflich gegossen und ziseliert.

*) Themis, eine der Titaninnen, galt als Göttin der gesetzlichen Ordnung und des Rechts. Als erste Gattin des Zeus war sie Mutter der Horen (Göttinnen der Jahreszeiten) und der drei Moiren (Schicksalsgöttinnen). Sie wohnt mit auf dem Olymp und beruft hier auf Befehl von Zeus die Götter zur Versammlung, empfängt sie bei dem Göttermahle und hält auf Ordnung und Sitte, außerdem ordnet sie die Volksversammlungen und löst sie auf. Als Beschützerin über die göttliche und natürliche Ordnung kennt sie aber auch die Zukunft und verkündet sie den Menschen. Sie soll deshalb einst Inhaberin des delphischen Orakels gewesen sein. 
Klio
(die Rühmerin), eine der neun Musen, war die Muse der Heldendichtung und Geschichtsschreibung.



Karl Peckary hatte kein leichtes Schicksal. Er gewann den ersten Preis der anlässlich der 100. Wiederkehr des Todes von Mozart 1891 veranstalteten Ausschreibung für das Mozartdenkmal am Albertinaplatz (seit 1953 im Burggarten). Das von ihm eingereichte Modell war eine 68 cm hohe, 25 kg schwere, von Carl Turbain (siehe oben) gegossene  Bronzestatuette, die den dirigierenden Mozart stilvoll darstellt. Wie dies in Wien öfters der Fall ist (vergleiche die Geschichte des Renner-Denkmals im Rathauspark), wurde nach politischen Interventionen ein Freund und Kollege Peckarys, der damals sehr beliebte Viktor Tilgner (1844-1896) mit der Ausführung betraut. Nach einer Biographie Peckarys erkannte Tilgner, dass ihm zwar der Kopf, nicht aber die Figur Mozarts gelungen war, und erlitt noch vor der Einweihung des Denkmals einen Schlaganfall, an dessen Folgen er fünf Tage vor der Enthüllung verstarb. Peckary wiederum, der später in Graz das Kaiser-Josef-Denkmal geschaffen hatte, konnte die Schmach der Zurücksetzung nicht verwinden und nahm sich das Leben, wozu auch der Tod seines noch nicht ein Jahr alten Kindes beigetragen haben mag. 

Das Austria-Denkmal von Czernowitz wurde 1918 von den rumänischen Besatzern entfernt, der Torso der Statue tauchte jedoch im Mai 2003 bei Kanalarbeiten unter dem Betonboden im Hof eines Bankgebäudes (früher Gewerbemuseum) wieder auf.



Nach der Bergung
Nach der Bergung

Torso in situ
Torso in situ

beim Abtransport
beim Abtransport

Detail (Collane des Ordens vom Goldenen Vlies)
Detail (Collane des Ordens vom Goldenen Vlies)
Abbé Libansky und Barbara Zeidler, von denen die vier Fotos oben stammen, haben eine internationale Aktion gestartet, die die Bedeutung dieser Statue als Brücke zwischen den Völkern und Kulturen mit modernen Mitteln darstellen soll. Näheres findet sich auf der Website des Instituts für kulturresistente Güter.

Aktion Brücken:Schlag
Bild 'at'

Bild 'eu'

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Die wieder aufgefundene "Austria von Czernowitz" wird heute als historisches Symbol der freundschaftlichen Verbundenheit zwischen Wien und Czernowitz angesehen. Sie soll mithelfen, Brücken in die Zukunft zwischen der Ukraine, Österreich und dem westlichen Europa zu schlagen.  

Foto: Barbara Zeidler
Foto: Barbara Zeidler


Zehn Kopien der "Austria" traten Ihre Reise zur Bearbeitung durch internationale KünstlerInnen an. Nach Ausstellungen in mehreren mitteleuropäischen Städten sind die Repliken an der Universität Czernowitz auf Dauer aufgestellt worden. 

"Brückenschlag: die Czernowitzer Austria - politische Symbole und Identitäten in einem neuen Europa"

Zur Einstimmung: Neuere Ansichten zu (Ost)Mitteleuropa

Zwischen Russen und Deutschen eingezwängt zu sein, ist die historische Bestimmung Mitteleuropas. Die mitteleuropäische Angst schwankt historisch zwischen zweierlei Sorge hin und her: die Deutschen kommen, die Russen kommen. Der mitteleuropäische Tod, das ist der Tod im Lager oder im Gefängnis, ein kollektiver Tod. Massenmord, Säuberungen. Die mitteleuropäische Reise, das ist die Flucht. Aber woher, wohin? Vor den Russen zu den Deutschen? Oder vor den Deutschen zu den Russen? Gut, dass es auf der Welt im Notfall noch Amerika gibt.

Aus: Juri Andruchowytsch und Andrzej Stasiuk, Mein Europa, Frankfurt,  2004, S. 43  



Drachen und Greifen kommen aus den Bildschirmen und schweben durchs Zimmer, zwischen heiligen Öldrucken, kleinen Kreuzbildern, Erinnerungen an die Erstkommunion, Hochzeitsfotos und Plastikrosen. Dieses Bild hat mich schon immer fasziniert: »die Stars des Wrestlings«, »Magazin der Extremsportarten«, »Giganten des Surfings« wabern in Kunkowa, in Vapenik, in Panyok oder Antoniwka durch die Küche und dringen durch die Pupillen in die Gedanken einer siebzigjährigen Frau. Sie vermengen sich mit Litaneien und Gebeten, mit den Erinnerungen an fremde Truppen, die durchs Dorf zogen, sie vermischen sich mit der Erinnerung an die Zeiten, in denen man vom Frühjahr bis zum Herbst barfuss ging, mit Erinnerungen an das Elend und die Monotonie eines ein für allemal festgelegten Horizonts, mit einer Biologie, die es nicht gestattet, jemandem zu vertrauen, mit dem wir nicht durch Blutsbande verbunden sind, mit der Angst und Verachtung für alles Fremde, mit der Hühnersuppe an Feiertagen und Topfen, Brot und Milch das ganze Jahr über, in dem die Namen der Monate keine Veränderung bedeuten, sondern bloß gnadenloses Vergehen, wie es war am Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen. Ja, das lässt mich nicht schlafen, denn es handelt sich um das Geheimnis der menschlichen P.Diemle, vor allem der mitteleuropäischen dIEMle, deren Existenz nie endgültig bewiesen, deren Realität aber auch nie definitiv widerlegt wurde. Manchmal erscheint sie mir ganz körperlich, wie damals in Orlov oder Andrejovka, als ich aus dem Zugfenster kleine Jungen sah, die ein Rad mit Hilfe eines gebogenen Drahtes über den staubigen Weg trieben - das Spiel ihrer Väter und Großväter -, und etwas später sah ich genauso einen Reifen, an einem Baum befestigt, auf den jemand mit Ölfarbe die Buchstaben NBA gemalt hatte, und die Brüder der Jungen, die ich ein paar Kilometer vorher gesehen hatte, zielten mit einem Gummiball in diesen Reifen.Oder sie erscheint mir auch geistig und künstlerisch, wie an jenem neunzehnten August in Iwano-Frankiwsk, am Jahrestag der Unabhängigkeit, als auf dem Gehsteig ein Militärorchester spielte, das voll Inbrunst Melodien von Gershwin und Beethoven mit Volksliedern von den Steppen und Klippen vermischte, Rhapsody in blue und Märsche, die Ode an die Freude und Lehar und Legrande, und das alles innerhalb weniger Takte und ohne die Mundstücke auszuwechseln. Das war so schön wie die Zigeunerpaläste bei Konin und Kalisz, so schön wie Disneyland, wie die Eisrevue und all diese Dinge, von einer kindlichen Vorstellung geschaffen, die kaum imstande ist, das Vergangene vom Jetzt und von dem erst Kommenden zu unterscheiden, schön und geheimnisvoll wie das Denken einer alten Frau, das problemlos die Feuerprobe von zweiundvierzig Kanälen des Satellitenfernsehens besteht. Denn sie erhebt sich vom Tisch, räumt das Geschirr weg, bringt es zur Spüle und wäscht ab, so wie das ihre Mutter und Großmutter getan haben, und dann kniet sie vor ihrem Bett nieder und betet das Gegrüßetseistdumaria, als wäre nichts geschehen, als hätte die Fülle von Bildern, Körpern und Ereignissen sie gar nicht erreicht. Schließlich legt sie sich schlafen und wird nur von alten, erprobten Träumen heimgesucht. Die Welt ist eine Fiktion. Anders könnte diele keine Erlösung finden, weil sie zwar - so sagt man jedenfalls - unsterblich ist, aber doch vor Schreck absterben kann, um nie mehr zu erwachen.

a.a.O., 98 f. 


"Mitteleuropäer zu sein bedeutet: Zwischen dem Osten, der nie existierte, und dem Westen, der allzusehr existierte, zu leben. Das bedeutet, »in der Mitte« zu leben, wenn diese Mitte eigentlich das einzige reale Land ist. Nur dass dieses Land nicht fest ist. Es gleicht eher einer Insel, vielleicht sogar einer schwimmenden. Ja, vielleicht sogar einem Schiff, das den Strömungen und Winden East-, West und retour ausgesetzt ist. Die Richtungen der Welt grenzen, wie die Elemente, an die Symbole, die Allegorien, das fatale Konkrete. Auf dieser Insel oder auf diesem Schiff zu leben bedeutet, unablässig dem Wechsel des Wetters zuzusehen, die Insel von einem Ufer zum anderen abzuschreiten oder von einer Seite des Schiffes zur anderen zu gehen. Und wie bei einer reise nur an das Jetzt und an die Zukunft zu denken, weil uns die Vergangenheit nur rationale Warnungen von der Art» Wir wären besser zu Hause geblieben« liefert."

a.a.O., S. 141

Ich versuche, meine eigene Vorstellung von Ostmitteleuropa weniger mit logischen als mit lyrischen Definitionen zu verteidigen. Begriffe wie Territorium, Zone, Teil der Welt, Streifen, Terrain, Raum wirken dabei eher störend als hilfreich. Da ich aber keine anderen Worte habe, muss ich mich mit diesen begnügen.

Nach meiner persönlichen Vorstellung, Stand August 2005, ist Ostmitteleuropa also: 

- ein Territorium außergewöhnlicher historischer Belastungen, insbesondere massenhafter Deportationen und Umsiedlungen und sogar einiger Genozide;
- ein Raum, in dem das Gefühl von Ungerechtigkeit eine physische Kategorie vergleichbar dem atmosphärischen Druck ist, die in bisher noch nicht definierten Einheiten gemessen werden kann;
- eine Weltgegend, wo man völlig grundlos auf etwas stolz ist, worüberman sich grämen sollte 
- die Existenz zwischen Osten und Westen;- ein Streifen häufiger Wechsel von Staatsgebilden, eine erdbebengefährdete Übergangszone zwischen diversen Imperien;
- das Territorium zwischen den Russen und den Deutschen, bis zum 1. Mai 2004 - zwischen Russland und der Europäischen Union;
- der Raum, in dem die in der EU gestohlenen Autos und - zum Teil die von der EU gewährten Kredite spurlos verschwinden;
- die kleine Heimat der illegalen Arbeitskraft, des so genannten polnischen Klempners, und auch nicht nur aus Polen 
stammender Tänzerinnen, Stripperinnen und Huren;
- eine Exportzone menschlicher Organe und von ihren unbekannten Eltern verlassener Kinder;
- ein Territorium, in dem sich kulturell-genetische Einflüsse überschneiden, wo die Bauern noch Hüte tragen und die BäuerinnenKopftücher;
- ein Terrain überwiegend schlechter Straßen - in diesem Sinne eineeindeutig antirömische (außerrömische) Zivilisation;
- ein Terrain, wo sich entlang dieser schrecklich schlechten Straßenunbedingt Fußgänger bewegen, die irgendwelches Nutzvieh vor sich hertreiben;
- eine Weltgegend, die zu drei Vierteln slawisch ist, also unvermeidlich dem Genuss starker alkoholischer Getränke zuneigt;
- eine Region, in der bis September 1939 unter anderem noch ein mittelalterliches Deutsch, genannt Jiddisch, gesprochen wurde;
- ein Territorium, wo man immer noch Russisch kann, aber meist so tut, als könne man es nicht;
- ein Raum, in dem überhaupt zu viele Sprachen gesprochen werden, als dass man ihn als Raum einer wie auch immer gearteten gemeinsamen Identität, außer der babylonischen, begreifen könnte;
- ein Territorium, wo nicht nur die Esten die mit ihnen verwandten Ungarn nicht verstehen, sondern auch die Serben nicht die mit ihnen mehr als verwandten Kroaten;
- ein Territorium, wo keiner die Zigeuner versteht, weshalb sie nach Westen abwandern, in kleinen Musikgruppen - Akkordeon, Saxophon und Gitarre;
- ein Territorium, in dem keiner den anderen versteht, also ein dauerhaft vorübergehend besetztes Territorium;
- ein Territorium, wo immer jeder jeden versteht, wenn es um ein Stück Brot, eine Zigarette oder ein Glas Wein geht;
- ein Raum absoluter und chronischer existenzieller Unsicherheit, weswegen man ihn für äußerst religiös hält (auch er selbst hält sich dafür).
 
Juri Andruchowytsch in: Martin Pollack Hrsg., Sarmatische Landschaften, Frankfurt/Main, 2005, Seite 15 f. 



Zehn KünstlerInnen haben es unternommen,  die wieder aufgefundene Austria-Statue neu zu interpretieren.



Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Bernadette

(1962, AT)

A video Intervention and interaction with “Austria”. The projection surface is an allegorical female figure, a copy of a monument symbolizing “Austria" which was first erected on the main plaza of the capital of an occupied nation on the centennial of the date of occupation. Projections are performed from several angles, using diverse levels and orientations. The major axis of projection originates in the headless figure's interior and is cast on the ceiling or on an overhead panel, from below to aloft. Projected are men's heads personifying power, replacing the monument's missing head.



Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Karolina Kowalska ((1978, PL)

For political reasons nations are producing their allegories which are turning into national puppets...The sculpture is a kind of display stand, advertising Austria. The symbol of Galicia’s power was a cultural development. High culture and interest in art comes last in society...I am planning to turn the “Austria allegory” into one of these columns for posters. I am going to stick layers and layers of posters on the sculpture, to let the sculpture turn into a stand...It should be placed close to the gallery in a public space, and it should be used for sticking posters reminding the public of cultural events.


Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Abbé Libansky (1952, CZ/AT)

The empty cast of the Austria of Czernowitz stands in the space. A mighty construction – once the symbol for a powerful monarchy. Monumental, heavy and complex. Plaster, metal, wood and stone. Destroyed, dusty and corroded. And empty. What the content was - you must know. Or sense. Or interpret your own ideas into it.


Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Ilona Németh (1963, SK)

The plaster statue has been coated in chromium, creating a reflective surface.This surface disconnects the compactness of the statue; the change in the illumination creates new statues, hiding the original one. The surface reflects its surroundings, thus the statue becomes different at each exhibition, country, functioning as a site-specific object. This metamorphosis and, according to my intentions, the ”dissapearing” of the original torso, refers to the cultural, political, national etc. variegation that characterizes this area now and during the times of the Monarchy. Another question tackled is about what remained of the meaning of the statue today. Is there still any meaning left, or have these messages completely evaporized by now? The chromium surface intends to change the ways of communication of the statue, making it more contemporary.


Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Roza El-Hassan (1956, HU) & Anna Csörgö (1994, HU)

...The knowledge about the problems of extreme social discrepancies between Czernowitz, Vienna and Budapest as well as the postcolonial structures of arrogance can never be denied. At the same time the potential of art and music can be used not to think in categories – in order to place a postcolonial inquisitor with the impossible name ‘Austria’ and her stiff white body in a huge Music-Café like the Tüzraktar, to buy beautiful red-white buttons for her hairdress and enrich it all with Annas slightly japanese imagery…


Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Anna Sidorenko (1958, UA)

What is the fate of all Athenas, Aphrodites, Austrias today? They are turned into brands. To some cosmetics soap. For better marketing. ‘Bodylessness’ – marble – plaster – soap – Pheidias – Peckary – technology of copying – following that logic I cook and form the soap myself. There will be a lot of soap – as it is ultimatly a commodity. I exhibit it in shops on shelves that are mounted on a white wall. What is the fate of soap? It is washed away. Onto the soap, the white wall, on the Austria standing beside it I pour streams of water (video). The waters of time. I have not invented this. It has been around since the Ancient Greeks, since Heraklit & Company.


Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Bronislav Tutelmann (1950, UA)

The modern western society is unacceptable for some muslims. They demand a special status when they insist on special attention towards their religious feelings. This is not compatible with western democracy and the freedom of self expression...

For the realization of my project I chose the richly traditional rite named ‘Malanka’ from the Christmas/New Year period which is rooted deeply in the past but was interrupted for years by the communist regime. On the Soborna Square in Czernowitz on the spot where once the ‘Austria’ stood every year around Christmas a carnival takes place in the independent Ukraine. This event provided the impulse for the realization of my project. When people in costumes during carneval and in satirical forms of expression represent values and norms of the public morale these rites also execute ‘educational functions. I wish – in a postmodernist form – to integrate the Austria sculpture as a full member of the theatrical performance of the ‘Malanka’ and motivate an atmosphere of general celebration in the hope that Europe finds ‘its head’ which it once lost.


Foto: Abbé Libansky
Foto: Abbé Libansky

Matej Gavula (1972, SK) , Milan Tittel (1966 SK)

We plan to work with the untouched plaster torso, searching for the most unsuitable place in each exhibition space and placing the sculpture in there. This activity is meant as something between performance and installation. It will be happening under certain architectural conditions, special for each show.
The other part of the project also works with the torso, but in another way. We made a small scale (20 cm) model of plastics, multiple, a souvenir for sale. Small sculptures contain a vibrating mechanism inside, powered by battery. Our intention is to produce about 10 pieces of multiple for each show and offer them on a visible place, ideal would be a ticket seller table with catalogues and stuff like that, usually available in a gallery. We can discuss all details about selling later.


Viele Hinweise zum Thema Austria verdanke ich der Wiener Kunsthistorikerin Dr. Selma Krasa, deren Buch 2007 erschienen ist. Foto: P. Diem
Viele Hinweise zum Thema Austria verdanke ich der Wiener Kunsthistorikerin Dr. Selma Krasa, deren Buch 2007 erschienen ist. Foto: P. Diem

Bild 'krasabuch'


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Postkarte 1910


--> Zwei Personifikationen (MAK, Saal 1900)
Weltausstellung
Kunstausstellung 1898
Weltausstellung
Weltausstellung 1900

1917 Kriegsanleihe
Plakat 1917 - Quelle: Library of Congress

Austria Floh
Karikatur aus "Der Floh"


Redaktion und Fotos: P. Diem