!Die Symbole Wiens

!!Eine Landeshymne für Wien?

von __[Peter Diem|User/Diem Peter]__\\ \\

''Wien, Wien, nur du allein ... hast keine Hymne''


Um es gleich vorwegzunehmen: wenn es auf der Welt im Rahmen eines föderativen Staatswesens einen Teilstaat mit eigener kultureller Identität gibt, der __keine__ eigene Hymne braucht, so ist es Wien, __die Stadt der Musik__. Für Wien eine Landeshymne zu schaffen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Und dennoch hat auch der umgekehrte Gedankengang einiges für sich: wenn es auf der Welt eine Stadt mit eigener Landesidentität gibt, welcher auch __musikalisch Ausdruck__ verliehen werden könnte, so ist es Wien, die Stadt der Musik. Für Wien keine Landeshymne zu schaffen, klingt fast so, wie in München kein Bier mehr auszuschenken.\\ \\

__Der Donauwalzer__\\ \\ 



Man kann schließlich drittens der Auffassung sein, Wien habe mit dem __„Donauwalzer"__ ohnedies eine Hymne: zwar keine offizielle, aber eine umso tiefer im Volk verwurzelte. So hat schon __Eduard Hanslick (1825-1904)__, der bedeutende Wiener Musikkritiker und Musikhistoriker, den „Donauwalzer" ein „patriotisches Volkslied ohne Worte" genannt:



''Neben der Volkshymne von Vater Haydn haben wir in Strauß' „Schöner blauer Donau" eine andere Volkshymne. Diese uns allen eingeprägte Melodie sagt deutlicher und wärmer als alle Worte, was über das Thema Wien Schmeichelhaftes gesagt werden kann.''



--> Zit. nach: __Gottfried Heindl__, Die Welt in der Nuss oder Österreichs Hauptstadt. Wien 1972, 287



In der Tat, die Melodie des [„Donauwalzers"|http://www.johann-strauss.at/wissen/donau.shtml] ist so mit der Stadt Wien verwoben, daß es eine offizielle Hymne, würde eine solche beschlossen, sehr schwer hätte, das Werk von Johann Strauß Sohn auszustechen und auch nur einen Bruchteil der Popularität zu erlangen, die der „Blauen Donau" zukommt. Nicht umsonst erklingt dieser Walzer in den ersten Minuten eines jeden neuen Jahres im Österreichischen Rundfunk. __Hans Weigel__ geht noch einen Schritt weiter: In einem Büchlein über das Wesen des Walzers meint er, daß der „Donauwalzer" „eine österreichische Nationalhymne ist, weil er gespielt und nicht gesungen wird".



--> __Hans Weigel__, Das kleine Walzerbuch. Salzburg 1965, 88



Der „Donauwalzer", der ganzen Welt durch seinen verhaltenen Beginn, den langsam aufsteigenden D-Dur-Dreiklang, bekannt, entstand etwa 1867, einige Jahre nach der Hochzeit von __Johann Strauß__ mit __Henriette Treffz__, im Hause Praterstraße 54. Der Komponist betitelte ihn selbst mit „An der schönen blauen Donau" - eine Wortfolge, die er vermutlich aus den Gedichten des Budapester Feuilletonisten __Karl Isidor Beck__ kannte.



--> __Marcel Prawy__, Johann Strauß. Weltgeschichte im Walzertakt. Wien 1975, 173 ff.



Der __ursprüngliche Text__ begann mit den sinnigen Worten „Wiener seid froh, oho, wieso?"; sie waren die Einleitung zu einigen zeitkritischen Coupletstrophen über Hausherren und Juden, Maler und Börsianer aus der Feder des schriftstellernden Polizeibeamten __Josef Weyl__, der für den Wiener Männergesang-Verein die Texte schrieb. In einer Liedertafel dieses Vereins im __Dianasaal__ (die 1842 errichtete gedeckte Schwimmhalle des 1804 erbauten Dianabades konnte in einen Ballsaal verwandelt werden) erfuhr auch der „Donauwalzer" am 15. Februar 1867 seine Uraufführung. Das ellenlange Programm - fünf Stunden Satire und Parodie - wurde durch eine Pause unterbrochen. Das erste Stück nach der Pause war der „Donauwalzer". Er war kein rasender Erfolg - es wurde nur eine Wiederholung verlangt ! -, aber auch kein Durchfaller. Op. 314 war als Chorwalzer geschrieben worden, obwohl Strauß dem Wort stets misstraute. Denn: Strauß-Musik ist „__Musik an sich__" - sie will nur gespielt, nicht gesungen werden, um selbst wie Singen zu klingen. Zur weltweiten Bekanntheit des Walzers trug u. a. der Auftritt von Johann Strauß bei der __Pariser Weltausstellung 1867__ bei, wo er unter der Schirmherrschaft von Gräfin Pauline Metternich konzertierte. Im Herbst desselben Jahres dirigierte der „Walzerkönig" über sechzig Promenadenkonzerte im Londoner Covent Garden. Und sein Verleger Spina versandte viele Tausende Notendrucke des „Donauwalzers" in alle Welt. Die Popularität des „Donauwalzers" ist bis heute ungebrochen. Deshalb verwendet auch der ORF diese Weise als Kennmelodie für seine Hauptnachrichtensendung „Zeit im Bild". Daran ändert auch der eher kitschige Text des Herrn Oberlandesgerichtsrates __Dr. Franz von Gernerth__ nichts, der dem Musikstück 1890 unterlegt wurde:

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''Donau, so blau, durch Tal und Au,''\\ ''Wogst ruhig du hin, dich grüßt unser Wien,''\\ ''Dein silbernes Band knüpft Land an Land,''\\ ''Und fröhliche Herzen schlagen''\\ ''An deinem schönen Strand.''\\ ''Weit vom Schwarzwald her''\\ ''Eilst du hin zum Meer,''\\ ''Spendest Segen allerwegen,''\\

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''Ostwärts geht dein Lauf,''\\ ''Nimmst viel Brüder auf:''\\ ''Bild der Einigkeit für alle Zeit.''\\ ''Alte Burgen seh 'n nieder von den Höh 'n,''\\ ''Grüßen gerne dich von ferne,''\\ ''Und der Berge Kranz,''\\ ''Hell vom Morgenglanz,''\\ ''Spiegelt sich in deiner Wellen Tanz.''\\
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Nun, Wien hat also keine Landeshymne und hat doch eine, nämlich einen wunderschönen Konzertwalzer. Wenn die „Introduction" zum Donauwalzer geheimnisvoll erklingt, erhebt man sich nicht, um respektvoll still zu stehen, nein, man erhebt sich, um zu tanzen - falls man das Glück hatte, in Wien geboren zu sein und hier eine Tanzschule besucht zu haben. Denn erst dann beherrscht man auch den Linkswalzer und das „Einkreuzen", um nötigenfalls einen „Fleckerlwalzer" tanzen zu können. Diese positive Einstellung zum  „Donauwalzer" ist allerdings deutlich generationsbedingt, wie die Ergebnisse einer Umfrage bei rund 500 repräsentativ ausgewählten\\
Wienern zeigen:



Frage: Können Sie mir sagen, was die Wiener Landeshymne ist?\\
|| ||Donauwalzer|| anderes Lied|| gibt keine /weiß ich nicht
|14-19 Jahre|3| 6| 91
|20-29 Jahre| 0| 2| 98
|30-39 Jahre| 0| 3| 97   
|40-49 Jahre| 2| 2| 96
|50-59 Jahre| 10| 10| 80
|60-69 Jahre| 5| 10| 85
|70 Jahre plus| 7| 3| 90


--> __Quelle__: Integral-Telephonumfrage Wien, 15. 10. 1993, n = 476



So bleibt nur noch eine rein theoretische Spekulation am Schluss: Welches Lied - außer dem „Donauwalzer" - hätte überhaupt eine Chance, zur Wiener Hymne erhoben zu werden? Ist unter den Hunderten Wiener Liedern kein einziges, das dafür in Frage käme? Die Antwort ist ein eindeutiges Nein. 



--> Das einzige Lied auf weiter Flur, das ein wenig in die Nähe dessen kommt, was eine „Hymne der Stadt Wien" bräuchte, ist unseres Erachtens __Leo Lehners__ „Ich hab' dich lieb, mein Wien!", Text von __M. Klieba__:

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''Ich sing ein Lied zu deinem Preis,''\\ ''Du Stadt am Donaustrand,''\\ ''Mein Herz entbrennt in Liebe heiß,''\\ ''Und ist dir zugewandt.''\\'' Ob du im Frühlingszauber prangst,''\\'' Ob du nach Winterruh verlangst.''\\
Refrain:\\ ''Was auch die Welt an Schönheit hat,''\\ ''Mich lockt es nicht dahin,''\\ ''Ich hab dich lieb,''\\ ''du schöne Stadt,''\\ ''Ich hab dich lieb, mein Wien.''

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''Paläste stehn in stolzer Pracht''\\ ''Und buntes Leben schallt,''\\ ''Behüt dich Gott in seiner Macht,''\\ ''Dich und den Wienerwald.''\\ ''Mein Dankemporzum Himmelfleht,''\\'' Mein Lied erkling wie ein Gebet.''\\
Refrain:\\ ''Was auch die Welt an Schönheit hat,''\\ ''Mich lockt es nicht dahin,''\\ ''Für mich bist du''\\ ''Die schönste Stadt,''\\ ''Ich hab dich lieb, mein Wien.''
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[{Image src='Wien_lieb.jpg' border=1 width='411' height='600' popup='false'}]
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Das Lied ist im Dreivierteltakt geschrieben. Der Refrain beginnt jeweils im langsamen und endet im flotten Walzertempo - als Wienerlied muss das wohl so sein. Gut singbar ist „Ich hab dich lieb" aber nur für den ausgebildeten Sänger, der weder mit den Auflösungszeichen noch mit den hohen Noten am Schluss Schwierigkeiten hat.

["Ich hab dich lieb, mein Wien" abspielen|Wissenssammlungen/Symbole/Wien_-_Landeshymne/wien.mp3]

--> Eine Wiener Landeshymne, verfasst von __Prof. Walter Bäck__ und komponiert von __Herbert Ober__ wurde vom damaligen Bürgermeister Leopold Gratz (1929-2006, Bürgermeister 1973-1984) in Auftrag gegeben und zu seinem 50. Geburtstag erstmals aufgeführt. Auch wurde ziemlich zeitgleich eine Platte auf den Markt gebracht. Dies geht aus einer Aussage der Tochter Walter Bäcks, Ulrike Icha, hervor. Die Nachfolger von Leopold Gratz zeigten an diesem Projekt kein Interesse.\\ 

Bäcks ["Hymnus auf Wien"|https://www.youtube.com/watch?v=TmDGl5v9xtI] hatte sieben Strophen, hier der Text der ersten:

Stadt mit dem Bande unserer Donau,\\ 
ist dir auch vieles schmerzlich geschehn,\\ 
niemals versiegt für dich unsere Liebe!\\ 
Wien, lass die rot-weiße Fahne uns wehn!\\  

Der gesamte Text, die Noten und weitere Hinweise finden sich auf folgender Website:  [http://www.walter-baeck.com/Walter_Baeck_Hymnus_auf_Wien.html|http://www.walter-baeck.com/Walter_Baeck_Hymnus_auf_Wien.html]


--> Ein von der „__Presse__" auf Anregung des damaligen Gemeinderates __[Johannes Hawlik (ÖVP, 1945-2009)|Biographien/Hawlik,_Johannes]__ im November 1996 durchgeführter Wettbewerb brachte keine brauchbaren Ergebnisse.

--> Auch ein von der "Krone" in großer Aufmachung am 4. und 5. Juli 2014 angekündigter Wettbewerb verlief leider im Sand. 
Auch der Verfasser dieses Beitrags nahm an dem Wettbewerb der Kronenzeitung  als Dichter einer dreistrophigen Wiener Landeshymne teil. Er musste erkennen, dass es äußerst schwierig ist, überparteilich, zeitnah, singbar, nicht pathetisch oder schwülstig zu formulieren. Hier der nie veröffentlichte Entwurf:
[{Image src='Krone_Landeshymne.png' height='350' class='image_left' alt='Kronenzeitung, 4./5. Juli 2014' width='256'}]\\ 
Sei mir gegrüßt, mein liebes Wien,\\ 
Du Stadt am Donaustrand!\\
Für Fleiß und Herz und frohen Sinn\\
Bist weithin du bekannt.\\ \\
Hast viel erlebt, mein liebes Wien,\\ 
In Stürmen,  Freud und Leid, \\
Als alles schon verloren schien, \\
Hast du dich doch befreit.\\ \\
Bleib wie du bist, mein liebes Wien, \\
Mach deine Arme weit:\\
Bin dort, wo ich am liebsten bin\\
Bin dein für alle Zeit. \\

__Peter Diem__ Juli 2014\\ \\


So bleibt Wien, die Stadt der Lieder, weiterhin ohne ein offizielles Lied. 


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