Seite - 12 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
Bild der Seite - 12 -
Text der Seite - 12 -
Einleitung.
uis die einzige sich an das Gefühl wendende
Episode der Handlung ist, mit der unerbittlichen
.^arte eiucs Brutus gegenüber, Her Ticltter
zeigt uns, wie die verträumten Charaktere bei
alles Maß verlieren. In den drei großen Kaiser-
reden Nudc'Ifs, nu ersten, dritten und vierten
Ätt, feiert !'irillparzers tiefsinnige Gedankcn-
dichtuug ilire Triumphe - in dieser h>inficht ge
hören sie zu dem bedeutendste», was Grillparzer
geschaffen, Tie touseruative Welt- uud Staats»
Helden fpreche» läßt oder die Triumphe sei,,er
persönliche» Überzeugung ausspielt, mag dahin-
gestellt bleiben, Vcr 5)auptiuhalt des Tramas
ist der «auipf zwischen Rudolf uud seinem Bruder
Matlnas nm die .Herrschaft; dem letzteren fällt
slel>en auf seiner Leite, Ner Charakter des
über die dramatisch Cuergic der Tat vertreteu
foll, in i,ides uhue (^iröße, und so überwiegt im
Verlaus der Wandlung das .^istorienhafte,
We»u dies geschichtliche Schauspiel durch den
Cbaralter des >ia,fers, der ,^auptgestlllt des-
selben, iu mancher ,viuficht als e,u ^»edauleu
drauia betracl,tet werden kaun, so gilt dies nocl,
inchr von i/ibuffa, ?ie Heldin hat Clemens
Brentano zum Mittelpunkt eines wildroman-
tischen Schauspiels gemacht. In dem Grill-
parzerscheu Trama fehlt nicht nur jede wild»
dramatit ist eingefügt in eine reichhaltige
unerschöpflich«! Vorn Rückertschcr Brahmnnen-
weisheit erinnern, Nas dramatische Gefügc ist
locker genüge eiu waldfrisches Vorspiel, das uns
die erste Begegnung vou Libnssa und Primislaus
vorführt, bildet den ersten Att, ^- Tics drania-
tifche ^d»ll ist 1!-!i!» ani Burgthcater zum Besten
der bnrmln'rzigeu Schwestern aufgeführt wordcu,
Nieser ersic >>lkt kann allenfalls selbständig von
dem ^>au.',en loogelös! werden, Tassclbe gilt von
dem leltteu ?lti, eineui Nachspiel, welches nns
die >>>rüuduug Prags uud den Tod der ^ibussa
vorführt. In den mittleren Äufzngcn erscheint
die Heldin als eine Ärt von Turandot, utit ciucm
geheimnisvollen )!lätielspiel, da^ den böhmischru
Hvladilen vn'l »opi^-rbiecheu machte der Rätsel-
loser ist Primislaus, Tic Liebcsszenen zwischen
^erzeusbund der beiden, Nie romantische Ei»-
tleiduug Nat bisiveilen etwas Opcrnhastes, und
da^ >Neinod von ^ibusfas Gürtel spielt eine e,it°
scl,eid^ud>' '>>l.'IIe, wie sie tei»em bloßen Theater
requisit zuloinmt, ^>eben Libussa steht d>e ,i!!,a
zo»e»hafte H^auda, stehn ihre weltfremden, in
tiefsinnigen M»sti;ismus dahinlebenden Schwe-
stern, Ter Stil der Tichtuug ist bisivcilcn knapp und erinnert hier uud d.'rt au dcu
Htil des alternden Goethe im zweiN'n 3eil d.o
Faust, Toch ivenu lvir vou der Bühueuwirlimg
absehe», ist Libussa jedenfalls eine geistig be-
oenteude Tichtuug,
Mehr Theaterblut als diese beiden Ti>i,,,^i
hat die „Jüdin vo» Toledo", die sich auch aus
der Büh»e behauptet hat, besonders sei!d,,u ein
liervoiragender «ünstler wie Josef «ainz die
3iollc des >tö»igs i,i sriiüUepertl'ire ausge,,om,,,en
hat, Ein Drama von Lope de Vega lag dem
Stoff zugrunde, w.'lcheu der Nichter znnächst
seiner mittelalterlichen ^'esieud^iliaftigleit eui»
lleid^te. Bei '^ope de Vega is! die Heldin durch-
aus edel gehaben, »rillpar^rs I^ldiu isl >eu!'t-
fertig, totett, buhlerisch, oft lindifchi doch auch
der >!l.,,,ig empfindet leine tiefere leidenschaft-
liche ^leigung und man könnte sage», das; d.is
Trama dort ein blindes Fenster hat, wo sich uns
der Blick in die Zanbergärte» d.r .^'iebe lnitte
ciöf'nc» sollen, >^s handelt sich nur um das
^euteuer eiues jungen Jürsleu, deffc,, »'>e-
puult vertritt, daß die '^iebe eine Sünde sei,
welche nur durch die Hveilie der >lirche entsiwnt
werde, Tas tragische!,'>escl»c! der Iiidiu, die als
eiu ilpfer der Lhnchjnstiz fällt, welche die Stände,
aufgereizt durch die ilönigiu, au der M'ailreffc
des »öuigs verübe», i»ag Bedaner» er>ege,i,
aber es erbebt sich nicht zn tragischer Bedentnug,
Vorzüglich aber ist die Charalter^eichnnug, die
Heldin mit ihren profanen Gelüsten nnd die
>!öuigiu mit ihrer priestellicl,cu .ve,ligleit sind
i» >vil!i,iiue,i «oiitlast gestellt,
Ncr Trainatiter ('>ril!parzer gel,ör! mil feiue»
fchnsfcni doch uicht alle feine Gedichte !!>!!>>',,
Gnß nnd Fluß; manche loerdeu scln^eifällig
durch das Schwergewicht des Gedankens, das
sie zu sehr in die Tiefe ',iel>t, Eiuzelue haben
eiueu glücklichen B^nrf und schlugen anch zü,,deud
>"!, ^., ^ebieiteu des Tichlers U'areu sie nnr
teilweife in Tafchrnbüchern uud Tagesl'lältelü
erschienen, Joseph Weilen hat sie zneisi ',11
snuiniengestellt^ seitdem sind auch zahlreiche neue
lyrische Blätter uud Blüte» zuu, Vm'fchem ge<
lc'mmeu, ''.'iauches llufcrtigc uud Mißlunge,,e,
eiuer Voltsausgabe ausschließe,, zu müssen i als
Epigrammatiker aber ist »rillparzer l,e,vor-
ragcnd u»d schließt sich unfern beste,! Genien-
dichter» au; wir bringen feine Lyrik in neuer
Äuorduung uud Gruppierung, Was feine
dramatifchcn Iugeudvcrsuche und spätere Frag-
meute betrifft, so konnte es nahe liege» dieselben
gcui', auszuschließen; wir haben einige aufgc-
vielfach nmhcitastendcn, zuletzt durch Mißerfolge
iicl, uicltt entschließen konnte, manchen iu seinem
Pult liegende» Plan zu vollenden.
Von den Iugenddraincn haben wir ,,die
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515