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Tas ist »un einnial ein Stück mit einer voll-
komme» durchgeführten Intrige, Für »»!>
dürfte es freilich eine höchst wunderliche sei»;
die Spanier waren, zum Behuf ihres Ver-
gnügens, bereit, alles das anzunehmen, was
diefes Stück voraussetzt. Wie ja auch he»n»mge
ein Beiseite der Schauspieler, das man in der
den auf dem Theater nicht gehört wird, oder in
einer Nachtdckoration die Schauspieler auf dem
indes man im Parterre jede ihrer Bewegungen
wahrnimmt. Man nimmt also bci Lope de Vega
einen für den andern, trotz der Vcrschieoenlieit
in Gestalt und Stimme, Der körperliche Genuß
der verwechselten Liebespaare geht hinter der
Szene vor, ohne daß die Sittsamkeit es übel
uimmt, 2ns ärgste dürfte fein, daß die Prin«
zcjsin, nm ohne Gefahr für ihren Nuf des von
ihr geliebten spanische» Flüchtlings „zu ge-
nießen", ihr Fräulein Toriclea vorschiebt, so
daß Von Juan sich in letztere verliebt, und un-
wissend so das Verhältnis mit der Prinzessin
unterhält. Als endlich der als sein eigner
Botschaster verkappte König von Leon, der durch
ein Versehen die für Ton Juan bestimmte Ein-
ladmig der Prinzessin erhält, de» Vorschmack
der Ehe mit ihr genießt und sonnt de»» ihr
Gatte ist, lösen sich alle Verwickelungen, Toriclea,
die dem Spanier ein gleiches Stelldichein zuge-
dacht, gerät in die Arme ihres verschmähte»
Liebhabers; es werden nach Gewohnheit noch
mehrere Ehen für alle Anspielenden geschlossen,
und jedermann gibt sich mit dem zufrieden,
was der Zufall ihm zuführte. Nur der edle
Ton Juan hat die Gelegenheit versäumt,
Es ist etwas sehr hübsches in dieser Figur, die
getäuscht wird, uhue lächerlich zu werden. Auch
daß die Prinzessin, die bereit war, eine gefähr-
liche Unbesonnenheit zu begehen, durch Ver-
wecl'iluug einem töiiiglichcn Freier i» die Armc
geführt wird, hat etwas providenziell Aus-
gleichendes,
Na ist denn die Nomniitit mit ihrem ganze»
Nüstzeuge, Eine alles hintansetzende Liebe, See-
fahrt, Seeräuber, eine verschmähte Geliebte, die
als Mann verkleidet ihren Ungetreuen rettet,
aber auch sein neues Verhältnis stört und zer-
stört. Von vornherein will das Ganze nicht viel
sagen, aber mit der Ankunft i» England folgt
eine Neihe sehr guter Szenen, Tie Teutschen,
zu denen das Stück sich drauf hiuspiclt, komme»
als Nation nicht sehr gut weg. Gegen das Ende
schleicht fich das Absurde wieder ein, und die
als Manu verkleidete Clavela besiegt imGottes-
geiicht-Zweikampf einen ritterlichen Gegner, wo-
für ihr auch als Lohn der ungetreue Geliebte
zuteil wird,
Tie Grundlage von LopeZ Poesie ist das ^iärclie», und da>:> '^elnlel der ^lanl'e, '^u die
Wandlung ^prüuge macht, spring! ,w!we»dig
die Empfindung mit, '^Ider vo» ei,,ei» ,va!t
ruulie l'is ,;>,,» ander» entfalle, nc!> iei» gru!'',>'!,'
Natursiun; das einzelne ist 00» der
Walnheil, das Ganze mag so bunt sein, als es
will. Sein Neichtum zeigt su!> auch dari», das;
er seine Nebenpersonen nicht gerade ind,
ü>">, ilmen lU'er bewndere ^meieiie,, nü.
gibt, wodnrch selbst die Än^i»>l!;e»e» e^l,>e» »>,!>
'^en.'rg»»g be!u»i,»e», Lel>e»o,gleit nnd ,"i',Ue.
isl dec EyniaNer ieiner Pursie,
Ei»cs je»cr liederliche» Süicke, in dcuen
sonst Lupe de Vega,s ,^a»ptstär!e besteht, das
übrigens auch nichts weniger als leer ansgelit.
Eine alte »»pftleri», Teudura, die noch viel
idiger wäre, wenn nicht die berühmte,
<>>,>,'!,„a nls '.'.'l»ster vorgeschwebt hätte, Vazu
i!>r '.v,'»»del Fortuna, die, obgleich berett, sich anf
Besehl, ja aus Furcht vor ihrer sie vergotten,.
schüchtert, natürlich, ja unsilnildig ist, uaü ne
»»ter die besten Figuren gehört, die i» d!e>ee
Art je geschaffen worden sind, Sie geht dnrch
alle Hände, Der hanpt»ie!nn, der Fähnrich, der
diercude General geiiiesit ihre Gnnst nnd bezahlt
sie anch richtig, »wz» ihr die Alte auch eigens
einen leeren Geldbeutel umgehängt hat; der
vorher mit ihrer Mntter spreche,,, Ei»e Wirt»
stelle,dete L»cretia, welches Liebesgestäüdnio s,e
den» 'freilich gleich mit der Entwickelung n»<
fangen möchte i dazu »u» der Gala» Eastrucho,
ein Lump, Spieler, Liigner, ^r.ilUe», >l»pp!cr,
der die beide» Weiber, nötigenfalls selbst dnrch
die Gewalt der Fäuste, in Unterwürfig!
Er jagt die schöne Fortuna, die er selbst nntee
meinen ^a,,dgen!cnge als wirtlicher Ärsi!)er.
übrig bleibt 5 ja später, von den drei Mart in
föhnen gedrängt und vom PraMer ^,»i Feigen
geworden, verspricht er jedem ihre» ü'
er denn dem Fähnrich und Sergeanten ihre
eigenen verlassenen Geliebten, dem »ixptman»
gar die alte Teodora unterschiebt; diese beiden
verlassenen Soldatcnfreundinneu sind der Armee
nachgereist nnd befiude» sich, beide als Pagen
verkleidet, im Hause Teodoras, Es ist viel«
leicht die unsittlichste Szene des spanische»
Theaters, daß, nachdem die Offiziere sich mit
dein gehabten Genusse zufrieden erklärt habe»,
Eastrucho voraussetzt, sie hätten Knaben Gewalt
getan, und sie gar darüber gerichtlich zu l>>
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik