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2. Zur spanischen Literatur. 281
die den Plan darauf baut, sich bei Gelegenheit
der Geliebte» unterzuschieben und durch eine
der Person ihres, gleichfalls
sinnVerwcttislnng
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lichen, Wunsches teilhast zu werden. Das ver-
gißt aber Lope de Vega fpäter, oder es gereute
ihn, eine bei ihm so oft vorkommende Vcr-
li'ulelung auch hier anzuwenden. Wenigstens
wird im Laufe des Stückes nichts mehr daran
angeknüpft, Mittlerweile aber hat das Volt
von Genua etwas von den Untcrwcrfungsplänen
des Senates genierlti sic en,po>e,i siä, uud ver-
treibe» den Ädcl, Tarunter auch den Gatten
Alexandras, der aber Gelegenheit findet, vo»
Zcit zu Zeit heimlich zurück^nlelne» uud seiner
Frau im Lauf des Stückes drei Kinder zu ver-
fertigen. Nur ilttavio !ueiß sich durch Achscl-
trägerei dem allgemeinen Verbaunungsurtcile
zu "ent',iel,en, ja als später der König von
Frantreich die Stadt belagert und auszuhungern
beschließt, ist Ottavio der einzige, der sein 5)aus
zu,» >lastell umgestaltet und, als der Hunger
schon in der Stadt wütet, allein mit allem
Nötigen im Überfluß versehen ist. Auch im
5>nise Aleranderc-, die inzwischen alle Be-
werbungen Ottavios zurückgewiesen hat, steigt
sie, läge nicht gar so viel, weil er denn doch
schon alt nnd hinfällig sei, aber ihre Kinder will
sie retten, 3ie nimmt daher den Rat der
bändigte Marccla einstimmt, obwohl mit Wider-
willen, an, bei Ottauio um Nahrung zu bitten.
Ihr Pater gibt ihr einen Dolch auf den Weg,
seine Hilfeleistung begehre, nur frischweg ins
Herz stoße» möge. Sie kommt an, Ottavio wird
von ihrer Lage gerührt, er hält mit allen seinen
und beschließt cudlich, seincu Gelüsten Zaum
übertriebensten Maße bcizuspringen (worunter
auch hunderttausend Dukaten Uoi'ttnnnien > und
die Großmut dieses Genuesers,
?,e 3l>idt wird eingenommen. Der vom Volk
zum Herzog gewählte Färber, der die vcrnünf-
!:>>>!,' ^'lw>, i,,, stucke ist, hingerichtet, Alexandra
erhält ihren ballen, Marccla gibt fich zu er-
kennen und wird mit dcm großmütigen Genueser
vermählt,
Ls hat wohl uoch keiueu'Dichter iu der Welt
,1,>1> Ivn, l'e, dem die höchste poetische Begabung
mit der leichtsinnigsten Schlendcrei so Hand in
Tac- >>andwerk trng wahrscheinlich wenig eiu^
das Vcrseinachen war ihni zum Bedürfnis ge-
worden, der Begehr nach neueu Stücken Ivar
groß, uud so überließ er dcuu der Stimnning
und de,,, ^ufall, ob die iu Gang gesetzte Scheibe
eine Vase oder eine,, >lri!g hervorbrachte. Da ist nun Lope in seinem Elemente, und
er schwimmt darin wie ein Fisch im Wasser,
wenigstens in der ersten Hälfte des Stückes,
Line liederliche Lagerwirtschaft, Spanische Sol-
^lünderung versprochen wird, ja der ärgste
,'!ra!e!,ler ist zum Schluß der Tapferste der
Tapfereu, Sie murren über Mangel an Sold,
hei, da der Feldherr Geld braucht, Viue
Spanierin, Marcela, ist ihrem Geliebten in
M'ännerklcidern gefolgt. In dieser Verkleidung
sticht sic eiucm dicken, flamändischen Weibsbilde,
Aynora, in die Augen, die ein plumper Deut»
scher, Bisanzon, aus der Beute von Antwerpen
entgegen und sagt ihr in einer Szene die unglaub-
lichsten Schwcinigelcien, wogegen die Flamän-
derin immer iu den Grenzen des Auslandes
bleibt, ja empfindsam wird, nur daß sie in be-
zug auf das Körperliche die Schwachheit hat,
Prügel uud Ohrfeigen werde» auch zu den
Liebcsbezeugungen gerechnet. Besonders frei»
gebig mit letzteren ist Ton Lope de Fignerra,
einer der Anführer, der, trotz seiner schlechten
Zeltgenossin, aber später mit der ganzen Will«
sährigteit, da sie erfahren hat, daß ihr geliebter
Mareela ein Weib, wie sie sei. Sogar Flamän-
disch oder Teutsch wird in dcni Stücke gesprochen,
in der letzten Szene des ersten Aktes nämlich,
wo Marccla, nachdem sie Ayuora an Ton Lope
verhandelt, ihrem Geliebten sagt, sie wolle seine
Flamänderin sein.
Ävie nachlässig Lope seine Stücke schrieb und
auch daraus hervor, daß, als das erstemal von
der Flamänderin Nynora gesprochen wird, dies
unter dein Namen Scrafina geschieht.
Das Stück hält sich in bezng anf die Per-
sonen gleich gut bis zum Ende, nur kommt so
>'cht uud Sturmlanfcn vor, daß es für
uns. etwas Puppenspielmäßiges erhält. Zur
Zeit dcr Aufführung mochte das anders beur»
Der erste Akt ganz vortrefflich, Meister«
haft geschriebeu. Der Herzog eiu Fürst iu der
edelste» Bedeutung, Wie wohlwollend seine
Neigung zu Tou Cäsar, wie zart im Ausdruck
und der Vorsorge für ihu. Andererseits die
'U>el,i!!>!!0>ie Läsars mit ihrer unbekannten Ur-
sache, liebenswürdig und gewinnend, Ter Her-
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik