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204 Krabben und Wasserspeier. — Beschlägausläufer.
eigentümlichen, gewissermafsen zum Sitzen im Stehen angebrachten,
konsolenartigen Bildungen der sog. Misericordia des öftem krabben-
artig gestaltet.
Auch die Metall-, besonders die Schmiedeisentechnik bringt das
Krabbenomament, dem Material entsprechend verändert, zur An-
wendung. (Taf. II6. II —12.)
Im Gegensatz zur heutigen Methode, die das Regenwasser, das
von den Dächern der Bauten zusammenläuft, in Kanälen zur Erde
leitet, wurden während des Mittelalters und der Renaissance die
atmosphärischen Niederschläge direkt unterm Dach durch langgestreckte
Wasserausgüsse in die Luft entleert. Diese Ausgüsse, welche die
Antike in der Form von Löwenköpfen und ähnlichem auch schon
verwendet, heifsen Wasserspeier. Diese Wasserspeier, in der kirch-
lichen und monumentalen Kunst aus Stein, beim Wohnhaus meist
aus Blech gebildet, sind entweder architektonisch verzierte Rinnen
(Taf. II6. 14) oder (und hierin hat die Gotik Erstaunliches geleistet)
in derbkomischer Weise behandelte Menschen-, Tier- oder Phantasie-
gestalten, deren Mund- oder andere Leibesöffnungen die natürlichen
Ausgüsse bilden.
Ein reichhaltiges Material an Krabben und Wasserspeiern giebt
Raguenet in seinen »Materiau.x et documents de l'architecturec.
Tafel 116.
I—2. Vorder- und Seitenansicht einer einfachen gotischen Krabbe.
Kathedrale zu Amiens, restaur. von Viollet-le-Duc. (Raguenet.)
3. Gotische Krabbe aus dem 14. Jahrhundert.
4. Modem-gotische Krabbe von Bildhauer Martrou in Paris.
(Raguenet.)
5. Gotische Krabbe vom Dom zu Mailand. (Raguenet.)
6. Armlehne vom Chorgestühl der Kathedrale zu Salisbury.
(Raguenet.)
7—10. Armlehnen vom Chorgestühl des Klosters Maulbronn.
11 — 12. Schmiedeiserne Ranken gotischen Stils. Soytersche Samm-
lung in Augsburg.
13. Wasserspeier nach Viollet-le-Duc. Eglise d'Eu. (Raguenet.)
14. Wasserspeier vom Glockenturm von St. Semin in Toulouse,
restauriert von Viollet-le-Duc. (Raguenet.)
15. Wasserspeier von der Kathedrale in Meaux. (Raguenet.)
16—17. Wasserspeier von der Apsis der Kirche S. Eustache in Paris.
(Raguenet.)
Beschlägausläufer. (Tafel 117.)
Das Mittelalter und nach ihm die Renaissance haben die formale
Durchbildung des Beschlages in vollendeter Weise erzielt. Es sind
Handbuch der Ornamentik
Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Titel
- Handbuch der Ornamentik
- Untertitel
- Zum Gebrauch für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen
- Herausgeber
- Franz Sales Meyer
- Ort
- Leipzig
- Datum
- 1937
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.6 x 15.7 cm
- Seiten
- 628
- Kategorie
- Kunst und Kultur