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strenge Regelrichtigkeit der Anordnung stört. Die quadratischen, an den Kanten abgeschrägten
Pfeiler, welche die Schiffe trennen, haben doppelte, höhere Sockel und einen aus schmaler
Hohlkehle, Rundstab und Leiste bestehenden Fuß; das fehlende Kapital ist durch gleichfalls
einfach gegliederte, uach unten gekehrte kegelförmige Consolen mit Deckplatte ersetzt, auf
welchen letzteren die einfachen Gurten und Rippen des stumpf spitzbogigen Gewölbes
aufstehen. Die aus den Wänden der Seitenschiffe vorspringenden Halbsäulen haben
doppelten Sockel, attischen Fuß und Laubkapitäle in französischer Art. Diese letzteren
bilden den einzigen gemeißelten Schmuck des Kircheninnern. Das gothische Element
ist im Innern durch Gurten und Rippen, außen aber durch die an der Westfront, sowie
an den Ecken des nördlichen Krenzarmes und des Chorabschlnsses ansspringenden, sich
stufenweise verjüngenden Streben vertreten. Dazu wäre noch das Radfenster des West-
giebels zu zählen. Auch die beiden Arme des Querschiffes und das Chor haben an ihren
Giebeln jedes ein Rnndfenster, doch haben diese keine Speichen und ihre Laibuug ist
mit Rundstäben verziert. Die übrigen Fenster sind ruudbogig, mit glatter Laibnng. Der
Rahmen des schichtenweise aus rothen und grünlichen Quadern gebauten Hauptportals
ist durch mehrere Stäbe und Kehlen, seine Laibnng auf jeder Seite durch drei Säulen
gegliedert, das Bogenfeld mit einem von schwungvollen Ranken nmwuudenen Blätterkranz
umschlungen. Diese Blätter nud die Laubkapitäle an den Säulen und Stabgliedern des
Portals bilden den schönsten gemeißelten Zierat des Gebäudes. Die Unbilden der Zeit
haben die eine Seite des Portals ihrer Säulen beraubt, auch der obere Theil der Giebel-
mauern hat Änderungen erlitten und die Gewölbekappen siud neu, doch hat das Gebäude
bei alledem seinen ursprünglichen Zustand ziemlich unberührt bewahrt. Sein jetziger
Besitzer, das Erlauer Priester-Seminar, hat, dem Muster früherer Ausbesserungen folgend,
die Außenseite der Kirche gleichfalls verputzen lassen, doch hat sich ein Theil des Putzes
alsbald wieder losgelöst, so daß man stellenweise die farbigen Quadern sehen kann.
Die einstige Propsteikirche zu Kirchdrauf (Szepes-Väralja), seit 1776 bischöfliche
Kathedralkirche, hat ihren romanischen Charakter nur zum Theil bewahrt. Viele haben
schon nach der Vergangenheit dieses interessanten Bauwerkes geforscht, doch war es bisher
nicht festzustellen, wann uud uuter welchen Verhältnissen es entstanden ist. Soweit seine
Geschichte bekannt geworden, gleicht sie im Allgemeinen der Geschichte jener Kathedralen
jenseits der Donau, die zur Zeit König Böla's III. (1172—1196) wieder hergestellt wurden.
Auch hier war das Haus Gottes zuerst irgend ein primitiver, gewiß hölzerner Bau. Gegen
Ende des XII. Jahrhunderts, als die hieher eingewanderten Sachsen sich schon stark vermehrt
hatten, entstand an Stelle der alten Kirche eine zweithürmige und dreischisfige romanische
Basilika, ähnlich wie in Gran. Diese Kirche wurde nach dem Tatarensturm um das Jahr
1250 wieder aufgebaut. Später, bei noch vermehrter Bevölkerung, wurden die Gläubigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch