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Durften auch die Tauben
Schnäbeln froh und girren.
Jetzo würgt das Raubzeug,
Todteuvogel wimmert, Kommt herbei, ihr Falken!
Rührt den Fittig muthig!
Laßt nicht Tauben morden
Von den Mördern blutig!
Schweigt und schweigt bekümmert.
Tänbchen hockt im Winkel,
Mit schönen, patriotischen Liedern wurde die slovakische Volksdichtung auch in der Zeit
von 1848 bis 1849 bereichert. Sie verbreiteten sich im slovakischen Volke besonders durch
Mäcsays Zeitung ,?iiatel Den historischen Liedern wären schließlich die zahlreichen
Korteslieder beizuzählen, die aus Anlaß der Wahlen zu Hunderten zu entstehen pflegen.
Die slovakischen Volkslieder wurden schon im zweiten Zehntel dieses Jahrhunderts
durch Paul Safar ik gesammelt; später (1834 bis 1835) gaben noch Johann Kollär
nud Samuel Daxner ähnliche Sammlungen heraus. Vor Kurzem hat in Turöcz-Szent-
Marton eiu Lieferungswerk ,3Iovenskö spev)'" zu erscheinen begonnen, wo mit den
Texten auch die Melodien mitgetheilt sind. Die Kisfalndy-Gefellschast gab 1866 eine
Auswahl slovakischer Volkslieder in ungarischer Übersetzung heraus; diese liegen anch den
obigen Verdeutschungen zu Grunde.
Der häufigste Stoff der slovakischen Volksmärchen ist die Sehnsucht uach Besitz:
vergrabene Schätze, tief unter Burgruinen verstecktes Geld, der berühmte Räuber Jänosik,
der dem Reichen einen Schatz raubt und ihn dem Armen gibt n. s. w. Immer wieder
werden diese Dinge erzählt. Nur an gewissen Tagen des Jahres kann man die vergrabenen
Schätze heben, die tief im Erdenschoße verborgenen Kessel voll Gold- und Silbermünzen
an's Tageslicht befördern, und der Erzählende theilt mit, wegen welcher Hindernisse oder
Versäumnisse es diesem und jenem nicht gelungen, sich in den Besitz des kostbaren Schatzes
zu setzen. Vom Räuber Jänosik, der nach der Überlieferung zur Zeit Maria Theresias
gelebt haben soll, erzählt sich das Volk noch heute eine Menge Geschichten. So viele Höhlen
es in den Bergen der Kleinen Fatra und der Großen Tatra gibt, fast an jede knüpft sich
irgend eine Sage über den berühmten Räuber, der dieses Leben eigentlich nur geführt habe,
um die Armen vor der Willkür der Reichen zn schützen.
Die slovakische Volksdichtung hat auch abergläubische Feenmärchen. Feen, Zwerge,
Hexenmeister (Zauberstudenten), neun- bis zwölfköpfige Drachen, auf Besenstielen reitende
Hexen, verwunschene Prinzessinnen spielen darin die Hauptrollen. Der Schauplatz ist
gewöhnlich eine auf Elsterfüßen stehende Burg, ein goldener oder silberner Wald, ein
gläserner Berg, eine Höhle mit goldenen Wänden und dergleichen mehr. Fast überall spielen
die Zahlen 3 und 9 oder 12 nnd 24 eine Rolle. Auch über die alten Burgruinen weiß
das Volk viel zu fabeln, nnd ebenso über diesen und jenen abenteuerlich gestalteten Felsen,
den sie für nichts anderes halten, als für die versteinerte Hauptperson eines solchen Märchens.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch