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schen gekommen sey. Willig war die edle Seele, die eigene Freude
dem allgemeinen Wohle der Mitmenschen aufzuopfern; oder vielmehr:
das allgemeine Wohl der Menschen verschaffte ihr viel größere Freu:
de, als die eigene Lust, und der eigene Vortheil. Es that ihrem
liebevollen Herzen wehe, wenn auch die sinnlichen erlaubten Freuden
der Mitmenschen vermindert oder gestört wurden; davon überzeugt
die angelegene Sorge, die sie bei der Hochzeit zu Kana wegen Ab-
ganges des Weines hatte. — Wären alle Menschen so gütig und
liebevoll gegen ihre Mitmenschen, — o, wahrhaftig, wir hätten
den Himmel auf dieser Erde schon !!
Einige Aeußerungen, die in den heiligen Evangelien vorkommen,
lassen uns glauben, daß Maria nicht beständig bei Jesus, nachdem
er sein öffentliches Lehramt angetreten hatte, gewesen, sondern, we-
nigstens bis zum Tode Josephs, in Nazareth geblieben sey. Indes-
sen war sie doch die erste und getrcueste Schülerin des göttlichen
Lehrmeisters. In ihrer reinen und gottesfürchtigen Seele fand der
Samen der himmlischen Lehre ein ganz vollkommenes Erdreich. Durch
die wundervollen Ereignisse, die sich an ihr früher schon begeben hat-
ten, war sie zur ersten und vorzüglichsten Anhängerin des göttlichen
Reiches, welches dcr Messias stiften sollte, eingeweiht. Lebendig
war ihr Glaube, und ganz innig ihre Liebe; daher ihre großen Voll-
kommenheiten, die wir in ihrem Lebenswandel bewundern.
Maria hatte während der letzten drei Lebensjahre ihres göttli-
chen Sohnes manchen Anlaß zur herzlichsten Freude; aber auch schwere
und harte Leiden bestürmten ihre Seele. Die reinste Seelenfreude
verschaffte es der göttlichen Mutter, wenn sie sah und hörte, daß
bald da, bald dort sich ein gutes Herz dem Messias hingab, und
seine himmlische Lehre aufnahm. Mit unbeschreiblicher Freude freute
sie sich dcr Liebe und Anhänglichkeit dcr Apostel und Jünger an ih-
ren göttlichen Meister im Geiste voraussehend die Verbreitung des
ewigen Heils, welche durch sie in aller Welt erfolgen sollte. Un-
aussprechliches Vergnügen empfand ihr liebevolles Herz über den Anblick
so vieler Unglücklichen, Krüppclhaften und Kranken, welche von Jesus
Trost, Gesundheit, und die so köstliche Seelenruhe empfangen hatten.
Die liebevolle Mutter gönnte ihrem geliebten Sohne auch das irdische
Lob, die Ehre, welche ihm öfters zu Theil wurden; aber den größten
Seelenjubel verschaffte ihr der wirkliche Anfang und die Verbreitung
des ewigen Reiches Gottes auf Erden zum Heile dcr Menschen.
So viel und schwer die Leiden waren, welche die heilige Got-
tesmutter trafen, so groß war ihre Geduld, so bewunderungswürdig
ihre Ergebung, die sie in jeder Trübsal und in allen Leiden zeigte.
Wehe that es dem zärtlichen Mutterherzen, schen und hören zu müs-
sen, daß Jesus, ungeachtet er der Heiligste und Unschuldigste war,
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen