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Am 21. September. 115)
wie es Matthäus war, konnten demnach die Person, die
Lehren und die Thaten Jesu nicht unbekannt bleiben, und eben deß:
wegen darf es uns nicht befremden, noch weniger dürfen wir den
Apostel des Leichtsinns beschuldigen, wie es in den ältesten Zeiten
Julian und Porphyr gethan haben, wenn wir ihn so schnell dem
ersten Rufe Jesu folgen sehen. Nachdem Jesus einen Gichtbrüchigen
gesund gemacht hatte, verließ er die Stadt Kapharnaum, und wan:
delte an dem See Genesareth hin. Nahe an dem Wege, auf wel-
chem er ging, befand sich die Zollstätte des Matthäus. Hätte Jesus
nach dem Sinne der Pharisäer handeln wollen, so hätte er an der
Zollbudc, ohne mit dem Zöllner auch nur ein Wort zu reden, vor-
über gehen sollen. Allein er ging zu derselben näher hinzu, sah
den Matthäus mit einem liebevollen Blicke an, und sagte mit seiner
gewohnten Freundlichkeit nur die Worte: «Folge mir nach!" Kaum
hatte Matthäus diesen Ruf gehört, als er sogleich von seinem Sitze
aufstand, seine Zollbank verließ, und dem rufenden Heilande folgte.
Jesus kannte den Matthäus, darum berief er ihn zu seiner Nach-
folge; Matthäus kannte Jesum, und ward bewegt von höherer Gnade,
darum folgte er ihm. Der selige Beda sagt sehr schön: .)Derjenige,
der ihn äußerlich durch sein Wort berief, hat ihm zugleich durch die
innerliche Salbung seiner Gnade das Herz gerührt."' Einen freudi:
gern, ehrenvoller» Ruf konnte Matthäus nicht hören, einen schnelle-
ren Gehorsam nicht leisten, und den Rufenden nicht besser, als durch
diese schnelle Leistung ehren. Wäre Matthäus so gewinnsüchtig ge-
wesen, wie man die Zöllner durchgehends dafür hielt, so würde er
nicht einem so einträglichen Amte entsagt haben, und so schnell und
freudig der Einladung Jesu gefolgt seyn. Hätte er nur geglaubt,
daß es Jesus sey, der rufe, wäre aber nicht gefolgt, so würde er
unter die vielen Trägen gehören, die schon zufrieden sind mit einem:
->Ia Herr! ich glaube/- Nun ist er aber einer von den wenigen
Thätigen, die sagen können: „Sieh Herr! ich handle/- Er stand
auf, um seine Zollbank zu verlassen, und ging, um dem rufenden
Jesus zu folgen. Sich aufmachen, sich erheben über das, was uns
die sündhaften Neigungen sagen, sich hingeben dem, was zu uns
das Gewissen und Jesus ruft, das heißt seinen alten Sündenstand
verlassen, und in einen neuen, bessern Stand eintreten.
Die Pharisäer steckten in einem großen Vorulthe>le, daß sie alle
Zöllner ohne Unterschied für böse Leute hielten. Matthäus war es
nicht, und außer ihm gab es unter den Zöllnern gewiß auch noch
mehrere Andere, die wenigst viel besser, als die Pharisäer waren.
In keinem Stande befinden sich lauter gute, aber auch in keinem
lauter böse Menschen, und es ist deßwegen recht thöricht, wenn wir
einen Menschen nur allein nach seinem Stande beurtheilen, sehr un-
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Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen