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22<» Der heilige Polykarpus, Bischof und Märtyrer.
welches doch nur eine kurze Weile brennt, und dann erlischt, weil
du nicht kennest jenes Feuer des künftigen Gerichtes, und der ewigen
Strafe, welches den Bösen aufbewahrt bleibt. Aber was zögerst
du.^ Lasse kommen, was dir beliebt!"
Indem Polvkarpus dieses und noch mehr anderes sagte, wurde
er mit Zuversicht und Freude erfüllt. Die Fülle der Gnade Gottes
leuchtete aus seinem Angesichtc. So wenig ließ er sich durch das,
was ihm gesagt wurde, niederschlagen, daß vielmehr der Statthalter
die Fassung verlor, und seinen Ausrufer mitten ins Amphitheater
schickte, und dreimal ausrufen lies;: „Polykarpus hat bekannt, das;
er ein Lhrist sey." Als der Ausrufer dieses ausgerufen batte, rief
das Volk der Juden und der Heiden mit unbändigem Zorne, und
mit lauter Stimme: „Dieser ist der Lehrmeister in Asien, der Vater
der Christen, der Zerstörer der Götter, der Viele lehrt, daß sie we-
der den Göttern opfern, noch sie anbethend verehren sollen." So
sprachen sie, schrieen, und baten den Asiarchen Philippus, daß er
einen Löwen auf den Polykarpus loslassen solle. Philippus ant:
wortete, daß er dieses nicht thun dürfe, weil die Kampfspiele schon
vollendet seyen. Da riefen sie alle auf einmal: Polykarpus soll
lebendig verbrannt werden! Denn es mußte das Gesicht erfüllt
werden von dem brennenden Kopfkissen, welches er bethend gesehen,
und darauf zu den Gläubigen, die um ihn waren, gesagt hatte:
„Ich soll lebendig verbrannt werden."
Nun geschah alles schneller, als es Worte erzählen können.
Das ganze Volk trug aus Werkstätten und aus Badern ,öolz und
8il'iscr herbei, und die Juden waren, wie sie bei solchen Gelegenhei-
ten immer sind, sehr eifrig in emsiger Mithilfe. Als der Scheiter-
haufen fertig war, entkleidete sich Polykarpus, legte den Gürtel ab,
und bemühte sich nun auch die Schuhriemen aufzulösen, welches er
zuvor nie zu thun pflegte, weil immer jeder der gegenwärtigen Gläu-
bigen gcwctteifert hatte, seinen Leib zu berühren; denn seines heili-
gen Wandels wegen war er, auch ehe er graue Haare hatte, von
jedem Rechtschaffenen in hohen Ehren gehalten. Jetzt wurden ihm
die beim Verbrennen üblichen Werkzeuge (ein Kleid mit Pech über-
strichen, und Stricke zum binden) angelegt. Als sie ihn aber fest-
nageln wollten, sagte er: »Lasset mich so. Der mir Starke gibt,
das Feuer zu erdulden, der wird mir auch Kraft geben, ohne euere
Nägel unbewegt auf dem Scheiterhaufen zu stehen." Sie hefteten
ihn nun zwar nicht mit Nägeln an, banden ihn aber mit Stricken
fest. Er hielt selbst die Hände über den Rücken zusammen, um sich
binden zu lassen. „Gleich einem ausgezeichneten Widder aus einer
großen Heerdc, der dargebracht wird als ein zubereitetes, Gott an-
genehmes Brandopfer, stand er da, blickte gen Himmel und sprach:
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen