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Am 29. Mm. 209
vor sich führen, um ihn durch gerichtliche Behandlung in Schrecken
zu setzen. Allein er überzeugte sich bald, daß der Knabe nicht so
leicht erschreckt werde: indem dieser ganz ruhig und furchtlos da
stand, bestärkt durch seinen Glauben, gegen den er alles gering
schätzte. Der Stadtrichtcr sagte zu ihm: Mein Knabe! Ich ^ er-
zeihe dir deine Vcrgchungcn, und auch dein Bater wird dir alle
Beleidigung vergeben, er wird dich in sein Haus wieder aufnehmen,
du wirst wieder Theil an seinen Gütern haben,, wenn du dich eines
Bessern, zu deinem eigenen Glücke besinnen wirst. Cyrillus erwie-
derte: Mit Freuden ertrage ich die Vorwürfe, die mir gemacht wer-
den. Gerne dulde ich es, daß ich aus dem väterlichen Hause ver-
stoßen bin. Ich werde von Gott bestens aufgenommen werden,
und be'i ihm ein besseres und größeres Haus finden. Gerne werde
ich arm, damit ich ewige Reichthümer erlange. Ich fürchte den
Tod nicht, weil ein besseres Leben auf mich wartet. Dieses sprach
der Knabe mit himmlischer Würde. Der Stadtrichter befahl jetzt,
daß man ihn öffentlich binde, auf diese Weise, wie die gebunden
werden, welche man zum Tode führt. Sofort ließ er ihn wirklich
von dem Schergen auf den Richtplatz hinausführen, in der Meinung,
daß der Anblick der Zurüstungen zur Ausführung des Todcsurthcils
und die Erwartung des Vollzuges desselben, ihn in Todesangst ver-
setzen, und seine Standhaftigkeit überwältigen werde. Allein bald
berichteten ihm die Schergen, daß der Knabe das Feuer, in welches
man ihn hineinwerfen zu wollen sich anstellte, nicht fürchte, nicht
einmal eine Thräne vergieße, sondern mit größter Bereitwilligkeit in
den Tod gehe. Der Stadtrichtcr rief ihn wieder zurück, redete ihm
noch einmal zu, und sprach: Knabe! du hast das Feuer gesehen, du
hast gesehen das Schwert, besinne dich anders, damit du wieder in
das väterliche Haus und in den Besitz der väterlichen Güter kom-
mest. Darauf antwortete Cyrillus: „Grausamer! du hast mich um
ein großes Glück gebracht und sehr übel gethan, daß du mich wie-
der zurückriefest. Vergebens hast du mich mit Feuer und Schwert
erschrecken wollen. Ich werde eine herrlichere Wohnung und bessere
Güter, als das Haus und die Güter meines Vaters sind, von dem
Herrn erhalten, dem ich zueile. Je bälder du mich tödtest, desto
bäldcr werde ich zu dem Besitze derselben gelangen."
Viele der Umstehenden, die dieses hörten, konnten sich der
Thränen nicht enthalten. Der Knabe sprach zu ihnen: „ Ihr sollet
vielmehr lachen, vielmehr frohlockend mich zu den Leiden hinzufüh-
ren. Ihr wisset nicht, welche Wohnung mich aufnehmen wird,
ihr wisset nicht, mit welcher Zuversicht ich dieselbe erwarte. Lasset
cs geschehen, daß ich auf diese Weise mein Leben vertausche."
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen