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320 Die Heiligen, Lucian und Marcian, Märtyrer.
An dem Orte ihres Aufenthaltes war eine christliche Jungfrau,
die sich durch Schönheit und Wohlgestalt ihres Körpers nicht weni-
ger, als durch hohe Vorzüge des Geistes, insbesondere durch innige
Liebe zum einzig wahren Gott, und durch treue Anhänglichkeit an
die Lehre des Christenthums auszeichnete. Sie bewachte mit großer
Sorgfalt die jungfräuliche Reinigkeit, und flehte anhaltend zu Gott
um Beistand, diesen köstlichen Schatz unbefleckt zu bewahren. Gegen
diese gottcsfürchtige Jungfrau entbrannten in unreiner Begierde Lucian
und Marcian. Sie machten ihr die schmeichelhaftesten Anträge, und
ließen keine Anreizung verführerischer Arglist unversucht, sie für die
Befriedigung ihrer bösen Lust zu gewinnen. Mit unbeweglicher
Standhaftigkeit wies aber die Jungfrau alle frechen Zumuthungcn
zurück. Mit starker Scldstverläugnung verschloß sie allen, auch noch
so reizenden Schmeicheleien Ohr und Herz. Tag und Nacht bethete
sie zu Gott, daß er sie in diesem eben so schweren, als gefährlichen
Kampfe standhast erhalten wolle.
Da Lucian und Marcian sahen, daß Schmeicheleien sowohl als
Verheißungen fruchtlos seyen, so nahmen sie ihre Zuflucht zu ihren
betrügerischen Künsten; überzeugten sich aber bald, daß auch diese
Blendwerke nicht im Stande seyen, die Tugend der Christen zu be-
siegen. Dieß brachte sie zum Nachdenken, und sie erkannten in der
unüberwindlichen Standhaftigkeit der unbesiegten Kämpferin die Macht
Jesu Christi, der sie stärkte. Es ging der erste Funke des Lichtes
in ihnen auf, und sie sprachen zu einander: „Dieser Jesus Christus,
der Gekreuzigte, muß wohl sehr mächtig seyn, indem seiner Gewalt
Alles, sogar unsere Zauberkünste, ja selbst die Teufel weichen müssen."
Dieses Licht erzeugte in ihrer Seele den heilsamen Entschluß: „Wir
muffen uns zu Ihm bekehren, Ihn fürchten und verehren, indcm
wir von Ihm mehr erwarten dürfen, als von den Göttern, die wir
bisher, ohne allen vernünftigen Grund, verehret haben/- Sie raff-
ten unverzüglich die Bücher und die Geräthschaften, die sie zu ihren
Gaukeleien und Zauberpoffen gebraucht hatten, zusammen, trugen
sie auf den öffentlichen Platz, und zündeten sie an. Voll Verwunde:
rung sah das zusammengelaufene Volk diese Sachen, die in seinen
Augen sehr wichtig wareu, im Rauche aufgehen, aber noch mehr
inußtc es staunen, als es aus ihrem Munde die Worte hörte: „Der
Herr hat unsere Augen geöffnet, damit er uns aus der Finsterniß
und aus den Schatten des Todes, in denen wir bisher wandelten,
auf den Weg des wahren Heils zurückführe. Was wir bisher ge-
trieben haben, war lauteres Blendwerk und Erfindung der Hölle.
Ihn, den Herrn Jesus Christus erkennen wir als den wahren Gott,
und auf Ihn allein setzen wir unsere Hoffnung.«
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen