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Am 10. August. 333
erreichen hoffte. Er ließ ihn vor sich rufen, sprach gütig mit ihm,
und drang in ihn, daß er die Reichthümer der Kirche dem Kaiser
ausliefern möchte. Laurcntius antwortete: ?,Die Kirche ist allerdings
reich. Der Kaiser hat keine so kostbaren Schätze, dergleichen sie hat.
Ich will dir einen guten Theil davon zeigen. Lasse mir nur eine
kurze Frist, damit ich das Verzcichniß derselben, und alles andere
in Ordnung bringen könne." Der Statthalter, dem es nicht einfiel,
von welchen Schätzen Laurcntius rede, bewilligte ihm gerne eine drei:
tägige Frist, und freute sich in seinem habsüchtigen Sinne schon im
Woraus der großen Reichthümer, die er zu empfangen hoffte. Wäh-
rend dieser Zeit durchlief Laurentius die ganze Stadt, und traf die
Veranstaltung, daß alle Arme, die auf Kosten der Kirche unterhal-
ten wurden, sich am dritten Tage versammelten. Dieser Tag brach
an, und eine große Schaar, die aus betagten Greisen, Blinden,
Stummen, Lahmen, Aussätzigen, Waisen, Jungfrauen und Wittfrauen
bestand, war an dem Orte, wo die Christen ihren Gottesdienst hiel-
ten, versammelt. Zur bestimmten Stunde erschien nun der Statt-
halter, die Schätze der Kirche zu besichtigen, und in Empfang zu
nehmen. Aber wie erstaunte er, als er nur den großen Haufen lau-
ter elender und bedauerungswürdigcr Menschen, deren viele entsetzlich
anzusehen waren, vor sich sah? Mit Unwillen blickte er auf Lau-
rentius, verlangte von ihm Aufklärung über einen so sonderbaren
Auftritt, und forderte mit Ungestüm, daß er ihm d^e Schätze der
Kirche zeige und ausliefere. Der heilige Diakon sprach: „Ist hier
wohl etwas, das dich beleidigen könnte? Das Gold, nach dem du
so gierig trachtest, ist ein todtes Metall, und die allgemeine Ouclle
vieler Laster. Das wahre Gold ist jenes himmlische Licht, dessen
die Armen, die hier vor deinen Augen sino, genießen. Sie finden
in ihren Gebrechlichkeiten, und in ihren Leiden, die sie mit Geduld
ertragen, die größten Vortheile. Sie wijsen nichts von jenen Lastern
und Leidenschaften, welche allein wahre Krankheiten sind, und die
Menschen, besonders die Vornehmen, so unglückselig und so verächt-
lich machen. Hier, in diesen Armen, siehst du die Schätze, die ich
dir versprochen habe. Siehe! Da ist unser Gold, und unser Sil-
ber; und in diesen Jungfrauen und Wittfraucn siehst du unsere Per-
len, und unsere Edelsteine. Uebernimm diese Schätze, versorge sie,
dadurch wirst du den Ruhm der Stadt vergrößern, das Wohl des
Kaisers befördern, und dich selbst bereichern."
Der Statthalter gericth in Wuth, und rief aus: ?,Wie, du
getrauest dich, mich zum Besten zu halten, und meiner Amtsgewalt
zu spotten? Ich kenne den eitlen Unsinn der Christen, und weiß
daher, daß du zu sterben verlangest. Glaube aber nicht, daß du so
bald sterben werdest. Ich werde deine Martern verlängern, um dir
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen