Seite - 478 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
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478 Die heilige Dorothea, Jungfrau und Martyrin.
Stille bethend, trat sie vor den Richtcrstulil. Sapricius fragte sie
um ihren Namen, und nachdem sie denselben angegeben hatte, sprach
er: „Ich habe dich deßwegen Hieher bringen lassen, damit du nach
dem Befehle unserer mächtigen Kaiser, den unsterblichen Göttern
opferst." Dorothea erwiederte: „Gott, der Allerhöchste, hat mir be-
fohlen, daß ich Ihn allein verehre; deßwegen steht geschrieben: Du
sollst Gott deinen Herrn anbethen und Ihm allein dienen. Bedenke
selbst, welchem Herrscher wir gehorchen sollen, dem irdischen, oder
dem himmlischen; Gott, oder einem Menschen i Oder, was sind die
Kaiser anders, als sterbliche Menschen, so wie es auch jene sind,
d^vn Bilder ihr jetzt göttlich verehret?" „Willst du," sprach darauf
Sapricius, „ungestraft davon kommen, so lasse deinen Eigensinn,
und opfere den Göttern! Thust du es nicht, so wirst du durch die
Schrecken der Martern, Andern zum Beispiele, dazu gezwungen wer-
den. Gib doch meinem Zureden Gehör, opfere, damit du der Fol-
ter entgehest!" Dorothea antwortete: „Die Foltern, die du mir
anthun kannst, sind vergänglich; die Qualen der Hölle aber dauern
ewig. Will ich diesen ewigen Qualen entgehen, so muß ich die ver-
gänglichen dulden. Glaube es mir doch, daß mich nichts bewegen
wird, den unseligen Geistern zu opfern, welche, wie wir, in einem
verfänglichen Leibe gewohnt haben, die gestorben sind, wie die vcr-
nunftlosen Thiere, weil sie in ihrem Leben Den nicht erkannt haben,
der Himmel und Erde, das Meer, und Alles, was in ihnen ist, er-
schaffen hat." Jetzt konnte der Statthalter seine Erbitterung länger
nicht mchr zurückhalten. Er ließ die christliche Jungfrau auf die
Folter legen. Diese ward aber in ihrer Standhaftigkeit so wenig
erschüttert, daß sie vielmehr ihn aufforderte, mit den Qualen nicht
zu zögern, sondern sie schnell zu vollenden, damit sie bald zur An-
schauung Dessen gelangen möge, dem zu lieb sie keine Qual, und
auch den Tod nicht scheue.
Dorothea hatte zwei Schwestern, deren eine Christe, die andere
Calliste hieß. Beide hatten sich vorher schon durch Furcht vor den
Martern bewegen lassen, Christum zu verläugnen, und den Götzen
zu opfern, wofür sich ihnen der Statthalter sehr gnädig bezeigte.
Er glaubte, daß diese vielleicht auch Dorothea zum Abfalle bereden
könnten, und ließ sie deßwegen zu ihnen hinführen, und ihnen die
Verheißung noch größerer Gnade thun, wenn sie seine Absicht errei-
chen würocn. Die Schwestern redeten der Schwester zu, daß sie
dem Richter gehorchen solle, indem es ja besser sey, das Leben zu
erhalten, als in so frühen Jahren schon in den Tod zu gehen. Do-
rothea aber sprach: >,O! möchtet ihr doch meinem Rathe Gehör ge-
ben, und euern Abfall bereuen. Gott erzeigt sich gnädig denen,
welche von ganzem Herzen zu Ihm zurückkehren." Die Schwestern
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen