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Am 9. Juni. 24l
die Worte des Iesaias (65. Kap. 1. V.): „Die mich nicht suchten,
haben mich gefunden; denen, die nicht nach mir fragten, habe ich
mich vor Augen gestellt." Als er endlich erkannt wurde, entstand
ein lärmendes Getose. Viele riefen laut seinen Namen, und die
Heiden freuten sich, den jetzt in ihrer Gewalt zu sehen, welcher ih-
nen entgangen war, und mit lautem Geschrei forderten sie den Statt-
halter auf, daß er ihn martern lassen solle. Alles wendete den
Blick von den rennenden Pferden und Wagen ab, und auf Gordius
hin. Durch einen öffentlichen Ausrufer mußte der Statthalter Stille
gebieten lassen. Sogleich wurde Gordius zu diesem hingeführt, und
über seinen Namen und Stand gefragt. Der Bekcnner gab eine
Antwort, und auch die Ursache seiner Flucht und seiner Rückkehr
an. „Ich bin zurückgekehrt," sprach er, „um öffentlich zu zeigen,
daß ich deine Befehle, in Betreff der Götzenverchrung, nicht achte,
sondern anbethe Jesum Christum, der meine Hoffnung und mein
Schutz ist. Um so lieber habe ich dieses jetzt thun wollen, da ich
höre, daß kein Mensch grausamer seyn könne, als du es bist." Dcr
Statthalter entbrannte vor Wuth, und befahl, auf der Stelle die
grausamsten Marterwerkzeuge, Geißeln, Folterbank, wilde Thiere,
Feuer und Schwert in Bereitschaft zu setzen. Er bedauerte nur,
daß es nicht in seiner Gewalt stehe, einen Menschen mehr, als ein-
mal, zu todten; worauf Gordius erwiederte: „Ja, wahrhaftig, es
ist für mich ein großer Nachtheil, daß ich nur einmal sterben, und
nicht mehrfache Todespein für Jesus Christus leiden kann." Der
unerschrockene Muth des Gordius brachte den Grimm des Statthal-
ters auf das Höchste, weil er durch denselben seine Macht beschimpft
glaubte. Er sann nun darauf, die fürchterlichsten Marterwerkzeuge
herbeizuschaffen. Dieses erschreckte aber den Bekenner Christi nicht.
Hingerissen von der brennenden Begierde nach der Marterkrone rief
cr, im Anblicke der fürchterlichsten Marterwerkzeuge, dem Richter und
den Schergen zu: „Was steht ihr müßig da? Warum zögert ihr,
mcincn Leib und meine Glieder zu zerfleischen? Vollziehet endlich
einmal die Qualen, die ihr an mir vollziehen wollet! Mißgönnet
mir das ewige Leben nicht! Je härtere Peincn ihr mir anthut,
eine desto größere Belohnung verschafft ihr mir. Euere Drohun-
gen sind für mich ein segcnvoller Saame, aus welchem ich
ewige und unvergängliche Freuden erndten werde." Was der Statt-
halter durch Drohungen nicht zu Stande bringen konnte, das hoffte
er jetzt durch schmeichelhaftes Zureden und durch glänzende Ver-
heißungen zu bewirken. Allein er fand sich in dieser Hoffnung ge-
täuscht, indem der Bekenner erklärte, daß alle Güter und Ehren die-
ser Erde mit der ewigen Vergeltung in gar keine Wcrgleichung kom-
men könnten.
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen