Seite - 716 - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
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7lS Der heilige Heliodorus, Bischof und Bekenncr.
theilen zu können, das weiß dein Herz am besten; denn es kennt
die Liebe, die uns mit einander verband. Aber wie viel Herzenleid,
Klagen und Seufzen mich deine Abreise gekostet habe, davon soll
dir dieser Brief ein Zeuge seyn; denn er trägt noch die Spuren
meines Leides — Thränen, welche die Buchstaben unleserlich ma«
chen." Im Verlaufe des Schreibens sagt Hicronymus untcr anl
dern: „Zwar weiß ich wohl, was dich jetzt für Bande fesseln; auch
ich habe kein Eisen in der Brust, kein Felscnstück vor dem ^
auch ich bin aus keinem Kieselstein gehauen; habe an keiner
brüst meine erste Nahrung empfangen. Auch ich bin durch das
alles durchgegangen. Jetzt fällt dir deine zärtliche Schwester, die
junge Wittwe, liebkosend um den Hals; bald sprechen die Hausge-
nossen, unter denen du aufgewachsen bist, in'ä Herz: Wem sollen
wir in Zukunft dienen, wenn du uns verlassest'i Hernach kommt
deine alte Wärterin und dein Pflegevater, der nach deinem leiblichen
Vater das erste Recht zu deiner Verehrung hat, und verdoppeln ihr
Geschrei: Warte nur noch, bis wir sterben, und begrabe uns noch
zuvor! Vielleicht tritt auch die Mutter dazu mit ihren Runzeln an
der durchschnittenen Stirne, und erinnert dich an die mütterliche Nah-
rung, die sie dir gegeben hat, und an dein erstes Lallen, wo du
noch nicht Mama sprechen konntest. Mögen nun auch die gelehrten
Rechtsfrcunde ihr Scherstein beitragen, und beweisen, daß das ganze
schon gebeugte Haus auf dir ruhe und einfallen werde, wenn du
dich zurückziehest. — Lauter Bande für dein Herz! aber diese Bande
alle zerbricht die Liebe Gottes und die Furcht der Hölle ohne son-
derliche Mühe.
Wir dürfen nicht zweifeln, daß die Vorstellungen des Hierony-
mus einen tiefen Eindruck gemacht haben auf Hcliodoruö, der zwar
nicht in die Wüste zurückkehrte, aber zu Hause wie ein Einsiedler
der Wüste, eine abtödtende Lebensweise führte. Er wurde zum Bi :
schof zu Altinum (Altino im Venetianischen) erwählt. Bei der
treuesten Verwaltung seines bischöflichen Amtes verminderte er nicht
die sorgfältige Bemühung für die Erziehung seines Neffen, des Ne-
potians, und die Leitung desselben aus den Weg früher Gottselig-
keit. Gott segnete diese Bemühung durch den glänzendsten Erfolg.
Nepotian kam an den Hof in Kriegsdienst, und führte da nicht nur
ein tadelloses, sondern auch abtödtendes Leben; nahm sich dabei in
blühender Jugend der Armen, der Wittwen und der Waisen an mit
reifem Eifer dcr Liebe. Früh verließ er das Hoflager und den Kriegs»
stand, vertheilte sein Vermögen unter die Armen, und ging zu sei-
nem Oheim Heliodorus, dem er jetzt Gleiches mit Gleichem vergalt,
indem er den Vorsatz, sich dem beschaulichen Leben, auf einer Insel
an Dalmatiens Gestade, zu widmen, aufgab, um bei seinem Oheim
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen