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Am 11. September. 721
die Spuren ihrer Fußtritte im Sande weniger verrathen würden,
und landeten endlich am jenseitigen Ufer. Ein Theil des mitgenom-
menen Fleisches war in's Wasser gefallen, und das andere drohte
baldiges Verderben, so daß sie kaum für drei Tage noch Speise
hatten. Eine lange schaudervolle Wüste, die sie durchwandern muß-
ten, lag vor ihnen. Noch tranken sie sich satt aus dem Fluffe,
und setzten dann die Reise fort, nicht ohne bangen Schauder, weil
sie wußten, daß sie auf ihrer Wanderung, die viele Tage dauerte,
weder Nahrung noch Getränke finden, also zu verschmachten befürch-
ten mußten. Sie gingen größtentheils zur Nachtzeit, um vor den
herumstreifenden Saracenen sicherer, und vor der brennenden Son-
nenhitze mehr geschont zu seyn. Malchus selbst sagte, als er lange
nachher dieses dem heiligen Hieronymus erzählte: „Schauder ergreift
mich jetzt noch, da ich von dieser fürchterlichen Wanderung rede,
ungeachtet ich jetzt sicher bin, so erzittert doch mein ganzer Leib."
Nach drei Tagen sahen die Flüchtlinge zwei Männer auf schnell
laufenden Kameclen, die man Dromedare nennt, ihnen nacheilen.
Der Gedanke, daß sie verfolgt werden, machte sie sehr bekümmert,
und ihre Bestürzung stieg auf's Höchste, als sie in den näher kom-
menden Reitern ihren Herrn, und einen seiner Knechte erkannten.
Durch die Spur ihrer Fußtritte sahen sie sich verrathen und kein
Mittel mehr, der Wuth ihres Gebieters zu entkommen. Sie wand-
ten sich rechts, und entdeckten da eine Höhle, in deren Eingang sie
hineintraten. In das Innere derselben zu gehen getrauten sie sich
nicht aus Furcht vor giftigen und reißenden Thieren. Dem Tode
entgehend konnten sie hier desto schneller dem Tode in die Arme
laufen. Im Eingänge der Höhle war links eine Seitenkluft. In
diese verbargen sie sich. „Schützt uns Gott nicht," sagten sie, „so
wird hier unser Grab seyn." In wahre Todesangst wurden sie
versetzt, als sie bemerkten, daß der Herr mit seinem Knechte schon
vor der Höhle stehe. Jener befahl diesem in die Höhle hineinzu-
gehen, und die Unglücklichen herauszuschleppen. Er selbst erwartete
sie mit gezücktem Schwerte vor der Höhle. Der Knecht trat einige
Schritte in die Höhle hinein, sah aber die Flüchtlinge nicht, weil
er aus dem starken Sonnenlichte kommend, geblendet war. Sie
sahen ihn und getrauten sich kaum noch leise zu athmen. Mit lau-
tem Geschrei rief der Knecht in das grauenvolle Dunkel den Flücht-
lingen zu, daß sie herausgehen sollten. Dadurch ward eine Löwin
gereizt, die aus dem Innern der Höhle herauskam, den Knecht
ergriff, ihn erwürgte und mit sich in die Tiefe zurückzog. Malchus
und seine Gefährtin sahen diesen blutigen Auftritt, von Schrecken
und Freude zugleich ward ihr zitterndes Gemüth bekämpft. Der
vor der Höhle harrende Gebieter wurde des langen Harrens über-
Erster Band. 46
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen