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Am l l . November. 751
393 besuchte, und dem von ihm die Füße gewaschen wurden,
seiner Schwiegermutter Bassula berichtet. Es erfolgte um daS
Jahr 402.
„Martinus hatte bereits den Frieden unter den Geistlichen ei-
ner benachbarten Kirche hergestellt, und wollte sich wieder zur Heim;
reise in sein Kloster anschicken, als ihm auf einmal die Leibeskräfte
ihren Dienst aufkündeten. Da ließ er seine Jünger zu 'sich kommen:
„Kinder," sprach er, „ich sterbe!" Dieß Wort griff allen tief in'S
Herz, und der Schmerz sprach aus ihnen, wie aus einem Munde:
„Ach Vater! warum verlassest du uns? oder wem übergibst du deine
Waisen? Sieh! reißende Wölfe werden deine Heerde anfallen, und
wer kann sie vor ihrem fressenden Zahne retten, wenn unser Hirt
dahin seyn wird? Zwar sehnt sich deine Seele bei Christo zu seyn;
aber dein Lohn ist dir ja an einem sichern Orte hinterlegt, und er
wird nicht geringer, wenn du ihn gleich später empfängst. Erbarme
dich unser, wir sind ohne dich, wie verlassene Schafe."
Bei diesen Thränengcbethen bewegte sich sein Herz, denn die
Liebe zum Herrn machte ihn reich an Erbarmung für alle Leidende.
Der Vater weinte mit seinen Kindern und wandte sich zum Herrn,
und mußte sein Gebeth die einer Antwort vertreten lassen. „Herr!
wenn ich deinem Volke noch nothwendig bin, so scheue ich die Ar-
beit nicht: es geschehe dein Wille!" In Mitte zwischen Hoffnung
und Liebe konnte er nicht recht eins mit sich werden, was er wün-
schen sollte. Er wäre gern zu seinem Herrn heimgegangen. Er
wollte also lieber gar Nichts, und legte sich ganz in die Hände sei-
nes Herrn: Der sollte entscheiden. Im Grunde, wenn wir sein Ge-
beth dolmetschen dürfen, sagt er so viel: «Herr! Du weißt es,
schwer ist der Kampf in dieser irdischen Hülle, und ich hätte mich
schon müde — schon satt gekämpft. Aber wenn es dein Befehl ist,
daß ich für die Deinen noch ferner auf deinem Posten bleiben und
streiten solle, so will ich es gerne thun, und mein erliegendes Alter
soll meinem Gehorsam keine Gränzen setzen. Ich will deinen Auf-
trag in Liebe vollbringen, und unter deiner Fahne streiten, so lange
es Dir gefällt. Und obgleich dem Greisen die Ruhe nach der Ar-
beit willkommen ist, so will ich doch mit der Iugendkraft des Gei-
stes das Alter des Leibes zu besiegen suchen; der Leib wird auch
ferner noch dem Geiste dienen müssen. Wenn Du aber selbst mein
Alter schonen willst; so ist dein Wille auch der meine, nur sey Du
selbst alsdann der Hirt derer, für die ich bisher gewachet habe."
Und so konnte den Mann, für dessen Tugend ich kein Wort finde,
den keine Arbeit bisher überwunden hatte, auch selbst der Tod nicht
besiegen. Er neigte sich auf keine Seite mehr als auf die andere;
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen