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Am 27. Jänner. 755
Chrysostomus war erst fünf und zwanzig, oder höchstens sieben
und zwanzig Jahre alt, als Bischöfe in Äntiochien zur Besetzung
mehrerer bischöflicher Stühle sich versammelten. Da er inne ward,
daß diese ihren Blick auf ihn und auf Basilius warfen, erschrack er,
und sein Schrecken ward vergrößert, da er, wie er mit schöner Of-
fenheit selbst erkennt, bei tiefem Gefühl seiner Unwürde, leise Re-
gungen seines Herzens bemerkte, die ihm heimliches Verlangen nach
bischöflicher Würde eingaben. Als er sich darauf ertappt hatte,
fürchtete er nun das heilige Amt desto mehr. Er verbarg sich, und
entging der Bürde des bischöflichen Amtes, da hingegen sein Freund
Basilius in seiner Wohnung gefunden, und zum Bischöfe geweiht
ward. Nicht zufrieden mit der eingezogenen und strengen Lebens-
weise, die er in seinem Zimmer des mütterlichen Hauses führte, be-
gab sich Chrysostomus auf benachbarte Gebirge, wo sowohl Ordens-
geistliche in Klöstern, als auch Einsiedler sich der Betrachtung, dem
Gebethe, dem Lobe Gottes, mit Fasten und Wachen, mit strengen
Abtödtungcn widmeten. Ihre einfachen Arbeiten bestanden darin,
daß sie die Erde bearbeiteten, Kräuter und Gemüse (^ welche jedoch
nur von Kränklichen genossen wurden) säeten, pflanzten und begossen,
Wasser trugen, härene Zeuge zu ihrer Kleidung machten, und der-
gleichen mehr thaten. Einige verfaßten Schriften, andere waren
Abschreiber. Sie fasteten täglich bis zum Abend, Brod und
war ihre Speise, kurz war auf hartem Boden ihr Schlaf.
Jahre brachte Chrysostomus dort zu, unter Anleitung eines alten,
gottseligen Einsiedlers, den er zum Führer gewählt hatte. Darauf
soll er zwei Jahre ganz allein gelebt, und in einer Höhle gewohnt
haben. Doch scheint er in den Abtödtungen das von seiner Leibes-
beschaffenheit vorgeschriebene Maaß überschritten zu haben, da wir
aus seiner eigenen Erzählung sehen, daß er sich b'adurch Krankhei-
ten zugezogen habe, durch welche er nach sechsjährigem Aufenthalte
die Wüste zu verlassen, und heim nach Äntiochien zu gehen, gezwun-
gen ward.
Am Ende des Jahres 378, nachdem Gratian, nach des Va-
lens Tode, die Regierung angetreten, und der Kirche den Frieden
gegeben hatte, kehrte Meletius aus der Verbannung zu seiner Heerde
zurück. Etwa zwei Jahre nachher wurde Chrysostomus von ihm
zum Diakon geweiht. Aber nur kurze Zeit genoß er des Umganges
mit dem kindlich von ihm verehrten und geliebten Patriarchen, der
im Frühlinge des Jahres 381 in Constantinopel, wohin er zur all-
gemeinen Kirchcnvcrsammlung berufen ward, in die Freude des Herrn
einging. Flavian, der Nachfolger des heiligen Melctius, weihte den
Chrysostomus, der jetzt im neun und dreißigsten Jahre seines Alters
war, im Anfange des Jahres 386 zum Priester, und übertrug ihm
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Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen