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Inge SCHOLL: Die weiße Rose#

Inge SCHOLL: Die weiße Rose, Fischer, 2018 / Rezension von Guenther Johann

Inge SCHOLL: Die weiße Rose
Inge SCHOLL: Die weiße Rose

SCHOLL, Inge: „Die weiße Rose“, Frankfurt 2018

Eine Radiosendung („Im Gespräch“ auf Ö1, ORF) mit der Autorin des Buches motivierte mich es nochmals zu lesen. In der Mittelschule bekam ich es von einem Schulkollegen geschenkt. Es hat mich gewundert, dass er es mir schenkte. Wir hatten keine innige Freundschaft. Ich hatte es damals wie ein Abenteuerbuch gelesen. Heute beim „Wiederlesen“ hat es einen gänzlich anderen Eindruck hinterlassen. Eine Gruppe Münchner Studierender baute die Aktion „Weiße Rose“ zum Widerstand gegen die Diktatur Hitlers auf. Sie produzierten Flugblätter und beschrieben Wände mit Parolen gegen das Regime. Sie bezahlten ihre Aktionen mit dem Leben. Inge Scholl, die Schwester zweier Hingerichteter erzählt in diesem Buch den Hergang des Geschehens und die Beweggründe des Engagements ihrer Geschwister. Interessant auch die dem Buch im Anhang beigegebenen Augenzeugenberichte: der Gefängnispfarrer, der sie vor der Hinrichtung noch sprach, ein Verhörbeamter, der mit Hochachtung von den tapferen jungen Menschen spricht, ein Gerichtsreferent, der Verteidigungsanwalt, ein Zellengenosse, ein Kriminalobersekretär der Gestapo (Vernehmungsbeamter) und Freunde der Hingerichteten.

Jetzt, wo ich es mit mehr Verständnis gelesen habe, wurde mir auch klar, warum mir mein Klassenkamerad das Buch geschenkt hat. Sein Vater war ein politischer Gefangener aus Griechenland. Er war im Gefängnis Stein eingekerkert. Als die Sowjetarmee näher rückte, wurden im Gefängnis die Sträflinge erschossen. Sie mussten sich am Rand einer ausgehobenen Grube aufstellen und wurden dann so erschossen, dass sie gleich in die Grube fielen. Als der Vater meines Schulkollegen das registrierte, ließ er sich – noch bevor die Maschinengewehrsalve ihn erreichte, in die Grube fallen. Dort lag er dann zwischen Toten. In der Nacht schlich er sich heraus und ging in seiner Sträflingskleidung in die Stadt. Bei einem Haus klopfte er an. Man nahm ihn auf und versteckte ihn. Die Tochter heiratete ihn nach dem Krieg und der Sohn war mein Schulkollege.