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Mario SCHLEMBACH: Heute graben#

Mario SCHLEMBACH: Heute graben / Roman, Kremayr & Scheriau, 2022 / Rezension von Guenther Johann

Mario SCHLEMBACH: Heute graben
Mario SCHLEMBACH: Heute graben

SCHLEMBACH, Mario: „Heute graben“, Wien 2022

Der Proponent – der Autor selbst (?) – trifft bei seinen regelmäßigen Zugfahrten eine junge Frau, in die er sich verliebt. Er nennt sie A und versucht ein Buch darüber zu schreiben. Sie hat ihm ein Notizbuch geschenkt, das er bald vollgeschrieben hat. Das vorliegende Buch besteht aus der Abschrift von fünf Heften, die tagebuchartig geführt sind. Mit dem Versuch, ein Buch über A zu schreiben, stehen ihm eigene innere Monster im Wege und er fragt sich: „Und wer gewinnt diesen Kampf? Die romantische Seele? Der Todestrieb? Die künstlerische Hybris? Der Egomane im Schafpelz? Der Weltschmerzhypochonder? Oder der Depressionsclown, der tagtäglich seine Rolle als Totengräber spielt?“ (Seite 18)

Weitere Frauenbekanntschaften werden skizziert und der Autor gibt jeder, in sequenzieller Abfolge, einen Buchstaben: B, C, D … Bis er bei der Frau mit der Abkürzung Z landet. Alle Frauen wollen Individualistinnen sein, sehen aber für ihn letztlich alle gleich aus. Immer aber sucht er die Frau A aus dem Zug.

Er ist Totengräber und erzählt seine diesbezüglichen Erfahrungen. Den Job übt er gemeinsam mit seinem Vater aus. Als er Thomas Bernhard liest bekommt er dieselbe Lungenkrankheit wie dieser.

Neben einem Studium, das er später abbricht, teilt er seine Zeit zwischen der Arbeit als Totengräber und Schriftsteller. Viel Zeit nehmen ihm auch die vielen Untersuchungen seiner Krankheit. Letztlich schreibt er dem Halbbruder von Thomas Bernhard, der Mediziner ist, einen Brief und bittet ihn, ihm einen Spezialisten für diese Lungenkrankheit zu empfehlen. Eine Cortisonkur verunsichert ihn noch mehr und kombiniert mit Alkoholkonsum kommt es zu Black Outs.

Immer hat er an A gedacht und andere Frauen getroffen. „Vor vielen Jahren ist A gegangen. Seither nicht ein Tag ohne sie. Nicht ein Tag, an dem ich nicht ein Wort an sie gerichtet habe. Die Welt hat sich auch ohne sie weitergedreht, aber ich weiß, dass sie meine Stimme noch hört.“ (Seite 188) Letztlich fragt er sich „Warum ziehe ich alles Vergangene in jede meiner Gegenwarten?“ (Seite 98) Sein Kontakt mit ihr besteht im Schreiben und dieser Kontakt erscheint ihm wirklicher als jede Realität.

Am Ende muss man sich als Leser fragen, ob die Abschrift von Tagebucheintragungen wert ist sich Literatur zu nennen. Der Autor erzählt von seinen Erfahrung mit einem Verleger, dem er sein Manuskript über die Frau A anbietet. Dieser empfiehlt ihm eine Geschichte als Totengräber zu schreiben. Der Frau A sei er zu nahe. Auch selbst sieht er in seinem Manuskript keine schriftstellerische Tätigkeit, wenn er meint „Pubertätsgeschwängertes Gestammel … alles schon tausendmal gehört … autofiktionale Selbstbefriedigung.“ (Seite 79)