Wittgenstein, Ludwig#
* 26. 4. 1889, Wien
† 29. 4. 1951, Cambridge (England)
Philosoph
Ludwig Wittgenstein
© Bildarchiv der Österr. Nationalbibliothek
Der Sohn eines Großindustriellen hat nie Philosophie studiert, und doch
hat er die Philosophie des 20. Jahrhunderts entscheidend beeinflusst.
Wittgenstein
maturierte in Linz und studierte Maschinenbau in Berlin. 1908 ging er
nach Cambridge und wurde Schüler von Bertrand Russell, mit dem ihn bald
eine Freundschaft verband, die allerdings nicht von Unstimmigkeiten frei
war. 1913 zog sich
Wittgenstein nach Norwegen zurück, um an seinem Hauptwerk
"Tractatus logico-philosophicus" zu arbeiten, dessen endgültige Fassung
er im Sommer 1918 während eines Urlaubs - er hatte sich bei
Kriegsausbruch freiwillig zum Heer gemeldet - niederschrieb und 1921
veröffentlichte. Dem berühmten Schlusssatz dieses Werkes folgend, "Wovon
man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen", wurde er 1920
Volksschullehrer in Niederösterreich, nachdem er das gewaltige Erbteil seines Vaters
verschenkt hatte. In diesen Jahren philosophischen Schweigens baute er
für seine Schwester ein Haus von strenger Formstruktur (Wien 3, Kundmanngasse),
das man als "Stein gewordene Logik" bezeichnet hat.
1929 ging er nach Cambridge zurück, wo er zunächst einen Lehrauftrag,
dann eine Professur erhielt. 1947 zog er sich neuerlich zurück, um sich
in Irland und Norwegen weiteren Sprachstudien zu widmen. Sie sind in
seinem zweiten Hauptwerk "Philosophische Untersuchungen" (1955)
niedergelegt, das postum erschien.
Für
Wittgenstein war Philosophie in erster Linie Sprachkritik, die Bedeutung des
Wortes hielt er durch den Gebrauch bestimmt. Der wohl bedeutendste
österreichische Philosoph hat im "Tractatus" die traditionellen metaphysischen
Aussagen der Philosophie als sinnlose Sätze entlarvt. Sätze der Ethik
konnte er nach seinen eigenen Kriterien nicht formulieren. Den Sinn
seines eigenen Lebens suchte er bei Kierkegaard und Tolstoj zu finden.
Literatur#
- P. Kampits, Ludwig Wittgenstein (1985)
- R. Monk, W. - Das Handwerk des Genies (1992)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992