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Herbert Eigner-Kobenz - Karl Nemecek: Von Aderklaa bis Zwerndorf#

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Herbert Eigner-Kobenz - Karl Nemecek: Von Aderklaa bis Zwerndorf. Eine historische Bilderreise durchs Marchfeld. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach. 132 S., € 24,90

2022 ist das Marchfeld Thema und Veranstaltungsort der Niederösterreichischen Landesausstellung. Wie diese vermitteln einige Neuerscheinungen dieses Jahres überraschende Aspekte der 1000 km² großen Region nordöstlich von Wien. Außer dem vielseitigen Ausstellungskatalog Marchfeld Geheimnisse beispielsweise das faszinierende Bilder-Buch Marchfeld. Das stille Paradies Österreichs von Robert Bouchal und Brigitte Huber, die großzügige Jahrespublikation Vom Leben in der Region Marchfeld, den Edgar Niemeczek und Schultes herausgegeben haben, und nun "Von Aderklaa bis Zwerndorf".

Der Schriftsteller Herbert Eigner-Kobenz und der Ansichtskartensammler Karl Nemecek - beide "glühende Marchfelder" - laden zu einer historischen Bilderreise ein. Dabei machen sie, von Osten nach Westen und von A bis Z in allen 51 Marchfeld-Gemeinden Station. In der Hoch-Zeit der Bildpostkarten war jedes noch so kleine Dorf der Donaumonarchie als Motiv recht. Die für ihre aufwendig gestalteten Mehrbildkarten bekannte Kunstanstalt Karl Schwidernoch hatte ihren Sitz 1895-1897 in Wien-Floridsdorf und übersiedelte dann in die Leopoldstadt, Pillersdorfgasse 4. Sie stellte nach Fotoaufnahmen Chromolithographien her, die eine Kombination verschiedener Sehenswürdigkeiten zeigten. Wenn sich auch die Bilder gleichen - unbefestigte Hauptstraßen mit ebenerdigen, traufseitigen Häusern, Kirchen, Greissler, Schulen, Bahnhöfe - entwarf der Verlag für jeden Ort ein eigenes Layout. 1899 lobte die Zeitschrift "Kikeriki" die "unübertroffenen Leistungen" von Karl Schwidernoch, der ursprünglich Buchhändler gewesen war. Demnach gab es 10.000 verschiedene Muster in Millionen Exemplaren. Man bekam sie in Gasthäusern und Gemischtwarenhandlungen, bei Veranstaltungen, Festen und Manövern. Kartensammeln war ein beliebter Sport. Selbst in entlegensten Gegenden entstanden Vereine, deren Mitglieder sie tauschten.

Die erste der im Buch vorgestellten Orte ist die 200-Seelen-Gemeinde Aderklaa. In der Gegenwart charakterisieren sie die Gasaufbereitungsanlage der ÖMV und die zeltartige Kirche aus dem Jahr 1965. Auf den alten Ansichtskarten ist noch die 1851 errichtete Kirche "Zur schmerzhaften Muttergottes" zu sehen. Deutsch-Wagram war der Endbahnhof der ersten Teilstrecke der 1837 eröffneten Kaiser-Ferdinands-Nordbahn. Doch nicht nur dieser erscheint auf den gezeigten Beispielen aus späteren Jahren, als Fotopostkarten die nostalgischen Chromolithographien ablösten. "Carl Bocek's Café und Restauration" ist heute als Promi-Lokal bekannt. Der Helmahof, einst ein Schäferhof in der gleichnamigen Katastralgemeinde, wurde in den 1920er Jahren zu Wohnungen umgebaut. Die auf einem weiteren Foto menschenleere Gänserndorfer Straße wurde zu einer der am meisten frequentierten Verkehrswege der Region.

Im Marchfeld begann und endete die Jahrhundete lange Habsburger-Herrschaft Sie begann 1278 nach der Schlacht in Dürnkrut und endete 1918 mit dem Regierungsverzicht. Kaiser Karl unterzeichnete ihn in Eckartsau. Eine Postkarte zeigt neben dem Jagdschloss und der Kirche eine romantische Ansicht der Au mit Rehen im Vordergrund. Gänserndorf an der Nordbahn erscheint als Bezirkshauptstadt mit mehreren Bildern. Darunter eines der 1972 bis 2004 bestehenden Sensation, dem Safaripark. Mehrere Löwinnen umringen einen roten Volkswagen, eine hat es sich sogar auf dessen Dach bequem gemacht.

Haringsee war neben Breitensee und Lassee eines der drei See-Dörfer im Marchfeld. Vor 180 Jahren sah der Topgraph Franz Xaver Schweickhardt-Sickingen, was heute kaum zu glauben ist, dass die Gegend an den Ufern des Russbachs "mit Morästen angefüllt" war. Die detailgetreue Chromolithographie der Kunstanstalt Schwidernoch zeigt gleich zweimal "Königs Handlung" mit den charakteristischen Bäumen, die auch die Hauptstraße dominieren. Rosen und goldene Rocaillen umrahmen die Motive. Daneben steht der Vermerk "Gesetzlich geschützt Nr. 5830. Nachahmung verboten". In ihrem speziellen Layout hätte man die Karte aber ohnehin nicht nachmachen können.

Der "Gruß aus Prottes" eines Konkurrenzunternehmens zeigt eine junge Frau in bunter Phantasietracht, wie sie Wein serviert. Dazu den Text: " 's Beste noch'n Himmel ins' / Wenn ma in Prottes im Keller is' " Heute denkt man bei dem Ort eher an das "Matzen-Feld", wo seit Anfang der 1950-er Jahre Erdöl und Erdgas abgebaut wird. Die historische Bilderreise durch 51 Orte endet in Zwerndorf. Mit den Worten des Literaten Herbert Eigner- Kobenz blicken wir zurück auf eine Landschaft, deren unaufdringliche Vielfalt, stille Poesie und zurückhaltende Schönheit man am ehesten findet, wenn man sie gar nicht sucht …

hmw