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Kulturpakt Gleisdorf 2014: Möglichkeitsräume#

Archiv externer Beiträge, Blatt #10#

von Martin Krusche

Im Kulturpakt Gleisdorf hat die Stadt einen Rahmen für die Kooperation von Kulturschaffenden mit Politik und Verwaltung. Da finden allenfalls auch Wirtschaftstreibende Anknüpfungspunkte. Das sind anspruchsvolle Prozesse, die Zeit verlangen. Arbeitszeit, Zeit zur Entwicklung. Hinzu kommt: Solonummern verhallen. Erst in kollektiver Anstrengung entsteht die nötig Kontinuität, um der Kunst mehr Augenmerk zu verschaffen.

Solonummern verhallen, in kollektiver Anstrengung entsteht die nötig Kontinuität. (Foto: Martin Krusche)
Solonummern verhallen, in kollektiver Anstrengung entsteht die nötig Kontinuität. (Foto: Martin Krusche)

Die praktische Arbeit der letzten Jahre zeigt klar, daß die Zuversichts-Trompeterei, wie wir sie von anderen Orten aus den Medien kennen, eher Augenauswischerei ist. In diesen Zusammenhängen gibt es keine schnellen Ergebnisse.

Es ist auch eher Marktschreier-Art, wenn jemand nach acht, neun Monaten Arbeit einen Effekt behauptet, der dutzende Menschen in die Gänge gebracht haben soll und womöglich auch noch mit „Nachhaltigkeit“ zu assoziieren sei.

Solche Effekte gibt es im Kulturbereich nicht, in anderen Sachbereichen ebensowenig. Die genannte Kooperationssituation schafft einen Möglichkeitsraum, der sofort erlischt, verschwindet, wenn der Einsatz dafür längere Zeit nachläßt.

Einzig die Kommunen haben hier fixe Budgets und fixe Besatzungen, um dem regionalen Kulturgeschehen Dauer zu geben. Dem gegenüber sind private oder privatwirtschaftliche Kulturinitiativen, die sich durch mehrjährige Kontinuität auszeichnen, die Ausnahme.

Aber es gibt sie. Es gibt vor allem diesbezügliche Erfahrungen, die von wechselnden Konjunkturen im kulturellen Engagement handeln. Mit dem LEADER-Projekt Kulturpakt Gleisdorf 2014, dessen formelle Laufzeit gerade endet, ist ein Abschnitt absolviert, in dem eine Basis weiterführender Kooperation geschaffen wurde. Das bedeutet: Inhalte, Themen und Ziele klären. Modi klären. Dazu müssen ebenso die handelnden Personen feststehen.

Erst in der Verständigung zwischen verschiedenen Metiers und Sektoren tun sich neue Möglichkeiten der Kulturpraxis auf. (Foto: Martin Krusche)
Erst in der Verständigung zwischen verschiedenen Metiers und Sektoren tun sich neue Möglichkeiten der Kulturpraxis auf. (Foto: Martin Krusche)

Handelnde Personen, das meint nicht die gesamte Community Kulturschaffender, sondern die jeweiligen Schlüsselpersonen, welche sich für Teilprojekte oder Teilthemen eingebracht haben. Die Organisation in autonomen Ortsformationen hat sich bewährt. Das heißt, eine einzelne Schlüsselperson übernimmt die Verantwortung für jene Bereiche, in denen Vereinbarungen getroffen wurden, Geld bewegt wird. Aber in sich arbeitet die jeweilige Gruppe völlig autonom, also selbstbestimmt.

Das hat mehrere Gründe. Einer davon liegt in der Notwendigkeit höherer Organisationsformen. Nur so können relevante Budgets von außen geholt werden, wo herinnen die Budgets der Region und des Landes Steiermark an ihren Grenzen sind. So ist ein Teil des Gefüges professionell organisiert, während in den übrigen Bereichen alle Freiheit für eine Vielfalt der Zugänge und Arbeitsweisen besteht.

Ein anderer wichtiger Grund liegt in der Notwendigkeit, Hauptamt und Ehrenamt zu kombinieren, also bezahlte und unbezahlte Arbeit. Das ist erfahrungsgemäß ein heikler Punkt, weil viele Menschen ihre ehrenamtliche Arbeit einstellen, sobald neben ihnen jemand für einen Teil der Arbeit bezahlt wird.

Die Notwendigkeit, beide Formen zu kombinieren, um einem regionalen Kulturbetrieb Stabilität zu geben, wird von vielen Menschen nicht erkannt. Unterm Strich wissen wir heut mehr denn je, daß Ehrenamt eine professionelle Begleitung vertragen kann, um als kulturelles Engagement Breite und Dauer zu bekommen.

Personen und Positionen: Im besten Fall ist es eine Praxis des Kontrastes. (Foto: Martin Krusche)
Personen und Positionen: Im besten Fall ist es eine Praxis des Kontrastes. (Foto: Martin Krusche)

Umgekehrt sind solche Dauer und Breite, die über manche Ortsgrenze hinausrechen sollten, wichtige Rahmenbedingungen, um ein geistiges Klima zu sichern, in dem interessante Prozesse entstehen und laufen. Die Erfahrung von Gleisdorf zeigt einmal mehr, daß „Partizipation statt Konsumation“ kein sehr populäres Konzept ist.

Aber hier gibt es nach den letzten Jahren allerhand Klarheiten über die Bedingungen und Vorzüge kollektiver Kulturarbeit, in der unterschiedliche Feld des Berufs und der Freizeit kombiniert werden.

Dazu muß betont werden, daß es bei Politik und Verwaltung einigen Mumm braucht, um sich der „Bürgerbeteiligung“ auch tatsächlich zu öffnen. Und es braucht für alle Beteiligten Zeit der Praxis, um damit konkrete Erfahrungen sammeln zu können.

Erstmals publiziert in der KW 47/2014 bei „Kunst Ost