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Zeichen am Wegesrand#

Archiv externer Beiträge, Blatt #31#

von Martin Krusche

Sobald wir unser Zuhause verlassen, umgeben uns Zeichen, mehr noch, ganze Zeichensysteme. Wir würden unseren Alltag nicht schaffen, wenn wir bei jedem dieser Zeichen ins Grübeln kämen. Also sind wir damit vertraut, uns vielfach ohne großes Nachdenken in Zeichensystemen zu orientieren und zu bewegen.

(Foto: Martin Krusche)
(Foto: Martin Krusche)

Unser Projektgebiet: die Kleinregion Gleisdorf mit Albersdorf, Hofstätten und Ludersdorf… Wir lesen und verstehen vieles schon nah flüchtigen Blicken. Verkehrszeichen sind bloß ein Beispiel dafür.

Auch Bekleidung ist ein Zeichensystem, das wir lesen und mehr oder weniger mühelos verstehen können: Dress Code. Oder beachten Sie Autoaufkleber, Pickerl aller Arten. Stets erreicht uns eine Flut von Botschaften.

Dann sind da alte Zeichensysteme, die uns umgeben, die immer noch gepflegt werden. Wegkreuze, Bildstöcke, Marterl, Kapellen, aber auch nichtreligiöse Exponate: Klein- und Flurdenkmäler in allen nur denkbaren Varianten.

Sie sind Ausdruck einer Volkskultur, weder von Tourismus und Kulturmanagement okkupiert, noch zur Bevormundung der Bevölkerung geeignet. Hier tun Menschen aller Milieus das, was ihnen ihr Gefühl sagt und was ihr Budget zuläßt. Unzählige Wegmarken sind nicht von Staat oder Kirche eingeführt worden, sondern kommen von der Basis her, sind Ausdruck einer Volksfrömmigkeit, welche ohne akademische Lehren auskommt. Das macht dieses Genre so interessant.

(Foto: Martin Krusche)
(Foto: Martin Krusche)

Sie finden derlei auch auf Friedhöfen, die manchmal sogar mit irritierenden Exponaten bestückt sind. Die Menschen konsultieren nicht erst Fachkräfte der Kunstgeschichte, um ihre Emotionen in der Gestaltung von Grabstellen zu zeigen.

Das Kulturlabor Kunst Ost startet eben den zweiten Abschnitt eins Vorhabens, bei dem diese Themen näher betrachtet werden. Freilich kann man all das auch kultur- und zeitgeschichtlich ordnen, gewinnt dadurch interessante Anregungen. Aber eben nicht, um Menschen zu belehren, sondern um die Aufmerksamkeit für dieses interessante kulturelle Feld zu beleben.


Erstmals publiziert in der KW 48/2020 in der WOCHE