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Die „Aktion Sacher“ deckte die Verschwörung auf#

Der erste prominente Fall von NS-Wiederbetätigung nach dem Zweiten Weltkrieg kam 1948 in Graz vor das Volksgericht.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Die Hauptangeklagten Th. Soucek, Fr. Klinger, H. Rößner, A. Göth, A. Sehnert und Fr. Schiller 1948 vor dem Volksgericht in Graz
Die Hauptangeklagten Th. Soucek, Fr. Klinger, H. Rößner, A. Göth, A. Sehnert und Fr. Schiller 1948 vor dem Volksgericht in Graz
Foto: LA STMK

Im Herbst 1947 gelang es der Polizei, einen weitverzweigten Schleichhändlerring auszuheben, der großteils aus ehemaligen Nazis bestand und große Mengen Saccharin aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelt hatte, berichtet Martin F. Polaschek in seinem Buch „Im Namen der Republik Österreich. Die Volksgerichte in der Steiermark 1945-1955“. Der begehrte Süßstoff wurde in kleine Packungen abgefüllt, mit gefälschten Etiketten versehen und auf dem Schwarzmarkt verkauft. Der Transport der Schmuggelware wurde besonders raffiniert von Frauen und Kriegsversehrten durchgeführt, die ihre Prothesen als Versteck benutzten. Und nebenbei fälschte die Bande Dokumente. Hinter diesen kriminellen Umtrieben steckte aber viel mehr, die führenden Köpfe planten die Gründung eines „Ordens“, der das Gedankengut des Nationalsozialismus aufrechterhalten und weiterführen sollte. Die Fäden zogen Dr. Hugo Rößner, ehemaliger Gauhauptstellen- und Oberbereichsleiter von Wien, der nach dem Krieg Werwolfgruppen zum Widerstand gegen die Alliierten organisieren sollte, und der Grazer Kaufmann Theodor Soucek, der seit 1934 der HJ angehörte, 1938 der SA beitrat und als auffallend arrogant und überheblich beschrieben wurde. Sein Ziel war die Sammlung ehemaliger Nazis, die zum gegebenen Zeitpunkt öffentlich auftreten und politisch aktiv werden sollten. Auch spekulierte er mit einer vierten Partei in Österreich, die neu zu gründen wäre. Und sollte es zu einem Kampf zwischen der Sowjetunion und den Westmächten kommen, wollte er mit seiner Truppe gegen die Kommunisten einen Guerilla-Krieg führen.Sein kurzfristiges Ziel sah Soucek aber in der Unterstützung flüchtiger Nationalsozialisten und ihrer Familien mit Geldspenden und gefälschten Ausweisen. Auch den ehemaligen Gauleiter Siegfried Uiberreither hatte er mit einem Ausweis auf „Dr. Hans Ullrich, Staatsbeamter“ versorgt. Die Nummer 2 in Souceks Organisation war der später sehr bekannte Grazer Arzt Dr. Franz Klinger, der als Fünfjähriger auf einem Auge die Sehkraft verloren hatte und seit 1934 aufgrund einer Verletzung bei einem Raufhandel gänzlich blind war. Klinger war 1932 als NSDAP-Mitglied nach Deutschland geflohen, wo er der SA und der „österreichischen Legion“ angehörte.

Der spätere Minister Otto Rösch KK
Der spätere Minister Otto Rösch, unter PD

Im Herbst 1947 wurden in der „Aktion Sacher“ mehr als 200 Personen verhaftet, darunter die sechs Hauptbeteiligten Rössner, Soucek, Klinger sowie Amon Göth (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Kommandanten des KZ Plaszow), Fritz Schiller und Anton Sehnert, aber auch der Verleger Leopold Stocker und Hauptmann Otto Rösch, der unter Bruno Kreisky von 1970 bis 1983 Innen- und dann Verteidigungsminister wurde. Bei Rösch fand die Polizei sogar einen Koffer voller gefälschter Ausweispapiere und Stempel. Alles „unbelehrbare Phantasten und Verbrecher“, wie sie damals von ÖVP-Politiker Alfons Gorbach bezeichnet wurden.

Die Verfahren gegen die Organisationen von Rössner und Soucek wurden in Graz zusammengeführt und am 31. März 1948 begann der Prozess unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit und der Medien. Da aber die von vielen erwarteten Sensationen ausblieben, ging das allgemeine Interesse bald wieder zurück, einzig die regionalen Zeitungen berichteten weiter. Am 14. Mai wurde dann das Urteil öffentlich über die „unbelehrbaren und uneinsichtigen Verschwörer“ verkündet. Theodor Soucek, Dr. Hugo Rößner und Amon Göth wurden zum Tod durch den Strang verurteilt, Dr. Franz Klinger zu 20 Jahren schwerem Kerker. Bundespräsident Karl Renner aber hob im Juni 1949 die Todesurteile wieder auf, um die Verurteilten nicht zu Märtyrern der nationalsozialistischen Sache zu machen.


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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele