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Die Vermessung der Steiermark#

Vor 200 Jahren begann die Vermessung der Steiermark, die im Franziszeischen Kataster festgeschrieben und Basis unserer Grundbücher ist. Indirekter Anlass dafür war ein Vulkanausbruch.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Franziszeischer Kataster, Ausschnitt Graz, KG Innere Stadt, Blatt VIII, 01
Franziszeischer Kataster, Ausschnitt Graz, KG Innere Stadt, Blatt VIII, 01
Foto: STMK LA

Die Not in den habsburgischen Ländern, in halb Europa und in Nordamerika war in den Jahren 1816 und 1817 unermesslich groß. Schon die Napoleonischen Kriege von 1792 bis 1815 hatten das Kaisertum Österreich ausbluten lassen, das Land war pleite und Kaiser Franz I. musste 1811 den Staatsbankrott erklären. Dann tanzte in Wien 1814/15 der Wiener Kongress, der Unsummen an Steuergeldern verschlang, aber Europa neu ordnete und Österreich im Krieg verlorene Länder zurückbrachte. Und auch das Wetter spielte verrückt. Der Winter 1815/16 war bitter kalt, ihm folgte ein total verregnetes Frühjahr und ein Sommer, der keiner war. Die Temperaturen lagen -3,1 Grad unter dem Durchschnitt, im Juni und Juli regnete es fast pausenlos, Flüsse traten über die Ufer, in der Obersteiermark schneite es im Hochsommer bis in tiefe Lagen, Gewitter und Hagel vernichteten fast die ganze Ernte. Dadurch stiegen die Preise für Getreide und Brot in einem Jahr um das Doppelte, in Vorarlberg und Liechtenstein sogar um das Sechsfache. Die Menschen mussten ihr tägliches Essen mit Moos, Gras oder Rinde strecken, um nur ein wenig satt zu werden. Seuchen brachen aus und rafften Tausende dahin. In großen Wellen wanderten damals die Menschen nach Amerika, aber auch nach Russland aus. Erst viel später erkannte man die Ursache für diesen Klimawandel - der Vulkan Tambora auf Sumatra war ausgebrochen und seine riesige Aschewolke hatte die halbe Erdkugel verfinstert.

Kaiser Franz I. von Österreich, Gemälde von Giuseppe Tominz, 1821
Kaiser Franz I. von Österreich, Gemälde von Giuseppe Tominz, 1821

Jetzt wurde Geld benötigt, viel Geld. Daher erließ Kaiser Franz I. im Jahr 1817 ein Grundsteuerpatent, das eine neue Steuerbasis legte. Nun sollte „der Ertrag, der sich aus dem Grundbesitz erwirtschaften ließ, als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer herangezogen werden. Alle Grundeigentümer wurden damit gleich behandelt“, berichtet der Grazer Geograf Wolfgang Pickl in einem Beitrag zum 200-jährigen Jubiläum der Erstellung des Franziszeischen Katasters. Überdies hatte die Landesaufnahme die Aufgabe, die geografische Situation für militärische Zwecke zu erfassen. Noch im Jahr 1817 wurde mit der Vermessung in Niederösterreich begonnen, wobei hier der Turm des Stephansdoms als Bezugspunkt diente. 1820 folgte die Steiermark mit dem Schöckl als Koordinatenursprung. Danach folgten bis 1850 alle österreichischen Länder der Monarchie. Es wurden 300.082 Quadratkilometer auf handgezeichneten, kolorierten Blättern von 20 x 25 Zoll (53 x 66 cm) dargestellt, ein Blatt umfasste 500 Joch, wobei ein Joch 1600 Quadratklafter oder heute 5.754,642 Quadratmeter waren. Im Sommerhalbjahr 1820 waren die Landvermesser mit ihren Adjunkten und Gehilfen in einer achtköpfigen Grenzkommission in Graz, dann im gesamten Grazer Feld sowie im östlichen Hügelland unterwegs. Mit dabei immer der zuständige Kommissär des Kreises, der jeweilige Gemeindevorstand und zwei Gemeindemitglieder, die die Grenzverläufe genau kannten. Wenn die Vermessung einer Gemeinde ganz abgeschlossen war, wurde noch eine kommissionelle Begehung durchgeführt, bei der alle anwesend sein mussten, vom Grundbesitzer bis zu Geometer und Gemeindevorsteher. Parzelle für Parzelle wurde kontrolliert und Fehler sofort korrigiert. Ein Problem stellte aber die Namensschreibung dar, da es noch keine normierte Rechtschreibung gab und man nach Gehör notierte. So konnte es geschehen, dass der Name einer Person, die in verschiedenen Katastralgemeinden Grundstücke besaß, überall anders geschrieben wurde. Öffentliche Gebäude wurden im Register rot eingefärbt, Steinbauten rosa, Holzbauten gelb. Waldparzellen wurden nicht nur als Nadel- oder Mischwald ausgewiesen, sondern auch die Art des Bestands als Jungwald (JM), Stangenholz (SH), Mittelholz (MH) oder schlagbares Holz (SH) bezeichnet. Die Gemein (Gmoa im Steirischen), also gemeinschaftlich bewirtschaftete Wiesen, wurde als GW deklariert. Der Vermessungstrupp schaffte im Herzogtum Steiermark durchschnittlich 39 Quadratkilometer pro Jahr und hatte somit nach nur fünf Jahren das gesamte Land vermessen. Es gab nun 2.692 Steuergemeinden, die Bezeichnung Katastralgemeinden setzte sich erst allmählich durch. Abgeschlossen wurde der Franziszeische Kataster (Register) erst 1861 mit der Vermessung Tirols und Vorarlbergs. Die Urmappen befinden sich heute im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. Duplikate werden im Steiermärkischen Landesarchiv aufbewahrt.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele