!!!Maly Trostinez
[{Image src='maly.jpg' height='200' class='image_left' caption='Denkmal für die Opfer von Maly Trostinez.\\Foto: Homoatrox. Aus: [Wikicommons|https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Maly_Trastsianets_memorial_summer_2.jpg]' alt='Denkmal für die Opfer von Maly Trostinez' width='356'}]

Das Vernichtungslager __Maly Trostinez__ befand sich etwa zwölf Kilometer südöstlich von Minsk in einer abgelegenen, ländlichen Gegend und unterstand dem Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) für Weißrussland.

Am 28. Juni 1941 war die deutsche Wehrmacht in Minsk einmarschiert. Zwischen 1942 und 1944 wurden in Maly Trostinez 40.000 bis 60.000 Menschen ermordet, weit überwiegend Juden. Viele davon kamen aus Österreich. 


Sofort nach dem Angriff der Deutschen
Wehrmacht auf die Sowjetunion (22. Juni
1941) setzte in den eroberten sowjetischen
Gebieten die systematische Massenvernichtung der jüdischen Bevölkerung ein.
Dieser Gewalteskalation fielen auch die
Juden und Jüdinnen aus West- und Mitteleuropa, die ab Herbst 1941 in das "Reichskommissariat Ostland" deportiert wurden,
zum Opfer.
Das "Reichskommissariat Ostland" war
eine im Juli 1941 gebildete Verwaltungseinheit des Deutschen Reichs, die die früheren baltischen Staaten sowie den größten Teil des westlichen Weißrussland umfasste. Nahezu 15.000 jüdische Österreicherinnen kamen dort in Ghettos und Vernichtungsstätten ums Leben. Eine zentrale
Hinrichtungsstätte war Maly Trostinec bei
Minsk (Weißrussland): Zwischen Mai und
Oktober 1942 trafen insgesamt 16 Deportationszüge aus Wien, Königsberg, Theresienstadt und Köln in Minsk ein. Entsprechend einer Anordnung des Chefs der
Sicherheitspolizei und des SD Reinhard
Heydrich wurden die Deportierten bis auf
wenige Ausnahmen nach der Ankunft ermordet. Ort der Massenexekutionen war
das Waldgebiet von Blagowschtschina,
unweit des Zwangsarbeitslagers Maly
Trostinec, einer ehemaligen Kolchose, die
der Kommandeur der Sicherheitspolizei
und des SD Weißruthenien (KdS) im April
1942 übernommen hatte. Von den 1942
knapp unter 8700 nach Maly Trostinec
verschleppten österreichischen Juden und
Jüdinnen - rund 8500 aus Wien Deportierte, dazu kamen 136 jüdische Österreicherlnnen, die mit den Transporten aus dem Ghetto Theresienstadt nach Maly Trostinec überstellt wurden - sind nur 17 Überlebende bekannt. Auch viele der 1000 bereits am 28. November 1941 von Wien in das Ghetto Minsk deportierten Männer, Frauen und Kinder wurden vermutlich bei Maly Trostinec getötet (von ihnen sind drei Überlebende bekannt).

Die Ende November 1941 wegen Transportproblemen der Wehrmacht abgebrochenen Deportationen nach Minsk wurden in Wien am 6. Mai 1942 wieder aufgenommen (weitere Transporte sollten am 20. und 27. Mai, 2. und 9. Juni, 17. und 31. August, 14. September sowie 5. Oktober 1942 folgen). Nach zweitägiger Fahrt wurden die rund 1000 Menschen, die am 6. Mai verschleppt wurden, in Wolkowitz (Wolkowysk/Waukawysk, Weißrussland) in Viehwaggons umwaggoniert, in Kojdanow (Dsjarschynsk/Dserschinsk, circa 40 km von Minsk entfernt) wurden am 9. Mai die ersten Toten aus dem Zug geholt. Dort blieben die versiegelten Waggons fast zwei volle Tage lang stehen...

Der Ablauf nach dem Eintreffen auf dem Minsker Güterbahnhof - bzw. ab August 1942 näher bei Maly Trostinec, in Kolodisze - folgte einem gleich bleibenden Schema, wobei in der Regel einschließlich der Schutzpolizisten und Waffen-SS-Angehörigen 80 bis 100 Mann zum Einsatz kamen. Nach der Ausladung wurden die Deportierten zu einem nahe gelegenen Sammelplatz getrieben, wo ihnen Geld-und Wertsachen abgenommen wurden. Hier wurden von Angehörigen der Dienststelle des KdS auch jene wenigen Personen - beim ersten Transport rund 80, später pro Transport zwischen 20 und 50 -ausgewählt, die in das Zwangsarbeitslager Maly Trostinec eingewiesen werden sollten. Alle anderen wurden auf Lastkraftwagen nach Blagowschtschina zu den bereits vorbereiteten Gruben gefahren...


Die Deportierten der ersten Transporte wurden an den Gruben durch Genickschuss getötet, etwa ab Anfang Juni 1942 wurden auch „Gaswagen“ eingesetzt.

Die zur Zwangsarbeit ausgewählten Häftlinge wurden zum Aufbau des Lagers und in der Landwirtschaft eingesetzt, mussten aber auch das Gepäck der ermordeten Juden und Jüdinnen sortieren und wurden zur Reinigung der Gaswagen abkommandiert. Drakonische Strafen, Misshandlungen und Morde bestimmten den Lageralltag...


Um die Spuren der Verbrechen zu verwischen, wurden vom Oktober bis Dezember 1943 unter Aufsicht des Sonderkommandos 1005-Mitte die Massengräber in Blagowschtschina geöffnet und die Leichen verbrannt. Die weißrussischen Häftlinge, die diese Arbeiten ausführen mussten, wurden Mitte Dezember 1943 getötet. Auch weil es immer wieder zu Angriffen durch Partisanen kam, wurden die Exekutionen 1944 in unmittelbarer Nähe von Maly Trostinec - im Wald von Schasch-kowa - durchgeführt.

Die letzten Tötungsaktionen in Maly Trostinec fanden vom 28. bis 30. Juni 1944 statt.

__Was bleibt__

Für nahezu alle der nach Maly Trostinec verschleppten österreichischen Juden und Jüdinnen gilt, dass die Einträge in den Deportationslisten die letzten verbliebenen Spuren sind, beim überwiegenden Teil auch die einzigen. Scans dieser Transportlisten aus Wien sind in die DÖW-Daten-bank (DB) Shoah-Opfer integriert.

Ein weiterer geschlossener Aktenbestand stammt aus der Magistratsabteilung 52 und dokumentiert die Kündigungsaktion der nationalsozialistischen Wiener Stadtverwaltung gegen jüdische Mieterinnen von Gemeindebauten (Sommer 1938), von der auch mehrere später nach Maly
Trostinec deportierte Familien betroffen waren. Herbert Exenberger, Johann Koß und Brigitte Ungar-Klein haben diese Unterlagen in den 1990er-Jahren für ihre Publikation Kündigungsgrund Nichtarier Die Vertreibung jüdischer Mieter aus den Wiener Gemeindebauten in den Jahren 1938-1939 (Wien 1996) aufgearbeitet. Scans der Dokumente sind für Besucherinnen im Intranet des DÖW abrufbar (DB Gemeindebauten), einige Fallbeispiele sind in der Web-Auswahl enthalten. Einen (bruchstückhaften) Einblick in den Alltag vor der Deportation nach Maly Trostinec, in Hoffnungen und Ängste, (vergebliche) Ausreisebemühungen, finanzielle Schwierigkeiten u. Ä. lassen einige private Briefe zu, die im DÖW aufliegen.

Ebenfalls im DÖW archiviert sind Dokumente wie Anzeigen, Gerichtsurteile oder Bilder aus der Erkennungsdienstlichen Kartei der Gestapo Wien, die spätere Opfer der Deportationen nach Maly Trostinec betreffen. Sie zeugen von Fluchtversuchen, vom Abtauchen in den Untergrund, vom Aufbegehren gegen die Sonderbestimmungen für Juden und Jüdinnen ebenso wie von der Verfolgung wegen „Rundfunkverbrechen44, Vergehen nach dem „Heimtückegesetz44 und anderen „Delikten.\\ \\
  
__Quelle:__ Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Folge 231, Juni 2017 (Auszug) 

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